Sehnsucht unter suedlicher Sonne
besorgt um sie.
„Sie müssen sich nicht halb umbringen, Gena“, sagte sie kopfschüttelnd. „Gestern Vormittag und heute wieder den ganzen Tag …“
„Es macht mir so viel Spaß, dass ich es gar nicht als Arbeit empfinde, Nori“, erwiderte Genevieve. „Aber kein Wort davon zu Miss Trevelyan!“
Nori lachte herzlich. „Ich wüsste nicht, wann ich ihr jemals etwas verraten hätte.“
„Das nehme ich Ihnen sofort ab, und machen Sie sich meinetwegen bitte keine Sorgen. Ich blühe auf. Schließlich bin ich Schriftstellerin.“ Das hättest du nicht sagen dürfen! „Die Familiengeschichte fasziniert mich und ist umfangreich genug, um darüber ein gutes Buch zu schreiben. Wie kommen Sie mit Derryl und seinen Freunden zurecht?“
Nori zögerte mit der Antwort. „Sie machen mir eigentlich keinen Ärger“, antwortete sie dann. „Es genügt ihnen, sich am Swimmingpool zu amüsieren. Sie könnten etwas weniger trinken, aber darauf habe ich keinen Einfluss.“
„Reiten steht also nicht auf dem Programm?“
Genevieve hatte sich vorgenommen, am Nachmittag mit der sanften Stute Akela einen Ausflug zu machen – natürlich mit Helm! Die Anordnungen des Bosses mussten befolgt werden. Akela war zwar ein etwas nervöses Pferd, hatte jedoch eine leichte Gangart. Natürlich hätte Genevieve am liebsten Brettons weißen Hengst Moonlight genommen, der aber nur einem Herrn gehorchte.
„Derryls derzeitige Freundin fühlt sich in der Nähe der Tiere nicht wohl“, erklärte Nori. „Ich habe sie sagen hören, sie seien gefährlich.“
„Das können sie auch sein“, gab Genevieve fairerweise zu. „Es kommt darauf an, dass Ross und Reiter einander respektieren.“
„Ich bin auf jeden Fall froh, wenn Mr Bretton zurückkommt“, gestand Nori im Gehen.
„Ich auch!“
Nori zog überrascht die Brauen hoch. „Inwiefern?“
„Ach, nur so.“
Nori verschwand leise lächelnd, und Genevieve hätte sich für ihre Äußerung ohrfeigen können. Sie vertraute der Wirtschafterin und fühlte sich wohl in ihrer Gegenwart, aber solche Versprecher hatte sie sich unbedingt zu verkneifen.
Zumal sie ihn förmlich herbeisehnte. Hatte sie sich etwa in ihn verliebt? Sie war vor Mark schon anderen attraktiven Männern begegnet, aber keiner hatte einen nachhaltigen Eindruck auf sie gemacht. An die Liebe auf den ersten Blick glaubte sie ohnehin nicht.
Bisher zumindest nicht.
Jetzt schwankte sie zwischen Hochstimmung und tiefer Sorge. Sie musste dieser mächtigen Anziehung unbedingt widerstehen, auch wenn sie schwach zu werden drohte. Sie meinte Bretton vor sich zu sehen, wenn sie die Augen schloss, und seinen besitzergreifenden, leidenschaftlichen Kuss, seinen festen Griff, mit dem er sie hielt, zu spüren und seinen frischen Duft wahrzunehmen. Sie träumte sogar von ihm, wachte oft erschrocken in der Dunkelheit auf und wunderte sich über ihre Unruhe. Das alles passte nicht zu ihr.
Derryl und seinen Freunden ging sie weiter planmäßig aus dem Weg. Das war nicht schwer, denn keiner von ihnen kümmerte sich um sie . Für Derryl zählte sie zum Hauspersonal und damit auch für seine Freunde. Die Botschaft war deutlich genug.
Am späten Nachmittag machte sie endlich mit der Arbeit Schluss. Sie war wieder ein Stück vorangekommen und stand mit gutem Gewissen auf. Einige Minuten lang machte sie Lockerungsübungen, um keinen Krampf zu bekommen. Jetzt auszureiten war ein verlockender Gedanke. Dabei konnte sie sich wirklich entspannen.
Sie hatte sich noch immer nicht ganz an die großen Entfernungen und die grenzenlose Freiheit gewöhnt, auch nicht an die würzige frische Luft und das unglaubliche Licht. Sie hätte gern mehr von der ungewöhnlichen Landschaft kennengelernt. Wie erklärten sich zum Beispiel die pulsierenden Lichtflecken zwischen den Bäumen? Besonders reizten sie die Billabongs, die sich wie kleine Seen aneinanderreihten und so hell schimmerten. Nori hatte ihr erklärt, dass die weißen Wasserlilien, mit denen sie vielfach bedeckt waren, diesen Effekt verursachten.
Ein tiefer Frieden lag über dem weiten, uralten Land und ein spürbarer, fast mystischer Zauber. Die Aborigines wohnten hier seit über vierzigtausend Jahren. Wen konnte es da wundern, dass sie so fest mit dem Kontinent verbunden waren? Genevieve hoffte auch, die Felszeichnungen in den Bergen zu sehen, aber das konnte nur mit Brettons Einwilligung geschehen. Nicht auszudenken, wenn sie eins seiner Verbote missachtete!
„Was tun Sie da?“, fragte
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