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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Anlass dazu?«
    Es war ein Fehler, das merkte er an ihren Augen. Eleanor Braxtons eben noch anklagender, aber dennoch weicher Blick wurde kalt. Sie hob eine Braue – nur ganz wenig – und sagte kühl: »Wie schade. Wir müssen übrigens mal über die Frage sprechen, wie du eigentlich deinen Aufenthalt in meinem Haus zu bezahlen gedenkst.«
    »Absolut!«, rief Alebin. Hier und da drehte sich jemand um. Der Elf langte mit falschem Lächeln an Mistress Braxton vorbei und verkrallte seine Hand in ihren Haarkranz. »Komm her!«
    Brutal zog er sie an sich, zögerte einen Moment, weil er sie so eklig fand, und presste dann seinen Mund auf ihre Lippen, saugte ihren Willen heraus. Nicht ganz, denn das hätte sie in einen Zombie verwandelt und unnötiges Aufsehen erregt. Nur so viel, dass sie ihn künftig mit Lästigkeiten wie Mietschulden und dergleichen verschonte. Als er sie losließ, war ihr Blick verwirrt.
    »Sonst noch Fragen?«
    »Nein, Darby.«
    »Gut. Dann ab ins Haus mit dir!« Er klopfte ihr auf den Po, als sie sich in Bewegung setzte. Alebin grinste in die Runde, und tatsächlich fand sich der eine oder andere, der darauf mit einem Augenzwinkern reagierte. Für die Dorfbewohner hatte das Ganze nach einem stürmischen Kuss ausgesehen. Und warum sollte die Witwe nicht auch mal wieder ein bisschen Vergnügen haben?
    »Richte mir ein heißes Bad, besorg mir neue Klamotten und koch was zu essen!«, befahl der Elf, als sich die Tür des
Grumpy Hog
hinter ihm schloss.
    »Ja, Darby«, sagte Mistress Braxton mit kraftloser Stimme.
    Alebin nickte zufrieden. Dass sie ihn noch
Darby
nannte und nicht mit
Herr
ansprach, bewies, dass er ihr genau die richtige Menge Willen genommen hatte. Fortan würde die Witwe zwar brav gehorchen, aber ihr Bewusstsein war noch intakt. So würde sie sich anderen gegenüber nur leicht verändert präsentieren. Das konnte man mit einer Grippe erklären.
    »Halt, warte mal!«, rief er hinter ihr her, als sie eben hinter den Tresen zur nach oben führenden Tür gehen wollte.
    Suchend sah sich Alebin im Halbdunkel der Wirtsstube um, mit ihren von Kuriositäten bedeckten Wänden. »Gibt es hier irgendwo ein Foto eurer Kirche?«
    »Du meinst die kleine Kapelle, Darby?«
    »Hattet ihr auch eine Kirche?«
    »Nein.«
    »Dann meinte ich die Kapelle. Also: Gibt es ein Foto?«
    »Ja, dort drüben.« Mistress Braxton zeigte auf die schmale Wand zwischen den Fenstern. »Aber warum interessierst du dich dafür, Darby?«
    »Das geht dich nichts an.« Er ging auf die Fenster zu, stutzte und drehte sich um. »Hattest du nicht etwas zu erledigen?«
    »Ja, Darby.«
    »Dann los, Weib!« Alebin grinste. Ach, was tat es gut, die Alte zu scheuchen! Er grinste noch immer, als er die Wand erreicht hatte und einen Blick durchs Fenster warf. Soeben ging die Sonne unter, zerfloss in ein rotgoldenes Wabern, das gleich erlöschen würde. Alebin sah ein paar Männer auf dem Dorfplatz. Sie schleppten Fackeln durch die Gegend; dick gewickelte Bollen auf stabilen Stöcken. Offenbar bereiteten sie sich auf die Nacht vor – das Dorf wollten sie sicher nicht in Brand stecken.
    Mir soll’s recht sein. Solange sie keine Kürbisse aushöhlen
… Lautlos lachend nahm der Elf den Bilderrahmen von der Wand. Das vergilbte Foto zeigte die Frontseite einer Kapelle, nur sie und kein anderes Gebäude. Sie konnte also überall gestanden haben. Auf ihrem Spitzdach war ein Kreuz angebracht, und Alebins Brauen hoben sich, als er es genauer betrachtete.
    »Dich kenne ich doch!«, murmelte er.
    Dann fiel es ihm ein. Das Kreuz dieser Kapelle … lag auf der Brücke über dem toten Bacharm.
    In der späten Abenddämmerung trat Alebin ans Fenster seines Zimmers, öffnete beide Flügel und legte ein Kissen auf die Fensterbank. Er hatte sich umgezogen, gut gegessen und ausgeruht. Nun wollte er noch ein bisschen nachdenken. Das hätte er auch tun können, ohne den kalten Wind hereinzulassen, der mit der aufkommenden Nacht durchs Moor strich, aber irgendwie reizte es ihn, das Fenster zu öffnen. Mummyville frönte seinem albernen Aberglauben und hatte sich hinter Schloss und Riegel versteckt, als ob das echte Besucher aus der Anderswelt aufhalten könnte. Da musste er einfach ein Zeichen setzen. Zeigen, dass er anders war.
    Alebin lachte lautlos. Wovor hätte er sich auch fürchten sollen? Etwa vor seinen eigenen Leuten? Schön, wenn der Getreue auftauchen würde, wäre das nicht allzu witzig. Und die Dunkle Königin … Das könnte kritisch werden. Aber

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