Sei mein Mörder: Thriller (Sommerferienpreis nur wenige Tage!) (German Edition)
gespannt.«
»Warum können Psychopathen anderen Menschen etwas vorgaukeln? Weil sie sogenannte Mikroausdrücke wahrnehmen. Winzige und unwillkürliche Bewegungen der Gesichtsmuskulatur, die die wahre Verfassung eines Menschen offenbaren. Sektenführer, Unternehmer, Politiker ... soll ich fortfahren?«
»Warum erzählen Sie mir das?«
Caffé lächelte. »Wem gaukeln Sie etwas vor, Doktor?«
Mark wurde es abwechselnd heiß und kalt. Dieser Mann verfügte über eine gefährliche Auffassungsgabe und konterte mit Gegenfragen. »Es geht nicht darum, dass Sie mir Fragen stellen ...«
»Papperlapapp!«, sagte Caffé hart. »Sie sind nicht hier, um mich zu analysieren, nicht heute. Sie sind hier, weil Sie Antworten auf Fragen suchen.«
Mark lachte unsicher.
Caffé legte den Kopf schräg und ließ den Psychologen nicht aus den Augen. »Das erste Mal, seitdem wir uns kennen, habe ich das Gefühl, Ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Sie wirken verletzlich, nicht so überheblich wie sonst, weicher, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich habe den Eindruck, Sie sehnen sich nach etwas, das Sie erlöst.«
»Kommen wir zum Thema zurück«, bat Mark.
»Gerne, gleich, Doktor. Aber bitte gestatten sie mir noch eine Frage.«
Mark nickte dumpf.
»Wie werden Sie Ihre Schuld los?«
Schweiß lief Mark über den Rücken. Er presste seine Finger zusammen, um das Zittern seiner Hände zu unterbinden.
»Haben Sie sich in dem, was ich sagte, erkannt? Sind auch Sie jemand, auf den das von mir erläuterte Persönlichkeitsprofil passt? Ich bin sicher, so ist es. Und nun überlegen Sie, wie Sie damit umgehen sollen. Denn Sie begreifen, dass wir uns näher stehen, als Sie vermutet haben.«
»Ich bin zumindest kein Mörder«, sagte Mark ganz ruhig.
Caffé lächelte, ein freundliches Gesicht, jemand, dem man einen Gebrauchtwagen abkaufen würde.
»Sie versuchen, mich zu manipulieren.«
»Na und?« Caffé runzelte die Brauen. »Es liegt bei Ihnen, ob mir das gelingt. Peter Schellenbaum sagte, dass alles, was an therapeutischen Interventionen über die stützende und ermutigende Spiegelfunktion hinausgehe, den Namen Psychotherapie nicht verdiene. Es wäre Manipulation. Folglich sei jeder Psychotherapeut glücklicherweise ersetzbar, nämlich durch die erlebte Verbindung mit dem eigenen Selbst.«
Mark legte die Handflächen auf den Tisch. Caffé beugte sich vor. Sie belauerten sich wie Raubtiere.
Raubtiere ohne Ketten!
»Wie kommen Sie mit den Morden klar, Caffé? Wenn Sie schlafen. Wenn Sie träumen? Welche Bilder sehen Sie?«
Der Mörder nickte langsam. »Ich träume von Blut, Doktor. Ich träume von aufgerissenen Kinderaugen. Ich sehe die Angst in ihren Gesichtern. Doch ich weiß, dass Gott mich nicht bestrafen wird. Denn er weiß, er alleine weiß, dass ich bin, was so viele sind, doch ich hatte das Unglück, dass mich zu viel Sonnenstrahlen trafen. Ich bin unter ihnen fast verbrannt.«
»Ist das eine Entschuldigung? Darf das genügen?«
»Wer, wenn nicht Gott, kennt die Antwort? Gibt es eine höhere Instanz?«
»Als wir uns das letzte Mal begegneten, sagten Sie, Morden sei eine Fähigkeit.«
»So, wie es eine Fähigkeit ist, kalt und überlegt seine Frau zu schlagen, Kinder zu missbrauchen oder nicht zu kotzen, wenn man tausende Menschen ruiniert hat. Nur diese Fähigkeit macht Gott deutlich, dass es den Teufel gibt. Der eine ist nichts ohne den anderen. Sie bedingen sich gegenseitig. Menschen wie ich, Menschen wie Sie ...« Caffé machte eine Pause und starrte Mark aus kalten Augen an. »… sind der Beweis für die Hölle, also der Beweis für Gott.«
Mark fuhr zurück. »Ich bin nicht wie Sie. Was auch immer ich tue, hat einen Grund. Es ist moralisch vertretbar. Was Sie taten, ist es nicht.«
Caffé wirkte völlig ernsthaft. »Robert Musil schrieb, dass alle großen Gläubigen Immoralisten sind, denn alles sei moralisch, nur nicht die Moral. Also hören sie auf, sich zu belügen, Doktor. Ich weiß nicht, was Sie zu dem macht, der Sie sind. Ich kenne Ihre Abgründe nicht, aber ich würde mich nicht wundern, wenn auch an Ihren Händen Blut klebt. Und sei es nur das der Skrupellosigkeit.«
Sie sahen sich an. Der Zeiger der großen Uhr rückte eine Minute weiter. Es war warm und stickig.
Caffé schüttelte den Kopf und sah Mark fast mitleidig an. »Ich kann Ihnen keine Absolution erteilen, Doktor, genauso wenig, wie Sie es bei mir können. Letztendlich hilft nur, uns zu begreifen, uns zu akzeptieren und zu erkennen, dass wir
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