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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang R. Hantel-Quitmann
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Erfüllung geht, sind wir für den Moment die glücklichsten Menschen, müssen jedoch zugleich Abschied nehmen von diesem einmaligen Gefühl und den sie begleitenden, traumhaften Phantasien. Denn die Sehnsucht stirbt, sobald sie sich erfüllt!
    Die Erfüllung der Sehnsüchte kann eine zwiespältige Angelegenheit sein: Dann haben die Menschen erreicht, was sie immerwollten, aber an die Stelle der allumfassenden Wünsche und Möglichkeiten ist eine neue Realität getreten, die selten all das umfasst, was sie sich in ihrer Sehnsucht erhofften. Realität bedeutet im Vergleich zur Sehnsucht meist einen schmerzhaften Verzicht. Daher trauern viele Menschen den Zeiten nach, in denen sie noch sehnsüchtig sein konnten und entwickeln eine wahre Sehnsucht nach der Sehnsucht. Wir wissen allerdings aus Erfahrung, dass aus der neuen Realität auch wieder neue Sehnsüchte entstehen, bis das Leben ein Ende hat und wir von der letzten Sehnsucht träumen, dass es nach dem Tod irgendwie doch weitergehen möge. Erst wenn die Menschen eines Tages keine Sehnsüchte mehr haben sollten, würde es kulturell wirklich bedenklich werden, denn dann hätten wir uns von einem wesentlichen Teil unserer Menschlichkeit verabschiedet: von der Fähigkeit zu träumen. Denn Träume erlauben uns, sowohl die schwierigen Zeiten des Lebens zu ertragen als auch das Leben auf kreative Weise zu gestalten. Der Weg zum Verständnis der Sehnsüchte führt über die Träume, denn Sehnsüchte sind ganz besondere Lebensträume.
    Wir alle träumen
    Unsere Seele schläft nie! Das Gleiche gilt für unser Gehirn, das ebenfalls immer aktiv ist, im Schlaf nur anders als im Wachzustand. Die nächtlichen Aktivitäten unseres Hirns und unserer Seele produzieren permanent Träume, die sich aus unserem inneren Erleben ergeben, denn der Körper ruht und die sinnlichen Reize von außen sind weitgehend reduziert. Die Unterschiede zwischen Wachzustand und Schlaf sind aber weitaus geringer und die Gemeinsamkeiten größer, als man bislang annahm. Wir träumen nicht nur nachts, sondern auch tagsüber! Dann ist manchmal der Blick etwas nach innen gekehrt, man wirkt irgendwie abwesend oder gar unkonzentriert und ist mehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt als mit dem äußeren Geschehen. Solche Tagträume sind wichtig und wir sollten sie uns selbst, erst recht unseren Kindern häufiger gestatten, weil sie der Seele eine Auszeit gönnen. In den Träumen der Nacht und des Tages scheinen wir unser Leben seelisch zu verarbeiten, uns innerlich neu zu sammeln, aber auch an Lösungen für unsere Lebensprobleme zu arbeiten. Dies alles geschieht nicht bewusst.
    Heute geht man davon aus, dass alle Menschen während des gesamten Schlafes träumen und nicht nur in bestimmten Phasen. Selbst Immanuel Kant, der von sich selbst behauptete, niemals geträumt zu haben, wahrscheinlich aus tiefer Angst vor jeglicher Irrationalität, wird Träume gehabt haben. Allerdings erinnern wir die meisten Träume nicht, denn unsere Erinnerung und unser Gedächtnis sind abhängig von unseren Emotionen. So zeigt sich in empirischen Untersuchungen, dass emotional bedeutsame Ereignisse am Tage häufiger in Träumen auftauchen als emotional weniger bedeutende. Allerdings ist dies individuell sehr verschieden: Was für den einen besonders wichtig und bedeutsam ist, erscheint dem anderen eher belanglos.
    Im Traum-Schlaf-Labor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim hat man beispielsweise die Geschlechtsunterschiede beim Träumen empirisch erforscht. 103 Männer träumen demnach mehr von Aggressionen, Waffen und Sexualität als Frauen, aber sie denken auch tagsüber mehr an diese Themen. Das Gleiche gilt für die Frauen: Sie träumen nachts ebenso wie tagsüber mehr von Haushaltsartikeln, Kleidung und von zwischenmenschlichen Konflikten als Männer. Traumforscher nennen dies die Kontinuitätshypothese, nach der wir nachts von dem träumen, was uns auch tagsüber am meisten beschäftigt. Sobald der tägliche Stress nachlässt, wie beispielsweise im Urlaub, und wir daher nicht gleich schon beim Aufwachen mit den Gedanken an den kommenden Tag beschäftigt sind, können wir auch unsere Träume besser erinnern. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich in einer psychotherapeutischen Behandlung befinden; sie sind mehr auf ihr inneres Erleben

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