Sehnsüchtig (German Edition)
jemanden auf der Titelseite?“ Er fühlt sich jeden Respekt für das Magazin verlieren, das er als Musikliebhaber bisher gerne gelesen hatte.
„Sie wurden doch jetzt mit diesem Mädchenkramheftchen zusammengelegt, dem ‚Bella’ oder wie es heisst ...“
„Belle“, korrigiert Janosch. Stimmt . Er hat davon gelesen. „Anyway, du sollst nicht die Story über Carrie Underwood lesen sondern die über Eliot Wagner.“ Da ist es wieder, das süffisante Grinsen.
Eliot Wagner? Janosch greift mit einer raschen Bewegung nach dem Heft. „Rockstar wider Willen“, heisst die Überschrift des Artikels. Dann fällt sein Blick auf das seitenfüllende Foto unter dem Titel. Da ist Wagner, sein übliches Rock’n’Roll-Selbst mit dunkler Haartolle, er lächelt selbstbewusst in die Linse. Arrogant. Eine Frau schmiegt sich an ihn, birgt ihr Gesicht an seinem Hals, scheint seinen Geruch einzuatmen, hat die Augen geschlossen. Ganz versunken. Oder geniesserisch. Wagners Hand liegt auf ihrem nackten Rücken, ihr rotes Kleid lässt ihren ganzen Rücken sehen, mit einem Leberfleck auf der rechten Seite, der Janosch wahnsinnig vertraut vorkommt. Und dann das Tattoo, die Elfe ... Auch die Form der Lippen erkennt er sofort, der rot geschminkte Mund steht ein wenig offen. Das ist Alys. Langsam lässt er das Heft sinken.
Olis Grinsen ist, wenn überhaupt möglich, noch breiter geworden. „Das ist doch dein ehemaliges Betthäschen ...“
„Sie heisst Alys“, korrigiert ihn Janosch und blättert hastig weiter. Es sind jede Menge Fotos, eine ganze Modestrecke. Immer wieder Wagner und Alys, eng aneinandergeschmiegt, in allen möglichen Posen. Sie sieht atemberaubend aus. Nur Wagners Lächeln kann er nicht ertragen, schau sie an, sie gehört mir, scheint es zu sagen. Dann kommt er zum letzten Foto und hebt die Augenbraue. Oliver gluckst. Sie trägt ein Abendkleid und Wagner hält ihren nackten Oberschenkel in seiner Hand, ihr Bein um seine Taille gewickelt, sie rückwärts und er über sie gebeugt. Wie zwei erstarrte Tangotänzer. Und Wagner küsst Alys. Janosch kneift die Augen zusammen. Er küsst sie fast, korrigiert er sich. Es fehlen nur ein paar Millimeter.
„Ganz schön heiss, dein Ex-Liebchen ...“, sagt Oliver.
„Nenn sie nicht so ...“, sagt Janosch abwesend. Er überfliegt den Artikel. Dunkles Lachen, sexy, knackiger Hintern, blabla ... sogar die Journalistin steht auf Wagner. Schon mal was von journalistischer Distanz gehört?
„Nun ja, sie hat sich auf jeden Fall ganz schön hochgeschlafen“, sagt Oli jetzt. „Vom einfachen Webdesigner zum Rockmusiker und Shootingstar des Jahres.“ Janoschs Kopf ruckt nach oben. „Alys arbeitet für Wagner. Sie macht ein CD-Booklet für ihn. Lies doch den Artikel richtig.“ Oliver lässt ein kleines, dreckiges Lachen hören. „Sie arbeitet für ihn ... So nennst du das also?“ Janosch legt das Heft zurück auf den Tisch. „Alys ist professionell. Und Wagner ist verlobt, das steht da zumindest.“
„Ach komm schon, Jano! Guck dir die Fotos doch an, und wie sie ihn anschmachtet. Natürlich vögeln sie! Fühl’ dich geehrt. Schliesslich hattest du sie zuerst.“
„Geehrt?“, macht Janosch. Er marschiert zur Kaffeemaschine und stellt eine Tasse unter den Hahn. Er fragt sich, ob Oli recht hat. Ob Alys sich wirklich von Wagner bumsen lässt? Er drückt auf den Knopf. Die Maschine knurrt erbost. Eigentlich passt das nicht zu Alys. Andererseits ... das ist Eliot Wagner. Viele Frauen würden ohne mit der Wimper zu zucken mit ihm ins Bett hüpfen. Der Gedanke, dass Alys das tun könnte, gefällt ihm nicht. Was soll der Scheiss, schimpft er mit sich selbst . Das mit uns ist vorbei. Soll sie doch schlafen mit wem sie will. Er schnappt sich den Kaffee und das Magazin und verschwindet in sein Zimmer. Er schüttelt den Kopf. Alys und Eliot Wagner . Er zögert, dann greift er nach seinem Handy.
*
Ihr Handy knurrt auf dem Tisch vor sich hin. Alys greift danach und runzelt die Stirn. „Wer ist es?“ Mascha beisst herzhaft in ihren Schokoladenmuffin. Das ‚Lila’ ist wieder einmal voll bis auf den letzten Platz, all die Gespräche bringen das Café zum Summen. Kaffeeduft mischt sich mit Parfüm und dem Geruch von feuchten Kleidern. Vor dem Fenster schneit es Wattebäusche. Heute ist der 20. Februar. Das Handy vibriert immer noch. „Es ist Janosch“, sagt Alys langsam. Mascha zieht eine Augenbraue nach oben. Ach was soll’s. Alys drückt auf ‚Annehmen’ obwohl Mascha so
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