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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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ihm nicht – also lässt er etwas hören, dass ein unaufmerksames „Hmmm“ sein könnte. Er gibt sich beschäftigt und überlegt, welches Hemd er anziehen soll.
    „Wie geht es ihr eigentlich?“
    „Wem?“
    „Alys.“ Sie hat jetzt den „Hörst-du-mir-eigentlich-zu-Tonfall“ drauf. Er schluckt, aber das kann sie nicht sehen, weil er ihr den Rücken zugedreht hat, um nun seinerseits im Kleiderschrank zu wühlen. „Gut, denke ich“, sagt er schliesslich.
    „Kommt sie mit dem Booklet voran?“
    „Ich hoffe es doch.“ Er lässt es klingen, als habe er seit Tage nichts von Alys gehört.
    „Gut, erinnerst du mich daran. Ich werde ihr deswegen gleich eine SMS schicken.“
    „Prima, dann kann ich zuerst duschen“, sagt sie und verschwindet im Flur.
     
    *
     
    Von weitem hört sie ihr Handy piepsen. Hat es endlich, endlich Erbarmen? Sie lässt das schmutzige Geschirr, das sie eben in den Geschirrspüler räumen wollte, Geschirr sein und saust wie ein Derwisch ins Wohnzimmer. Eliot Wagner. Endlich. Sie verflucht sich dafür, dass ihr Herz viel zu schnell schlägt, und dass ihre Kniescheiben plötzlich aus Gummi zu sein scheinen. Die letzten 28 Stunden waren nicht zum Aushalten. Bei jedem Mail hatte sie gehofft, sie sei von ihm. Noch vor einer halben Stunde hatte sie das Handy in der Hand gewogen und sich gefragt, ob sie ihm ein unverbindliches „Ist alles in Ordnung?“- SMS schreiben soll. Sie wollte. Oh, sie wollte unbedingt. Aber sie liess es sein, auch wenn es ihr schwer fiel. Er hat gesagt, er würde sich melden. Sie hat gesagt, sie wolle nicht seine Geliebte sein, betteln oder ihn einengen. Und doch macht sie etwas, dass jede Geliebte macht: Sie wartet. Und wartet. Auf ein SMS. Eine Mail. Ein bisschen Aufmerksamkeit. Eine Entscheidung. Sie fragt sich, wie sich Frauen das monatelang antun können. Oder sogar über Jahre. Wenn ich schon nach ein paar Tagen fast durchdrehe. Es muss aufhören. Ich kann das nicht!
    Zuckerpuppe, tut mir leid, dass ich erst jetzt schreibe. Alles OK? Ich muss gleich zu StarCore. Mal schauen, ob der Kebel so ein Arsch ist, wie man in der Branche munkelt. Konnte noch nicht mit ihr reden. Suche den richtigen Augenblick. Schwierig. Bis morgen! Du fehlst mir ...
    Du fehlst mir.
    Einen Moment fragt sie sich, ob er sie mit dieser Nachricht bei Laune halten will, oder ob er es tatsächlich so meint. Dann wird sie böse auf sich selbst. Warum zweifelst du daran, dass er es ernst meint?
    Sie hatte Maschas Reaktion gestern durchschaut. Mascha glaubt, dass Eliot nur mit ihr spielt. Dass er nur mit ihr ins Bett geht. Dass sie nicht die Erste ist, mit der er fremdgeht, und bestimmt auch nicht die Letzte. Aber Mascha getraute sich nicht so recht, das Alys ins Gesicht zu sagen. Weil sie Alys schonen will. Oder weil sie denkt, sie würde wütend werden. Dabei würde Alys das selbe denken, wenn Mascha etwas mit einem vergebenen Mann anfangen würde. Ich wäre auch nicht dafür – und ich würde schon gar nicht Partei für ihn ergreifen. Ich würde versuchen, sie davon abzubringen. Es ihr auszureden.
    Alys fragt sich, ob sie Eliot sagen soll, dass Mascha es weiss. Sie entscheidet sich dagegen und hofft, dass Mascha die unwissende mimen wird. Falls sie überhaupt hingehen. Aber Mascha kriegt das hin. Sie ist die bessere Schauspielerin als ich.
     
    *
     
    Und dann ist es Zeit für den Auftritt. Eliot lässt den Porsche auf den Parkplatz des „Chez Charles“ rollen. Er sieht Wolf Kebels Auto von weitem. Es muss der protzige Chrysler 300 mit den getönten Scheiben sein. Irina neben ihm hebt eine Augenbraue. „Wow, ist die Kiste hässlich. Und ist sie goldfarben?“ Eliot grinst. „Sieht ganz danach aus.“
    Wolf Kebel lässt sich nicht lumpen. Das „Chez Charles“ gilt unter Gourmets als eines der besten Restaurants der Stadt. Auf jeden Fall kann man hier an einem Abend eine schöne Stange Geld liegen lassen. Es ist kein Lokal, in das Eliot sich normalerweise verirren würde. Zu dick sind ihm die Orientteppiche unter den Tischen, zu pompös die Kronleuchter an der Decke, zu steif die weissen Tischdecken und die Servietten – wahre Meisterwerke der Faltkunst.
    Der Kellner in schwarzem Tuch, weissem Hemd und Fliege lässt sich von Eliots grauen Röhrenjeans und Lederstiefeln nicht irritieren. Oder er kann es geschickt hinter einem gastfreundlichen Lächeln verbergen. Zur Feier des Tages – ich weiss zwar nicht, was es zu feiern gibt – hat er seinen schwarzen Lieblingsblazer und ein

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