Sehnsüchtig (German Edition)
ganz Neues, dass ein Mann nicht macht, was Mascha Sommer von ihm will. Alys verkneift sich ein Grinsen. Applaudiert Frederic in Gedanken. Du machst das super. Sie wird Mascha nie von der E-Mail erzählen, die sie ihm am Neujahrsmorgen geschrieben hat:
Hey Frederic!
Ich hoffe, du hast dich von gestern abend erholt? Es tut mir Leid, was passiert ist. Sorry, wenn ich mich in etwas einmische, das mich eigentlich nichts angeht. Aber ich glaube doch, dass ich Mascha so gut kenne wie niemand anderen. Sie hasst es, wenn etwas nicht nach ihrem Kopf geht. Wenn man nicht macht, was sie erwartet. Wenn sie nicht die Spur vorgeben kann. Darum – falls du immer noch findest, dass sie das ist, was du willst – dann wäre es vielleicht gut, wenn du dich rar machst. Es klingt nach einer abgelutschten Weisheit – aber leider ist etwas dran. Sie wird es nicht verstehen, wenn du plötzlich keine Zeit mehr für sie hast. Wenn du sie nicht immer gleich zurückrufst. Lass sie auf dich zukommen. Lass sie etwas warten. Mascha ist ungeduldig. Sie hasst es zu warten. Es könnte sie aber auch anspornen. Man will doch immer das, was man nicht haben kann. Alles Liebe. Alys.
Er hatte am nächsten Tag zurückgeschrieben und sich bedankt. Und offensichtlich hat er sich ihren Rat zu Herzen genommen. „Na ja, sein Pech. Soll er sich halt melden. Ich kann meine Zeit auch mit anderen Leuten verbringen“, sagt Mascha und lässt es leichthin klingen. Aber Alys kennt sie gut genug. Sie verkneift sich noch ein Lächeln. Es ärgert Mascha. Sie kann in ihrem Gesicht lesen wie in einem offenen Buch. Gut. Soll es dich ärgern. Vielleicht bringt es Frederic seinem Ziel ja ein bisschen näher. Ich wünsche ihm auf jeden Fall viel Glück.
„Hast du eigentlich noch was von Noah Hirsbrunner gehört?“, will Alys wissen.
Mascha schüttelt den Kopf. Es scheint ihr egal zu sein. Die Nacht mit ihm sei nicht besonders gewesen, hatte sie Alys ein paar Tage nach dem Shooting erzählt. Er sei zwar eine Augenweide, Waschbrettbauch und alles, aber nicht besonders fantasievoll. Und ein bisschen egozentrisch . Das hätte ich dir schon vorher sagen können, denkt sich Alys. Noah Hirsbrunner scheint nun mal ichbezogen zu sein. Und er muss sich auch nicht anstrengen, Frauen zu bekommen, weil er gut aussieht und seine eigene Rockband hat. Warum sollte er sich also besonders Mühe geben, auf eine Frau einzugehen und sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern? Auch in der Horizontalen?
„Der Kerl hat ein Ego, das viel zu gross ist für diese Stadt“, hatte Eliot neulich gesagt, als sie zufällig auf Noah Hirsbrunner getroffen waren. Dann hatte er etwas geknurrt, was sich ziemlich unflätig anhörte. Alys musste grinsen.
„Wie geht’s eigentlich Eliot?“, will Mascha wissen und winkt der Bedienung, um sich einen weiteren Espresso zu bestellen. Es stehen schon zwei leere Tassen vor ihr. Obwohl, eigentlich sind sie zu klein, um diese Bezeichnung wirklich zu verdienen. Alys’ Gesicht verschliesst sich. Und sie sieht, dass Mascha es sehen kann. Die dunkel geschminkten Augen sehen plötzlich besorgt aus. Sie streckt eine Hand aus, nach teurer Handcreme duftend, die Nägel blassrosa lackiert, legt sie auf Alys’ Unterarm. „Erzähl ...“
Alys greift nach ihrem Café Latte und nimmt einen Schluck. „Eliot ist seltsam“, sagt sie dann. Es ist vielleicht nicht das richtige Wort . „Seltsam?“, wiederholt Mascha.
Alys sucht nach Worten. Beginnt zu erzählen. Dass sie Eliot zwei-, dreimal pro Woche sieht. Meistens will er sehen, wie weit sie mit der Arbeit ist. Dann studiert er die Illustrationen des Booklets. Er findet jedesmal etwas, dass er anders haben will. Ein Perfektionist eben . Oder ein Kontrollfreak, was er auch offen zugibt. Manchmal hat sie das Gefühl, dass er einfach vorbeikommt, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Oder um vor etwas zu fliehen. Nur, wovor, getraut sie sich nicht zu fragen. Er sitzt dann jeweils auf ihrem Sofa, nippt an einem Kaffee und sie reden einfach. Über das Wetter. Oder darüber, was in der Zeitung steht. Manchmal reden sie über das Album und die anstehende Tour. Aber das Thema scheint ihn zu stressen, also lässt sie es meistens bleiben. Manchmal schweigen sie nur. Dann betrachtet sie ihn. Jedesmal ein bisschen besorgter. Oft scheint er ihr abwesend. Dann starrt er ins Leere. Manchmal ist er rastlos. Dann tigert er durch ihr Wohnzimmer, zieht Kreise ums Sofa und den Beistelltisch. Manchmal verbringen sie die Sitzung auf ihrem
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