Sehnsüchtig (German Edition)
gefehlt, Schnecke!“ Sie zieht Alys an sich. „Du mir auch.“ Und wie. Maschas Umarmung ist warm und riecht nach einem betörenden Parfüm. Alys fühlt sich ein besser und nicht mehr so allein. „Und? Gehen wir aus? Im Geschäft ist wieder die Hölle los. Musik, Alkohol und der Anblick schöner Männer könnten mich trösten.“ Mascha macht ein paar gekonnte Tanzschritte in Alys’ Flur. Alys mustert die Bleistiftabsätze, die sie auf zwölf Zentimeter schätzt. Sie bewundert Mascha einmal mehr dafür, dass sie sich damit auf die schneebedeckte Strasse wagt. Sowieso sieht sie wieder aus wie das blühende Leben. Der Jobstress hat keine Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Aber Alys weiss, dass ‚Weissenstein und Partner’ – die Werbeagentur, in der Mascha arbeitet – zeitweise ein hartes Pflaster sein kann. Gepflastert mit Eitelkeiten . Hinter einigen Bürotüren lauern Arbeitskolleginnen mit spitzen Ellbögen und einem falschen Lächeln auf den Botox erstarrten Gesichtern. Mascha aber wird sich davon nie unterkriegen lassen. Der rehäugige Wirbelwind hat einen eisernen Willen, ist bereit, sich den wohlgeformten Hintern abzuarbeiten und hat den Rückhalt der richtigen Leute. Von jenen, die den dicken Teppich im Büro haben. Gerhard Weissenstein, Inhaber der Agentur, ist ein grosser Fan von Mascha. Die Meinung des gemeinen, neidischen Fussvolks interessiert Mascha nicht. Manchmal wünscht sich Alys’ Maschas Selbstbewusstsein.
„Nur der Anblick schöner Männer?“, nimmt sie jetzt Maschas Frage auf. Mascha grinst. „Ja, zurzeit reicht mir der Anblick. Ich habe gerade eine Rührmichnichtan-Phase. Vielleicht liegt es am Wetter.“ Sie verzieht das Gesicht und Alys tut es ihr gleich. „Der Frühling kommt bestimmt“, spöttelt sie. Mascha lacht. „Ja, und dann werden auch die Hormone wieder sprudeln ... Also, was jetzt, bist du dabei?“ Alys nickt. „Ich bin dabei. Ich muss hier raus. Die Wohnung deprimiert mich.“
„Aber du liebst deine Wohnung ...“
Alys seufzt. „Ja, nur heute fällt mir hier die Decke auf den Kopf. Muss etwas mit dem aus den Ferien zurückkommen zu tun haben.“ Mascha legt den Kopf schräg. „Ich werde dir so viele Drinks unterjubeln, bis du mir sagst, was mit dir los ist.“ Sie sieht aus, als wäre sie zu allem entschlossen. „Es ist alles in Ordnung“, wiederholt sich Alys – und erneut merkt sie, dass Mascha ihr nicht glaubt. Sie weiss nicht, warum sie versucht, Mascha zu belügen. Eigentlich will sie ihr die Wahrheit sagen, sich ausheulen und sich an ihr festhalten. Aber noch weiss sie nicht, wie sie es ihr sagen soll. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihre eigenen Prinzipien verraten hat und es ihr schwerfällt, dafür gerade zu stehen. Sie konnte immer mit Mascha reden. Über alles. Aber jetzt kommen ihr die Worte nicht über die Lippen.
Mascha mustert Alys von Kopf bis Fuss und hebt dann eine Augenbraue. „Ich weiss, ich weiss, so lässt du mich nicht aus dem Haus.“ Sie wirft einen Blick auf ihr unglückliches Gesicht im Spiegel. Ohne den roten Lippenstift sieht sie irgendwie aus, und Eliot hat bei der Verabschiedung ihr Haar zerwühlt. „Genau. Geh ins Bad und verwandle dich in die heisse Frau, die du bist.“ Alys grinst gequält und salutiert in Maschas Richtung. „Verstanden. Mach dir in der Zwischenzeit einen Kaffee oder so. Und auf dem Sofa liegt die aktuelle ‚Gala’.“ Beim Wort „Gala“ leuchtet Maschas Gesicht auf. Sie sind beide süchtig nach seichtem Klatsch aus der Glitzerglimmerfabrik Hollywood.
Nach dem Duschen fühlt sich Alys etwas besser. Sie glättet sich das Haar und versucht, sich mit Schminke eine glückliche Fassade aufzumalen.
„Ich bin fertig, ich mach mir nur noch rasch einen Kaffee“, ruft sie Richtung Wohnzimmer und holt eine Tasse aus dem Küchenschrank. Es kommt keine Antwort und das macht sie stutzig. „Bella? Willst du auch noch einen?“ Immer noch nichts. What the fuck?
Alys bleibt unter der Wohnzimmertür stehen. Mascha sitzt auf dem Sofa und blickt in ihre Richtung. Ihr Gesicht ist ungewohnt ernst. Sie sieht aus, als suche sie nach Worten. Eine sprachlose Mascha Sommer. Das kommt so gut wie nie vor. Mascha blickt auf ihre Hände, sie liegen in ihrem Schoss, dann wieder zu Alys.
„Du hast etwas mit Eliot ...“, sagt sie dann.
Der Blick ihrer besten Freundin scheint Alys an Ort und Stelle zu bannen. Sie will etwas sagen, aber ihr scheinen die Worte ausgegangen zu sein. Mascha kommt ihr zuvor. Sie wirft
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