Sehnsüchtig (German Edition)
warten!“
„Was ich sagen will, ist nicht so einfach ...“ Ja, das weiss ich. Ich weiss längst, was du sagen willst. Also mach dem Schrecken ein Ende. „Ich habe gestern Abend mit Irina geredet. Zum ersten Mal richtig, seit ich ihr das mit dir gestanden habe.“ Eine erste Träne rinnt über ihre Wange. Er sieht erschrocken aus, aber ihr Gesicht bleibt unbewegt. „Ich weiss. Sie hat dich vor die Wahl gestellt.“
„Woher weisst du das?“
„Sie war bei mir.“
Seine Augenbraue schnellt nach oben. „Was hat sie gesagt? War sie sehr schlimm zu dir?“
Sie schüttelt den Kopf. Weitere Tränen rinnen über ihre Wangen, aber ihr Gesicht verzerrt sich nicht dabei und sie schluchzt nicht. Es sind stumme Tränen. „Nicht schlimm. Kühl und sehr ehrlich, aber das kann ich verstehen. Sie hat mir Lilli gezeigt. Sie wollte, das ich sehe, was ich zu zerstören versuche.“
„Das hast du nicht versucht.“
„In ihren Augen schon. Und sie hat ja Recht. Auf jeden Fall sagte sie mir, dass du dich entscheiden sollst. Und ich weiss auch, dass du das getan hast.“
Er schweigt und will nach ihrer Hand greifen. Sie zieht sie zurück und er sieht verletzt aus. „Alys ...“
„Ich weiss, was du sagen willst. Und ich weiss auch, dass es schwierig ist. Also sage ich es für dich, damit wir dieses Gespräch hier beenden können. Du hast dich für Irina entschieden. Es ist aus.“ Jetzt kommt doch ein Schluchzer. Nur ein einzelner, sie schluckt den nächsten hinunter.
„Es tut mir Leid!“, sagt er nach einer langen Weile. „Es tut mir Leid, du bist eine unglaubliche Frau und ...“ Sie hebt eine Hand und er verstummt. „Hör auf damit. Ich will das nicht hören. Sag mir nicht, dass ich toll bin, und wunderbar, und schön, und dass ich etwas Besseres verdient habe, jemanden, der Single ist und keine Altlasten hat, und mir die Welt zu Füssen legt. Ich will keinen solchen Mann, ich will dich und ich kann dich nicht haben. Und ich will keine Rechtfertigungen hören. Irina und Lilli sind wichtiger als ich und ich verstehe dich vollkommen. Ich wusste, wie du dich entscheiden würdest. Und es ist die richtige Entscheidung. Aber hör auf, es schönzureden.“
„Aber das will ich gar nicht, ich will nur sagen, wie viel du mir bedeutest und dass ich wünschte, dass es anders wäre, wenn du mir vor 10 Jahren begegnet wärst oder wenn es Irina nicht gäbe, dann ...“
„Ich denke nicht an ‚was wäre wenn’“, sagt sie ruhig, obwohl ihre Lippen zittern. „Es ist zu Ende. Du hast gesagt, was du sagen musst. Ich habe zugehört und nicht geschrieen und dich nicht geschlagen und dir keine Szene gemacht. Wir haben uns wie erwachsene Menschen benommen und jetzt will ich nicht mehr.“ Mit diesen Worten steht sie auf und greift nach ihrem Mantel. Mit grossen Schritten marschiert sie aus dem Lokal. Er folgt ihr, erst auf dem Parkplatz bleibt sie stehen. Sie schliesst die Knöpfe ihres Mantels, ohne ihn anzusehen. Sie kann seinen Gesichtsausdruck nicht ertragen. Ich will nicht noch mehr weinen. Ich will nicht zusammenbrechen. Nicht hier. Das muss warten, bis ich zuhause bin. „Ich fahr dich nachhause.“ Er streckt eine Hand nach ihrer Schulter aus.
Alys schüttelt den Kopf. „Nein.“
„Was, nein?“
„Nein. Ich will nicht, dass du mich nach Hause fährst. Ich nehme ein Taxi oder gehe zum nächsten Bahnhof.“
„Alys, das ist Blödsinn! Ein Taxi kostet dich ein Vermögen und wir sind hier auf einer Raststätte, da kommst du nicht einfach so zum nächsten Bahnhof!“
„Ich hab Freunde, die mich abholen können.“ Sie verschweigt ihm, das Mascha kein Auto hat. Sie könnte ihre Eltern anrufen, aber sie hat sich seit Wochen nicht bei ihnen gemeldet. Und sie will nicht, dass sie so sehen. Sie kann sich die Verwirrung ihrer Mutter vorstellen, die Tochter, die sich auf eine Liaison mit einem vergebenen Mann eingelassen hat. Ihre Tochter, die Geliebte. So etwas gibt es in Lydia Allenbachs Welt nicht. Wahrscheinlich würde Lydia sie nicht einmal verurteilen, aber sie wüsste bestimmt nicht, wie sie damit umgehen soll. Und ihr Vater ist auch keine Option, Papa , der es nicht erträgt, sie weinen zu sehen. Er wäre komplett überfordert. Nein, ihre Eltern können nicht von Eliot Wagner erfahren.
„Alys, bitte.“
Sie schüttelt langsam den Kopf. „Lass es, Eliot. Ich will jetzt alleine sein.“
Er betrachtet sie einen langen Augenblick, sie sieht ihn mit sich selbst kämpfen. Lass mich einfach, bitte lass mich doch.
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