Sehnsüchtig (German Edition)
jetzt doch. „Ich möchte ... aber es geht einfach nicht. Er hatte seine Chance, sich professionell zu verhalten. Das heisst, ich kann jetzt einen neuen Keyboarder suchen. Und in einer Woche ist der nächste Auftritt ...“ Er klingt schon wieder abwesend. „Hast du dir schon ein Kleid gekauft?“
„Wofür?“ Diese abrupten Themenwechsel. So war er früher auch nicht. „Für das Konzert im Secret. Die ‚Rock’n’Roll Star’-Party. In einer Woche.“
„Ich kann nicht mitkommen“. Er blickt auf. „Was heisst, du kannst nicht mitkommen?“ Da ist sie wieder, die Ungeduld. „Deine Eltern sind nicht da, sie sind in ihrem Ferienhaus. Das hab ich dir erzählt. Ich hab niemanden, der auf Lilli aufpasst.“
„Dann nehmen wir halt irgendeinen Babysitterdienst – ich will, dass du kommst, das ist wichtig für mich ...“ Es ist wichtig für dich. „Eli, du weisst doch, dass ich diese Anlässe verabscheue, der rote Teppich und all die Seifenopernsternchen. Und ich will Lilli nicht irgendeinem Babysitterdienst geben. Dafür ist sie noch zu klein ...“
Er presst ungeduldig die Lippen aufeinander. „Das ist ein bisschen egoistisch, findest du nicht? Das ist mein grösster Gig bisher.“
Irina steht auf, schiebt den Stuhl zurück. Er schrammt über den Boden. „Egoistisch? Es ist egoistisch, dass ich zuhause bleibe, damit du spielen kannst? Du brauchst mich da nicht. Du hast an solchen Anlässen eh keine Zeit für mich.“
Eliot steht jetzt ebenfalls auf. „Es geht doch ums Prinzip! Ich bin doch auch an deine Partys von irgendwelchen Modefritzen gekommen, an deine Networking-Events, obwohl mich das nicht besonders interessiert hat.“ Eine Weile starren sie sich an. „Ich will, dass du kommst. Dass du mich unterstützt.“ Es klingt ungeduldig. Als wäre es schon entschieden, dass sie dort zu erscheinen hat. Ich will, dass du kommst.
„Schön. Dann will ich, dass du zum Arzt gehst!“
Er sieht jetzt ungläubig aus. „Warum zur Hölle sollte ich zum Arzt gehen?“ Sie verschränkt die Arme vor der Brust. „Weil du nicht mehr du selbst bist.“ Sie macht eine Handbewegung in seine Richtung. „Du bist nicht mehr der Mann von früher. Der Mann von früher hat mich nicht wegen jeder Kleinigkeit angeblafft. Er hat nicht getrunken und ist dann noch Auto gefahren. Er hat nicht gesagt, ‚ich will, ich will, ich will’. Ich hab deine Schlaftabletten gefunden. Ich weiss, dass du ohne kaum mehr schläfst. Ich will, dass du zum Arzt gehst und dich checken lässt ...“
„Es geht mir gut“, gibt er zurück. „Ich bin nur etwas unter Druck. Das renkt sich wieder ein.“
Sie schüttelt heftig den Kopf. „Nein, das tut es nicht. Ich hab genug von den Ausreden, die du mir seit Wochen und Monaten servierst. Geh zum Arzt, Eli. Es ist mir ernst.“
„Und was soll der Arzt bitte finden? Er wird sagen, ‚Sie sind etwas überarbeitet, Herr Wagner. Gehen Sie schlafen’.“
„Ich glaube, du hast ein Burnout“, kommt es über ihre Lippen. Da ist es. Das Wort, das sie in den letzten Tagen immer wieder gegoogelt hatte. Alles hatte sie verschlungen, was sie im Internet hatte finden können. Da ist es, das Wort , schwebt in der Küche, zwischen ihnen. Er blickt sie an, als hätte sie den Verstand verloren. „Ich soll diese Manager-Modekrankheit haben? Das ist lächerlich!“
„Geh zum Arzt, Eli!“
„Und wenn nicht? Es geht mir gut ... Verdammt!“
Sie rinnen jetzt wieder über ihr Gesicht, die Tränen. „Ich will, dass du aufhörst, mich zu belügen. Und dich selbst. Ich will den Mann wiederhaben, den ich liebe ...“
Er sieht aus, als hätte sie ihn ins Gesicht geschlagen. „Was soll das jetzt heissen? Dass du mich nicht mehr liebst oder was?“ Die Worte kommen schnell, sie kommen ungläubig, sie klingen ungeduldig. Wie kannst du daran zweifeln? Wie kannst du es überhaupt wagen, daran zu zweifeln? „Natürlich liebe ich dich! Du machst es mir nur gerade verdammt schwer.“ Irina kann ihn nicht mehr ansehen. Sie dreht sich auf dem Absatz um und flieht ins Badezimmer.
STERNE ZERPLATZEN
„Willst du noch etwas?“
Alys studiert die Getränkekarte. Das ‚Spektakulär’ macht leckere Drinks . Vielleicht sitzt sie deshalb schon viel länger mit Janosch hier als sie eigentlich vorhatte. Seit 20:00 Uhr. Sie blickt auf ihr Handy. Es ist fast 1:00 Uhr morgens. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie ewig nicht mehr weg war am Freitagabend. „Ja, ich nehme noch einen Kir Royal.“ Eine kleine
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