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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Ohr? Fritz sah es offensichtlich nicht. Vorsichtshalber nahm Jella das Gewehr zur Hand. Sie war nicht sehr geübt im Umgang mit der Waffe. Am liebsten hätte sie Fritz zugerufen, er solle sich vorsehen und endlich zu ihr zurückkehren,
doch der arbeitete in aller Ruhe weiter. Erst als der Bulle seinen Kopf hochhob, erkannte Fritz den Ernst der Lage. Eilig packte er seine Sachen in seine Tasche und rannte auf direktem Weg auf den Hügel zu. Der Elefant wirkte immer noch benommen. Er hob seinen Kopf und versuchte aufzustehen. Zweimal misslang ihm das, bevor er endlich auf die Beine kam. Er schien nicht recht zu wissen, was mit ihm geschehen war, doch dann entdeckte er Fritz. Sofort begann der brünstige Bulle in ihm einen neuen Konkurrenten zu wittern. Mit einem lauten Trompetenruf und aufgestellten Ohren trabte er auf ihn zu. Jella blieb der Atem stehen. Der Elefant war viel schneller als Fritz, und der befand sich im Moment außerhalb einer sicheren Deckung. Nur noch wenige Schritte, dann würde das riesige Tier ihn erreicht haben. Sie musste seine Aufmerksamkeit von Fritz ablenken. Jella hantierte an dem Gewehr herum – mit dem Entsichern hatte sie keine Routine. Fieberhaft löste sie den Mechanismus, bevor sie endlich schoss. Der Elefant blieb wie angewurzelt stehen. Seine Ohren schlugen noch ein-, zweimal aufgeregt um seinen Kopf, dann wandte er sich um und trabte in die andere Richtung davon. Jella atmete tief auf. Das war gerade noch einmal gut gegangen.
     
    Auf der Heimfahrt nach Owitambe sahen sie am Horizont dichte Rauchschwaden.
    »Das sieht wie ein Buschbrand aus«, meinte Jella. »Es ist schon ziemlich trocken für diese Jahreszeit.«
    »Das glaube ich nicht«, zweifelte Fritz. »Der Rauch kommt direkt aus der Richtung, in der auch Hakoma liegt.«
    »Du meinst, die Farm könnte brennen?«, meinte Jella erschrocken. Fritz zuckte grimmig mit den Schultern.
    »Und wenn schon. Aber irgendwie gefällt mir die Sache nicht. Ich werde Samuel bitten, nach Hakoma zu reiten, um zu fragen, ob sie dort Hilfe brauchen.«

    »Du glaubst doch selbst nicht, dass Nachtmahr jemals unsere Hilfe annehmen würde!« Jella verzog angewidert das Gesicht. »Diese Hyäne wird höchstwahrscheinlich uns die Schuld an seinem Unglück geben.«
    Fritz befürchtete das auch. Allerdings würde selbst Nachtmahr wissen, dass in schwierigen Situationen die Loyalität über allen Streitigkeiten stand.
    »Wir leben hier in der Wildnis und müssen einander beistehen«, gab er deshalb zu bedenken. »Wenn Nachtmahr Hilfe braucht, wird er sich schon überwinden und sie von uns annehmen.«
     
    Eine halbe Stunde später rollte ihre Kutsche in Owitambe ein. Zu ihrem Erstaunen erwartete sie dort ein kleiner Menschenauflauf. Ein gutes Dutzend Hereromänner aus Nancys Dorf hatten sich vor dem Farmhaus versammelt und warteten. Die Stimmung war aufgeheizt. Die meisten Männer waren bewaffnet, einige von ihnen warfen ihnen unverhohlen grimmige Blicke zu. Fritz ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er brachte die Kutsche vor den Männern zum Stehen, sprang vom Kutschbock und half Jella beim Aussteigen. Erst dann ging er auf den Anführer der Herero zu, um ihn zu begrüßen. Es brodelte überall im Land. Rund um den Waterberg waren schon etliche Farmen überfallen worden. Es hatte viele Tote gegeben. Doch auf Owitambe war bisher alles friedlich geblieben. Fritz hoffte, dass sich die hier ansässigen Herero nicht den allgemeinen Tumulten anschließen würden.
    »Was ist los?«, fragte er Mateus Waravi, den Häuptling des nächstgelegenen Dorfes, nach der üblichen Begrüßung. Er kannte den Mann als freundlichen, besonnenen Mann. Doch heute begegnete der ihm feindselig.
    »Wir holen Nancy ab«, beschied er Fritz mit finsterer Miene. »Sie geht mit uns!« Mateus war Nancys Schwager und sorgte für
ihre fünf Kinder. Fritz wusste, dass Nancy sich nach dem Tod ihres Mannes geweigert hatte, der Sitte entsprechend Mateus zu heiraten. Stattdessen hatte sie ihn dazu überredet, für ihre Kinder zu sorgen, im Gegenzug dafür erhielt er ihren Lohn. Da Johannes recht großzügig war, war das für Mateus ein lukratives Geschäft.
    »Ist eines von Nancys Kindern krank?«, fragte er. Im gleichen Augenblick wurde ihm der Unsinn seiner Frage klar. Mateus wäre dann wohl kaum mit solch einem Aufgebot an bewaffneten Männern erschienen.
    »Es ist Krieg«, knurrte Mateus einsilbig. »Wir sammeln unsere Leute und gehen weg von hier.« Ganz wohl schien ihm dabei nicht zu

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