Sehnsucht unter suedlicher Sonne
ihr unmöglich, die Augen zu schließen. Sie hatte Schläfen und Nacken sogar mit Lavendelöl, dessen Duft sie liebte, eingerieben. Diesmal blieb das bewährte Mittel aber wirkungslos.
Genevieve wusste nicht mehr, was sie glauben sollte. Gänzlich unerwartet sympathisierte sie plötzlich mit Hester und wünschte aufrichtig, dass sie nichts mit Catherines Unfall zu tun hatte. Genevieve war fest davon überzeugt, dass Hester ihr etwas mitteilen wollte. Und nicht nur sie. Auch Catherines Schatten schien sie zu umschweben. Bloß – wie sollte sie sich mit ihm verständigen? Sie musste warten, bis er von sich aus deutlicher wurde.
Mit einem Mal war sie es leid, über das alles nachzudenken. Sie musste den Teufelskreis durchbrechen, sonst würde sie morgen ein Wrack sein. Genevieve nahm gewöhnlich keine Schmerztabletten, um leichter einzuschlafen, aber heute waren sie ihre letzte Rettung.
Die Nachttischuhr zeigte bereits nach halb eins. Genevieve wusste inzwischen, dass der Erste-Hilfe-Raum neben der Küche mit allem ausgestattet war, was man auf einer Ranch brauchte.
Sie schlüpfte aus dem Bett, tastete nach ihrem Negligé aus aprikosenfarbener Seide und zog es an. Sie hatte eine Schwäche für schöne Wäsche, die zart glänzte und sich so angenehm auf der Haut anfühlte. Das Set aus Negligé und Nachthemd war teuer gewesen und passte nicht zu ihrer Rolle, aber niemand würde sie darin sehen, denn Derryls Freunde hatten Djangala wieder verlassen, und er selbst schlief bestimmt schon, nachdem er bis in die Puppen gefeiert hatte. Bretton wurde erst morgen früh zurückerwartet.
Im langen Korridor und auf der Treppe brannten mehrere Lampen. Das überraschte sie nicht besonders. Das Haus war einfach zu weitläufig, um es nachts unbeleuchtet zu lassen. Wenn jemand nach unten wollte, hätte er sich ohne Licht kaum zurechtgefunden.
Sie hatte sich vorgenommen, sich zwei Tabletten zu holen und dann wieder nach oben zu gehen. Zwei würden hoffentlich helfen. Sie hatte sich auf Djangala noch nicht richtig eingelebt, obwohl das alte Herrenhaus ihre Vorstellungskraft lebhaft beflügelte. Es war nach wie vor eine fremde Welt für sie, die sie faszinierte und ihr gleichzeitig Angst machte.
7. KAPITEL
Bretton saß im Arbeitszimmer seines Vaters. Er war müde, suchte aber immer noch nach einem Dokument, das er dringend überprüfen musste. Es ging dabei um Landforderungen der Aborigines.
Er war kurz vor Mitternacht mit seiner King Air gelandet. Seine Mission war zufriedenstellend verlaufen, und er musste morgen früh aufstehen, weil die Road Trains kamen, um mehrere Hundert Rinder auf den Markt zu bringen.
Bretton rauchte nicht. Er hatte es nie versucht, denn er gehörte einer Generation an, die begriffen hatte, wie schädlich das Ganze war. Einen Drink verschmähte er dagegen jetzt nicht. Er griff nach dem halb vollen Whiskyglas und leerte es mit einem Zug.
Als er das Glas wieder hinstellte, bemerkte er eine schattenhafte Gestalt, die an seiner offenen Tür vorbeihuschte. Es hätte Einbildung sein können, so müde, wie er war, aber er traute sich doch noch zu, eine schöne Frau von einem Trugbild zu unterscheiden.
Wenn ihn nicht alles täuschte, handelte es sich um Miss Genevieve Grenville – seine geheimnisvolle, verführerische Nixe. Warum kam sie um diese Zeit herunter? Spionierte sie im Schutz der Dunkelheit? Er hätte sie aufhalten können, aber er wollte unbedingt herausfinden, was sie vorhatte.
Er stand von seinem Schreibtisch auf und ging leise zur Tür. Kein Panther hätte sich lautloser bewegen können. Ein plötzlicher Adrenalinstoß hatte ihm alle Müdigkeit genommen. Endlich war er Miss Grenville, die sich so unschuldig gab, auf der Spur.
Er trat so leise auf, dass er befürchtete, sie zu erschrecken, aber das war leider nicht zu vermeiden. Schließlich war dies sein Haus. Warum schlich sie nach Mitternacht hier herum?
„Genevieve?“, fragte er leise.
Der Klang seiner Stimme genügte, um Genevieve in Panik zu versetzen. Sie fuhr herum und sah ihn mit weit geöffneten Augen an.
„Du liebe Güte“, platzte sie heraus und presste sich eine Hand aufs Herz, „hast du mich erschreckt.“
„Das war eine schlechte Begrüßung … ich weiß.“ Bretton musterte sie von oben bis unten. Auf ihrem roten Haar und den festen Brüsten, deren dunkle Knospen sich unter dem dünnen Seidenstoff deutlich abhoben, ließ er den Blick besonders lange verweilen.
„Wir haben dich nicht vor morgen früh
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