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Sei lieb und büße - Thriller

Sei lieb und büße - Thriller

Titel: Sei lieb und büße - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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habt ihr vor?
    Das ist nicht gut. Gar nicht gut.
    Sina soll denken, sie sei in Sicherheit. Es sei vorbei. Dabei fängt es jetzt erst richtig an.
    Wo ist mein Telefon? Wo ist mein verflixtes Telefon?
    Da. Sinas Nummer. Zum Glück ist sie eingespeichert.
    »Hallo?«
    »Sina!« Ich brülle vor Erleichterung in den Hörer. »Hier ist Tabea. Hör zu. Du darfst auf keinen Fall mit Laureen oder Bessy sprechen. Du musst dich unbedingt von ihnen fern…«
    »Was soll das?« Ihre Worte tropfen eisig wie Schmelzwasser in mein Ohr. »Ich weiß, was du für ein verdammtes Spiel spielst.«
    »Sina, bitte –«
    »Nein!«, schreit sie so laut und hoch, dass ich den Hörer von meinem Ohr weghalten muss. »Ich weiß alles! Du steckst hinter Cruella und hinter BabyG. Du hast Mia auf dem Gewissen. Und Rik. Du warst das mit den Fotos und du hast mich über den Screensaver ausspioniert. Und ich wette, dass auch du mir das Zuckerwasser in die Tasche geschüttet und dann Céline die Flasche untergejubelt hast. Und das mit meiner Jacke warst sicher auch du. Nur, dass Laureen dir in die Quere gekommen ist. Ich werde beweisen, was du mir angetan hast. Mir und Mia und Rik. Du denkst, du bist schlau und löschst deine Spuren. Aber damit kommst du nicht davon. Du hast alle gegen dich. Alle! Selbst Laureen und Bessy.«
    Dann ist sie weg.
    Ich betrachte das Telefon, als halte ich zum ersten Mal in meinem Leben ein solches Wunderding in der Hand.
    Was war das?
    Der schrille Tonfall ihres Ausbruchs klingt in meinen Gehörgängen nach wie das hohe C einer Stimmgabel.
    Ein Vulkanausbruch an Wut. Verständlicher Wut, jedoch fehlgeleitet wie ein tödlicher Lavastrom, der alles vernichtet, was sich ihm in den Weg stellt und doch am Schluss verliert; erkaltet und starr brachliegt, während die geschundene Natur neu erblüht.
    Ich reiße meinen Schrank auf. Unterhose, BH, T-Shirt, Socken, Hose. Egal was, egal, ob es zusammenpasst. Ich muss zu ihr, sie zur Vernunft bringen und den Lavastrom umleiten, bevor er ihr zum Verhängnis wird.
    63
    Ärger steigt in ihr auf. Ärger über sich selbst. Das hätte ihr nicht passieren dürfen. Jetzt weiß Tabea, dass sie ihr auf der Spur ist. Vor fünf Minuten noch ist sie im Vorteil gewesen, weil sie mehr wusste als Tabea. Nun hat sie diesen Vorteil verschenkt.
    Für nichts. Für kratzende Stimmbänder und missbilligende Blicke vorübergehender Passanten.
    Sie biegt in ihre Straße ab. Es ist einfach über sie gekommen. Die ganze Wut. Auf einmal. Als sie Tabeas Stimme gehört hat.
    Sie hat sich nicht im Griff.
    Nein. Es ist nur der Stress. Schlafmangel. Angst. Enttäuschung. Jeder Mensch hat ein Recht, in Ausnahmesituationen die Beherrschung zu verlieren. Auch Sina Beckhaus.
    Zwei Häuser von ihrer Wohnung entfernt klingelt ihr Handy erneut. Sie bleibt stehen. Wenn es wieder Tabea ist, wird sie ihren Anruf wegdrücken. Papa.
    »Ja, was ist?«
    »Sina, was zum Teufel ist bei euch los?«
    Ihr Herz krampft sich zusammen. »Was … was soll sein? Mama? Ben? Was –«
    »Du!«, faucht ihr Vater. »Deine Schule hat angerufen und gefragt, warum du seit Tagen unentschuldigt fehlst. Und dass von dir obszöne Fotos kursieren. Und zu Hause geht keiner ans Telefon. Spinnst du jetzt völlig?«
    »Ich –«
    »Du weißt, dass ich dir jede Freiheit zugestehe, solange du vernünftig bist. Dafür musst du aber auch Verantwortung übernehmen. Auch wenn du siebzehn bist und denkst, alles andere im Leben sei wichtiger. Ich verlasse mich auf dich. Genauso wie Mama und Ben.«
    »Kannst du mir –«, versucht Sina sich zu rechtfertigen.
    »Und was sind das überhaupt für Fotos? Wie um alles in der Welt –«
    »Kannst du mir jetzt mal zuhören?«, brüllt Sina ins Telefon.
    »Ich bin noch nicht –«
    Eine kleine Bewegung mit dem Daumen und die Leitung ist unterbrochen. Sina stellt das Handy auf lautlos und steckt es wieder ein. Dann fährt sie die restlichen Meter zu ihrem Haus und stellt ihr Rad ab.
    Sie sollte schlafen. Sich rüsten für den Anschiss von ihrem Vater, wenn er heute Abend nach Hause kommt. Für ihn ist es so einfach. Er ist weg und sie hat die Verantwortung. Für sich. Für Ben. Für ihre Mutter. Sie hat es ihm einfach gemacht. Weil sie ihre ganze Welt nur auf ihre Verantwortung ausgerichtet hat, eine luftdichte Blase, in der kein Platz ist für Experimente und Eigensucht, Leichtigkeit und Liebe. Sie sperrt die Wohnung auf und lauscht. Macht ein paar Schritte in Richtung Elternschlafzimmer, dreht dann um. Nein. Sie

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