Sehnsucht unter suedlicher Sonne
gepolsterte Chaiselongue mit vielen Kissen, die zum Ausruhen einlud. „So eine schöne Bleibe würde jedem gefallen.“
Über dem Bett hing ein großes Ölbild mit blauen Lotusblüten auf tiefgrünem Wasser. Die Farbe wiederholte sich in den schlanken Iris, die in einer antiken japanischen Bronzevase auf dem Schreibtisch standen.
„Ich weiß jetzt, wer hier die Blumenkünstlerin ist“, sagte Genevieve zu Nori. „Sie müssen mir unbedingt Stunden geben. Das Arrangement in der Halle ist perfekt, und diese Irisblüten beleben das ganze Zimmer.“
„Meine Mutter hat sich viel mit Ikebana beschäftigt“, erwiderte Nori mit Tränen in den dunklen Augen. „Ich muss selbst noch einiges lernen. Iris und Lotus spielen in der Kunst des Blumensteckens eine wichtige Rolle. Im Wassergarten hinter dem Haus gedeihen sie prächtig, und alle unsere Lagunen sind voll davon. Das Klima bekommt ihnen.“
„In der griechischen Mythologie thront die Göttin Iris auf einem Regenbogen. Sie sind wirklich eine Künstlerin, Nori.“
Die Wirtschafterin lächelte. „Früher war dies das blaue Zimmer“, erzählte sie in wehmütigem Ton. „Es hatte eine echte Chinoiserietapete, aber Mr Bretton wollte alles ändern. Es sollte neu und modern werden, und ich muss zugeben, dass die mattgrüne Farbe besser zu Ihnen passt.“
Genevieve trat neben das Bett und ließ eine Hand über die glänzende Seidendecke gleiten. Bei den Gardinen und dem Bezug der Chaiselongue hatte man den gleichen Stoff verwandt.
„Ich möchte nicht neugierig erscheinen, Nori, aber wie kommen Sie als Japanerin in diese abgelegene Wüstengegend?“
„Meine Mutter starb, als ich noch studierte.“ Nori faltete bescheiden die Hände. „Danach war ich sehr einsam und traurig. Mein Vater, ein bedeutender Geschäftsmann, hatte wenig Zeit für mich. Er kümmerte sich mehr um meinen Bruder Katsumi, der inzwischen sein Nachfolger geworden ist. Ich wurde zu Verwandten geschickt … erst nach New York und dann nach Sydney. Das war als eine Art Therapie gedacht. In Sydney gefiel es mir besser. Ich nahm mein Studium wieder auf, einsam und unglücklich wie zuvor. Es gelang erst Steven mit seinem bezaubernden Lächeln, mich aus meiner Depression herauszuholen. Natürlich war mein Vater gegen eine Heirat, aber unser Entschluss stand vom ersten Augenblick an fest. Steven war mein Held, mein Ritter in goldener Rüstung. Es war, als würde ich von einer mächtigen Woge davongetragen. Hier bekleidet er einen wichtigen Posten. Mr Bretton hält viel von ihm, und ich versuche, mich genauso nützlich zu machen. Ich habe mich hier draußen wunderbar eingelebt.“
Noris ungewöhnlicher Lebensweg faszinierte Genevieve. „Wie lange sind Sie schon hier?“, fragte sie.
„Zwölf Jahre“, antwortete die ältere Frau. Sie schien sich selbst darüber zu wundern. „Man brauchte hier einen Aufseher, und Steven schlug alle Mitbewerber aus dem Feld. Diese Ranch gehört zu den größten und wichtigsten im Outback. Nachdem sich Mr und Mrs Trevelyan getrennt hatten, kündigte die damalige Wirtschafterin, und die ersten beiden Nachfolgerinnen fanden bei Miss Hester keine Gnade. Schließlich schlug Steven mich vor. Es macht mir Freude, den Haushalt zu führen, und ich bin eine gute Köchin. Seit Mr Bretton der Boss auf der Ranch ist, habe ich völlig freie Hand.“
Nori wandte sich zur Tür. „Ich werde Ihnen einen Imbiss bringen lassen“, sagte sie. „Jetzt müssen Sie sich erst mal ausruhen. Worauf haben Sie Appetit?“
„Kaffee und ein Sandwich genügen völlig“, erklärte Genevieve. „Vielen Dank, Nori.“
„Keine Ursache.“ Die Wirtschafterin verbeugte sich leicht. „Kommen Sie herunter, wann immer Sie möchten, dann zeige ich Ihnen das Haus. Die Schlafzimmer befinden sich alle im ersten Stock. Miss Hesters Räume liegen am äußersten Ende dieses Flügels. Mr Bretton bewohnt den anderen. Steven und ich bewohnen einen hübschen Bungalow im Garten.“
Sie verbeugte sich noch einmal und ging lächelnd hinaus.
4. KAPITEL
Als Genevieve zu Miss Hester befohlen wurde, machte sie sich umgehend fertig. Sie hatte den größten Teil des Nachmittags mit der Besichtigung des Hauses verbracht und verstand jetzt, warum Nori sich hier so wohlfühlte. Sie war eine sympathische Führerin gewesen, und Genevieve befürchtete, dass ihr bei ihrer neuen Arbeitgeberin – zumindest in menschlicher Hinsicht – eine Enttäuschung bevorstand.
Sie klopfte an die schwere Holztür und war
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