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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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...«
    »Es waren schöne Stunden mit dir, aber vermutlich war es ein Fehler von mir, dir meine Telefonnummer zu geben.«
    »Nein, das war kein Fehler, Janine.« Seine Stimmlage erhöhte sich. Er riss sich zusammen.
    »Du bist ein wunderbarer Mann. Ich bereue nicht eine Sekunde und werde dich in meinem Herzen behalten. Aber ... ich werde dich nicht wiedersehen. Bitte rufe nicht mehr an, schick keine SMS.«
    »Was habe ich falsch gemacht?«
    »Nichts, gar nichts. Ich habe etwas Falsches gemacht.«
    Was, liebe Güte?
    »Ich bin dabei, dir dein Herz zu stehlen. Und das ist nicht richtig.«
    »Sag mir deinen vollen Namen. Wo wohnst du?« Seine Stimme bekam einen verzweifelten Unterton.
    Sie machte eine Pause. Dann: »Ich liebe dich, Will.«
    Sie beendete das Gespräch.
     
     
    Jemand hatte mal gesagt, das Beste, was geschehen könne, sei, dass die Wirklichkeit sich in einen Traum verwandele.
    Aber aus den Träumen von gestern wurden manchmal die Alpträume von morgen, fügte Will in Gedanken hinzu.
    Verwirrt und sehr traurig hockte er hinter dem Lenkrad und starrte durch die beschlagene Frontscheibe in die Dämmerung, die sich über die Stadt legte. Er roch den frühen Herbst und fühlte sich wie ein Baum, der seine Blätter verliert. Er fühlte sich kahl, kalt und ohne Leben.
    Er stellte fest, dass er gedankenverloren durch die Stadt fuhr. Einfach nur irgendwo hin.
    Ich liebe dich!, hallten Janines Worte in ihm nach.
    Und doch war er für sie nur ein Abenteuer gewesen, ein sexuelles Stelldichein. Er lachte hart. Er verhielt sich wie ein pubertierender Jüngling. Solche Dinge geschahen. Es hätte genauso gut ein One-Night-Stand bleiben können, stattdessen war es mehr geworden, hatte einige Tage überlebt. Worüber beklagte er sich? Solche Dinge waren heutzutage normal, völlig selbstverständlich. Man gabelte sich auf, hopste in die Federn und trennte sich wieder.
    Ich liebe dich, Will!
    Er fragte sich, wie lange er noch so ein gottverdammter romantischer Narr bleiben wolle? Das war unzeitgemäß. Er war ein wandelnder Anachronismus. Man nahm, was sich bot, und wandte sich dem nächsten Abenteuer zu. So war der Atem der Großstadt, so waren die Funken der Nacht.
     
     
    Bevor Will sich versah, parkte er sein Auto vor dem Gliccandro .
    Er stieg aus, ging zur verwitterten Holztür, klingelte und ließ sich durch das Klappfenster begutachten.
    »Will, altes Haus. Warte, ich öffne dir«, sagte Foke. Der bullige Besitzer des fragwürdigen Etablissements hatte den Namen behalten, der sich aus den Worten Fotzen-Mike zusammensetzte und schön englisch ausgesprochen werden konnte. Fooouk!  Foke leitete einen Szeneclub in Kreuzberg und war einer der wichtigsten Informanten für Will. Sie kannten sich seit fast zwanzig Jahren und Foke akzeptierte stets, dass Will seinen Laden nur besuchte, wenn er was von ihm wollte. Bisher hatte der ehemalige LKA-Mann jedem Bestechungsversuch widerstanden, hatte nie einen Gratisfick angenommen oder Drogen. Vielleicht war es eben diese Kontinuität zwischen den Männern, die ihre Freundschaft stabil gehalten hatte. Man ließ sich in Ruhe. Will sah über kleinere Verfehlungen hinweg, dafür versorgte Foke ihn mit Dingen, die unbezahlbar waren: mit Informationen!
    Es roch nach ungereinigten Bierleitungen, nach schalem Sekt, alten Sofas und aufdringlichem Parfüm. Irgendwie auch nach Sperma und Speichel, fand Will.
    Auf einem Flatscreen tobten sich zwei Männer und eine Frau aus.
    Am Tresen lümmelten zwei Mädchen, für die Will nicht mehr als einen Blick hatte.
    In der Ecke lief tonlos ein alter Fernseher. Die Mainzelmännchen unterbrachen verblödende Werbung.
    Die Bar war ein kleiner Raum, doch das wahre Geheimnis verbarg sich in den hinteren Räumen. Spielwiesen mit Matratzen, ein gemütlicher Speiseraum mit Kamin, offene Räume mit Hüftketten, Hand- und Daumenschellen, Seile aller Art für Abende, an denen Bondagepartys gefeiert wurden, Monohandschuhe und andere Utensilien für sadomasochistische Praktiken. Es gab sogar ein sogenanntes Andreaskreuz, an dem sich Willige festbinden oder anketten ließen.
    Auf einen welligen Poster hinter Glas war eine Frau in perfekter Strappado-Pose zu sehen, selbstverständlich eine Asiatin.
    Eine kleine Garderobe gab es mit Leder, Latex und Lack in allen Variationen, außerdem Augenmasken, Gesichtsmasken und Sexspielzeug.
    »Immer noch kein Alkohol?«, fragte Foke.
    »Cola Light«, sagte Will.
    »Du wirkst erschöpft, mein Alter.«
    »Bin ich.«
    »Was

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