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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Immerhin weiß seitdem jeder Unbescholtene, worauf er achten muss, um nicht erwischt zu werden. Doch unseren Mörder scheint das nicht zu interessieren.«
    »Er fühlt sich sicher. Völlig sicher!«, sagte Mark.
    Alle Augen waren auf ihn gerichtet.
    »Er ist überheblich, hat vielleicht einen Gotteskomplex. Er denkt, ihm kann niemand etwas. Er lässt für sich vermutlich überhaupt nicht den Schluss zu, jemand würde sich auf ihn konzentrieren.«
    Alle schwiegen.
    »Und was ist mit den fehlenden Fingern, den fehlenden Brüsten? Dümpeln die irgendwo in Formaldehyd? In einem Regal bei Papa Müller zu Hause?«, fragte Kreidler.
    »Vielleicht gehört er zu einem Täterkreis, von dem er denkt, dass wir ihn nicht überprüfen«, sagte ein junger Beamter, der kurzgeschorenere Haare hatte, wie ein US-Marine.
    »Und das wäre?«, fragte ein anderer in Motorradkleidung.
    »Ein Chirurg?«, fragte der Marine. »Ein Polizist?«
    »Sicher kein Chirurg«, gab Kreidler zurück. »Dr. Schäfer meint, es könne sich nicht um einen Chirurgen gehandelt haben, es sei denn, es wäre einer, der absichtlich ungeschickt vorgeht. Wir haben Amputationen und andere Verstümmelungen. Laut Schäfer ist der Täter ein medizinischer Laie.«
    Sie nippten an ihrem Kaffee oder der Cola und fühlten sich unwohl. Die Presse wetzte die Messer, die Politik blickte über den Tellerrand. Ein weiteres Desaster, wie es mit Vincent Padock, dem Pfähler,  geschehen war, durfte nicht geschehen. Damals musste einer der angesehensten Polizisten des Landes vorzeitig suspendiert werden, weil er die Nerven verloren hatte. Es war ein Aufschrei durch den Blätterwald gegangen, im Internet hatte es einen Sturm gegeben und Padock Electronics war fast in die Knie gegangen.
    »Und wie wäre es anders herum, Doktor?«, fragte der Marine, nicht ohne Häme.
    »Was meinen Sie?« Mark war froh, dass die Frage, ob es sich auch um einen Polizistentäter handeln konnte, vorerst nicht aufgegriffen wurde.
    »Könnte es nicht sein, dass der Mörder will, dass man ihn erwischt?«
    Mark nickte langsam. »Absolut. Nicht wenige Täter folgen dem innersten Wunsch, von der Polizei geschnappt zu werden. Vielleicht, um endlich mit dem Morden aufhören zu können, weil sie das Bedürfnis haben, sich seelisch zu erleichtern, oder sie wollen in die Zeitung, Stars werden. Schauen Sie sich die Literatur dieser Tage an. Thriller über Serienmörder sind erste Wahl, in der TV-Serie Dexter ist die Hauptperson ein Killer. Man liebt Serienmörder, warum auch immer. Und man verfilmt ihre Geschichten. Nehmen wir den Ungar Béla Kiss. Er entsorgte zwei Dutzend Frauenleichen in Metallbehälter, entkam der Polizei und starb vermutlich unbescholten in den dreißiger Jahren in New York. Sein Leben wurde verfilmt. Leonardo di Caprio spielt den Serienmörder H. H. Holmes. Oliver Stones Natural Borne Killer wurde von Charles Starkweather inspiriert, der mit seiner Freundin mehrere Einzelpersonen und eine komplette Familie auslöschte. John George Haigh tötete acht oder neun Menschen und trank ihr Blut, da er glaubte, nur dadurch weiterleben zu können. Er hatte also eine logische Erklärung für seine Taten. Alle sind Stars, sind Berühmtheiten. Vielleicht will unser Mörder auch in diese Riege aufgenommen werden. Er kann sich vielleicht noch viele Jahre daran ergötzen, einen Roman schreiben, Interviews geben, denn in Deutschland gibt es keine Todesstrafe.«
    Mark war mit sich zufrieden. Sein kleiner Vortrag war reines Blendwerk gewesen.
    »Was also können wir Ihrer Meinung nach tun, um ihm auf die Schliche zu kommen, abgesehen von den forensischen Auswertungen, die bisher noch nichts erbracht haben?«, fragte die Leiterin.
    »Was bedeutet, dass der Mann noch nicht auffällig geworden ist«, sagte ein Polizist im Motorradanzug.
    »Eben. Er ist ein unbeschriebenes Blatt«, sagte ein Beamter, der bisher geschwiegen hatte und an seinem Krawattenknoten zupfte.
    Nehmt von allen LKA-Beamten eine DNA-Probe und vergleicht sie, hätte Mark am liebsten gesagt, stattdessen murmelte er müde: »Ich habe eine Idee, aber sie ist noch nicht zu Ende gedacht. Ich möchte die Akten noch einmal studieren und vor allen Dingen vergleichen. Wenn wir Glück haben, finden wir Übereinstimmungen, die auf eine individuelle Handschrift hindeuten. Sie müssen entschuldigen. Ich fühle mich noch immer sehr krank und habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Selbstverständlich bemühe ich mich, aber ...« Er lächelte schief und zuckte

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