Sehnsüchtig (German Edition)
weiteres Mail in den virtuellen Papierkorb. „Worüber ärgerst du dich?“, kommt Irinas Stimme von der Wohnzimmertür her. Ertappt blickt er auf. „Über nichts, warum meinst du?“
„Du hast diese kleine Falte zwischen den Augen bekommen ...“
„Ach ...“, sagt er. „Wow“, fügt er dann hinzu und setzt sich auf. Ein Lächeln lässt ihr Gesicht strahlen. Sie kommt jetzt ganz in den Raum und dreht sich um die eigene Achse. Der dunkelviolette Stoff flattert, sieht aus wie Seide, und lässt viel von ihren schönen Beinen sehen. „Du sagtest doch, ich soll mir ein Kleid kaufen für die Party am Freitag.“
„Du siehst toll aus“, versichert er ihr und kann kaum die Augen von ihr lassen. Violett passt zu ihrem Haar und ist ausserdem ihre Lieblingsfarbe. Sie sieht ein wenig aus wie eine rotblonde Audrey Hepburn. Wie eine zarte Elfe. Die Elfe betrachtet ihn jetzt liebevoll. Dann taucht ein sehr menschlicher Ausdruck in ihren Augen auf. Sie kommt auf ihn zu, nimmt ihm den Laptop weg und setzt sich auf seinen Schoss.
*
Nachdem ihr keine einzige Träne mehr übrig geblieben war, streicht sich Alys über das Gesicht. „Ich geh mich mal neu schminken, dann können wir gehen.“ Mascha sieht sie verwundert an: „Wir können auch hierbleiben, wenn du willst. Du hast sicher irgendwo Alkohol versteckt.“ Alys schüttelte den Kopf. „Nein, ich will raus hier. Ich komme gleich wieder.“ Mit einiger Verspätung machten sie sich auf den Weg ins „Pfefferland’“, einer unaufgeregten Bar, die sich in der Altstadt in eine Ecke nahe der Kathedrale und dem Ratshaus drängt. Sie frequentieren das ‚Pfefferland’ normalerweise nicht, weil sie etwas jünger sind als das Stammpublikum, aber Alys hatte keine Lust, im „Unter Wasser“ oder im „Spektakulär“ Janosch über den Weg zu laufen, oder sonst jemanden, den sie kennt. Sie kommen am Haus vorbei, in dem sich Eliots Atelier befindet, und sie beide schauen unwillkürlich nach oben. Kein kein. Er wird zuhause sein. Bei Irina. Dort, wo er auch hingehört.
„Und was ist mit Irina?“ Es hat viel Zeit und Drinks gebraucht bis zu dieser Frage. Alys hat diese Frage erwartet und sich vor diesem Moment gefürchtet. Mascha scheint immer noch auf ihre Antwort zu warten. „Irina“ – das schmerzhafte Stichwort. Alys dreht an ihrem Armreif. „Ich weiss nicht, was mit ihr ist. Er weiss es selbst noch nicht genau. Sie wollte in ihren Ferien ja über die Beziehung nachdenken. Sie hat ihm angedroht, ihn zu verlassen, wenn es so weitergeht. Aber ich glaube, sie hat sich anders entschieden. Sie geht übermorgen ins „Secret“ an den Gig.“
„Wow, das wird eine unangenehme Begegnung“, prophezeit Mascha. „Ich weiss noch nicht, ob ich hingehe“, hält Alys fest. „Natürlich muss du hingehen! Wenn auch nur, um ihn zu sehen – und um zu sehen, wie es jetzt aussieht. Lässt er dich denn jetzt einfach warten oder was? Habt ihr überhaupt darüber gesprochen?“
„Haben wir. Nachdem mir rausgerutscht ist, dass ich ihn liebe ...“
„Du hast es ihm gesagt?“ Mascha reisst die Augen auf, wie immer, wenn sie etwas nicht glauben kann. Alys nickt und spürt, wie sich ihr Gesicht verdüstert. „In einem hormontaumelnden, halbschlafenden, post-koitalen Ausnahmezustand.“
„Oh, Fuck!“
„Ja, das kannst du laut sagen.“
Mascha lehnt sich ein wenig in ihre Richtung. „Verzeih mir, aber ich muss es wissen: Wie ist es mit ihm?“ Neugier glimmt in Maschas Augen auf. In einer anderen Situation hätte Alys jetzt gelacht. „Es ist unglaublich mit ihm. Nie so erlebt.“
„Das kann ich mir vorstellen“, meint Mascha leise. „Und wie hat er auf dein Geständnis reagiert?“
„Er hat ‚Was?’ gesagt und danach ‚Was willst du, Alys? Dass ich Irina verlasse?’.“ Mascha sieht jetzt böse aus. „Ich hätte ihn geohrfeigt“, hält sie fest. Alys lächelt ein kleines, trauriges Lächeln. „Ich hab ihm gesagt, dass er unsensibel ist und dass er der erste sei, der das von mir zu hören bekommen hat. Danach hab ich die Badezimmertür ins Schloss geknallt. Er hat sich später entschuldigt. Er sagte, er kann es nicht zurück sagen, aber er empfinde etwas für mich. Er hat mir versprochen, darüber nachzudenken und dann mit mir darüber zu reden. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht seine Geliebte sein will und dass ich nicht so weitermachen kann, wenn wir zurück sind ...“
„Es ist also zu Ende? Vorläufig auf jeden Fall?“ Alys nickt langsam. „Ich
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