Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
der Elf hatte Asgard auf einem Weg verlassen, der normalerweise direkt ins Vergessen führte, nicht in die Menschenwelt. Schon gar nicht nach Cornwall und erst recht nicht in dieses öde Moor. Da war es kaum anzunehmen, dass ihn jemand suchen oder gar finden würde.
    Entspannt zog er einen Stuhl unters Fenster, nahm rittlings darauf Platz, beugte sich nach vorn und verschränkte seine Arme auf dem Kissen. Nebenan hörte er Mistress Braxton leise schluchzen. Alebin hatte ihr erlaubt, sich zurückzuziehen, woraufhin sie ins Bett gegangen war. Da lag sie nun und weinte sich in den Schlaf. Das gefiel ihm erheblich besser als ihre Annäherungsversuche.
    Wäre doch alles so einfach!
, dachte der Elf. Doch das war es nicht. Alebin hatte gehofft, noch an diesem Tag verschwinden zu können und sich auf den Weg nach Lyonesse zu machen. Die überraschende Begegnung mit der Torfmuhme hatte seine Hoffnung ins Wanken gebracht, und Rocky hatte sie schließlich völlig zerstört. Nach allem, was Alebin von dem Steinling erfahren hatte, waren seine Chancen gleich null, ohne Kampf aus diesem verfluchten Dorf herauszukommen.
    Ich muss das versteinerte Kind finden
. Alebin nickte nachdenklich.
Diesen Halbelfen, Kobold oder was auch immer sonst ein Wechselbalg sein mag. Dann könnte ich der Torfmuhme einen Handel anbieten. Aber wo steckt das Ding? Wegen der Kapelle spreche ich morgen mit der alten Schachtel nebenan, und wenn die nichts weiß, frage ich Jasper. Der ist wie ein wandelndes Buch, den sauge ich am besten gleich ganz aus! Weg mit dem Willen, her mit den Informationen
.
    Er grinste böse. Ja, so würde es gehen! Allerdings musste er vorsichtig sein, davon hatte ihn Rocky überzeugt. Und es war Eile geboten, denn der Fluch jährte sich bald wieder. Damit hatte es eine Bewandtnis. Über sie, das vergilbte Foto im Schankraum und das rätselhafte Verschwinden der Kapelle dachte Alebin eine Weile nach.
    Doch es brachte ihn nicht weiter, und nach einer Weile hatte er keine Lust mehr, für nichts und wieder nichts fröstelnd am Fenster zu sitzen. Er beschloss, sich schlafen zu legen. Nur einen letzten Blick musste er noch einmal auf das Dorf werfen – so etwas sah man nicht alle Tage. Alebin stand auf, schob gähnend den Stuhl beiseite und lehnte sich ins Freie.
    Vor jedem Haus und jedem Stall brannten Fackeln. Selbst vor der Scheune hatten sie sie aufgestellt, um böse Geister fernzuhalten, wie Mistress Braxton zu erzählen wusste. Alebin feixte.
Böse Geister, die spinnen doch! Der einzige böse Geist hier bin ich!
Aber wenigstens sahen sie hübsch aus, diese Feuer in der Stille.
    Das Dorf war wie leer gefegt, keine Menschenseele mehr auf den Straßen. Fenster und Türen waren verrammelt, die Schafe von der Weide geholt. Diese Dorftrottel hatten sogar an Katzen eingefangen, was sie kriegen konnten. Das musste man sich mal vorstellen! Alebin schüttelte amüsiert den Kopf, während irgendwo in der Ferne – lautlos und unbemerkt – die letzte Dämmerung erlosch.
    Die Nacht breitete ihre schwarzen Schwingen über Cornwall aus, vertrieb die lichten Geister des Tages und öffnete der dunklen Seite Tür und Tor. Fahler Nebel zog durchs Moor. Unten am sprudelnden Bach mit seinen alten Weidenbäumen riefen die Käuzchen, irgendwo fern antwortete ein Nachtvogel mit schrillem Gekreisch. Da war ein Rascheln im welken Laub; mal dort, mal da, und über den verlassenen Dorfplatz huschten kleine Schatten. Mäuse vielleicht. Nichts Besonderes also. Alebin gähnte erneut.
    Sein Blick fiel auf die Hecken und Sträucher draußen vor dem Dorf. Hinter ihnen bewegten sich unheimliche Lichter. Immer zwei nebeneinander. Man konnte das für Augen halten.
    »Kann man aber auch lassen«, befand Alebin fröhlich und trat zurück, um das Fenster zu schließen. Er nahm sein Kissen von der Fensterbank, drehte sich um und warf es lässig aufs Bett. Als er sich wieder nach vorn wandte, hatte sich etwas verändert. Alebin runzelte die Stirn. Was war da draußen anders als noch vor wenigen Sekunden? Plötzlich begriff er es. Die Fackeln waren erloschen.
    Alle!
    Tiefe Dunkelheit lag über Whispering Willows. In ihr hatten die Eulenrufe, das Rascheln und die huschenden Lichter im Gesträuch eine andere Qualität. Alebin beugte sich weit aus dem Fenster, um zu sehen, ob nicht doch noch irgendwo eine Fackel brannte. Konnte ein Windstoß sie gelöscht haben? Nur, wenn er durch das Labyrinth der engen Gassen kam, was ziemlich ungewöhnlich wäre. In der Stille der Nacht

Weitere Kostenlose Bücher