Sei mein Stern
schön alt aussehen. Wie eine blutige Anfängerin.
Wie zum Geier sollte sie sich jetzt nur aus der Affäre ziehen? All die Ausflüchte, die sie sich für den Notfall zurechtgelegt hatte, waren obsolet.
So tat sie das, was sie am besten konnte.
Sie fiel profimäßig in Ohnmacht.
Kapitel 6
Doch noch bevor sie mit den harten weißen Marmorplatten des Fußbodens Bekanntschaft machen musste, wurde sie abgefangen. Sie blinzelte fassungslos, als sie begriff, dass sie in Simons starken Armen gelandet war. Mühelos, als handele es sich bei ihr um eine Puppe, hob er sie hoch und bugsierte sie zu einem Sofa im Foyer.
Und während sie noch den sterbenden Schwan mimte, arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Mit welcher Lüge konnte sie sich glaubhaft aus der Affäre ziehen? Und wieso war dieser Kerl so extrem reaktionsschnell? Sie hatte sich schon mehrfach durch simulierte Ohnmachtsanfälle aus prekären Situationen gerettet, aber nie war es einem Menschen gelungen, sie dabei aufzufangen. Solche pfeilschnellen Reflexe besaß nur jemand, der über jahrelanges Training verfügte. Prompt kroch ein eisiges Schaudern ihre Wirbelsäule hoch. Allem Anschein nach war der Kerl brandgefährlich.
Gefährlich oder nicht, er legte sie mit rührender Vorsicht auf dem Sofa ab.
„Jana!“, rief er mit gesenkter Stimme. „Jana, was ist mit Ihnen? Hören Sie mich?“ Er tätschelte ihr sanft die Wange. Als keine Reaktion erfolgte, sprang er auf, trabte zum Tresen und griff nach dem Telefon.
Nein, ein Notarztwagen fehlte ihr noch zu ihrem Glück. Flugs schlug sie die Augen auf. „Simon“, flüsterte sie mit wehleidiger Stimme. „Was in aller Welt ist passiert?“
Wie ein Wirbelwind fuhr er herum, ließ den Hörer sinken und eilte auf sie zu. Vor dem Sofa ging er in die Hocke und blickte sie durchdringend an. „Sagen Sie es mir! Was in Dreiteufelsnamen hatten Sie in dem Büro zu suchen? Und warum sind Sie umgekippt? War es der Schreck oder das schlechte Gewissen?“
Zögerlich richtete sie sich auf und wischte sich imaginäre Schweißtröpfchen von der Stirn. Simons Gesicht war dem ihren nun ganz nahe. Seine Augen musterten sie mit durchdringender Intensität.
„Oh, Simon!“, jammerte sie mit flatternden Augenlidern. „Dass mir das immer wieder passiert! Das ist so peinlich.“ Sie seufzte brunnentief. „Sie müssen wissen, seit diesem schrecklichen Erlebnis mit meinem Bruder gehöre ich der Fraktion der Schlafwandler an.“
Simon glotzte sie ein paar Herzschläge lang ungläubig an, dann richtete er sich auf und sackte in den Sessel neben dem Sofa. Sein Blick glitt über ihre hochhackigen Schuhe, die langen Beine in der engen Jeans und das rote T-Shirt, bevor er ihr wieder in die Augen blickte. „Vollständig bekleidet?“ Skepsis dominierte seine Worte.
Theatralisch warf sie sich den Handrücken gegen die Stirn. „Ich wollte mich nur ein paar Minuten ausruhen. Dabei muss ich wohl eingenickt sein.“ Sie wedelte zusammenhanglos mit einer Hand vor ihrem Körper auf und ab. „Aber im Grunde genommen muss ich mich sogar glücklich schätzen. Als ich das letzte Mal zu Bewusstsein kam, fand ich mich splitterfasernackt in einer öffentlichen Tiefgarage wieder.“
Simon ließ sich im Sessel zurückfallen und stieß deutlich vernehmbar den Atem aus. „Moment mal. Versuchen Sie gerade, mir weiszumachen, dass Sie in einem Anflug von Mondsüchtigkeit geheime Unterlagen fremder Leute durchstöbern?“
„Ich kann mir wirklich keinen Reim darauf machen, was ich in dem Büro verloren hatte. Es tut mir furchtbar leid.“ Sie schmachtete ihn mit weit aufgerissenen Augen flehentlich an. „Sie werden mich doch nicht verraten, oder?“
Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Nein, eher nicht. Valerie erwartet ein Baby, und ich möchte sie nicht unnötig aufregen. Aber Sie können Gift darauf nehmen, sollte ich Sie noch einmal bei einer solchen Aktion erwischen, übergebe ich Sie der Polizei.“
Jana fiel ein Stein in der Größe des Ayers Rock vom Herzen. Da hatte sie ja gerade noch mal die Kurve gekriegt. Aber wie konnte sie sein angeknackstes Vertrauen zurückgewinnen?
Da drang ein Röcheln in ihr Bewusstsein. Unisono flogen ihrer beider Köpfe herum, als Günter mit lautem Geschepper vom Schreibtischstuhl purzelte. In null Komma nichts war Simon bei ihm und zog den armen Tropf hoch, der ziemlich belämmert aus der Wäsche guckte.
„Haben Sie sich verletzt?“, erkundigte Simon sich fürsorglich.
Günter schüttelte
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