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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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um die Enge loszuwerden, die seine Kehle zuschnürte wie Gespensterfinger. Er gab sich einen Ruck.
    »So, das reicht jetzt!«, sagte er energisch, nahm die Hand seiner schönen Frau und setzte sich in Bewegung. »Wir verlassen diesen Ort, und zwar unverzüglich! Kann ja sein, dass den Höllenhunden kein Geist der Welt entwischt – aber wir schaffen das! Komm, Schatz!«
    Alebin kannte die Legenden über den Dozmary Pool nicht. Sie hätten den Elfen auch weniger beeindruckt als die furchtsamen Menschen mit ihrer Sterblichkeit und dem großen Wissensdefizit, was mystische Dinge betraf. Aber vor allem hatte Alebin gar keine Zeit, sich mit Geistern, Höllenhunden oder Ähnlichem zu befassen. Eben noch hatte er sich dem Seeufer genähert und nach einer geeigneten Stelle zum Niederknien gesucht, um seinen Durst zu löschen, und nun starrte er schreckensbleich auf eine dunkle Lawine, die hinter ihm den Pfad herunterkam.
    Attackeeee!
, schien der Leitbulle zu brüllen. Mit gesenktem Kopf, die Hörner auf den Elfen gerichtet, donnerte das schwere Tier heran. Seine Hufe zerrissen die Grasnarbe, ganze Klumpen flogen davon. Einige trafen die nachfolgenden Bullen, und Alebin sank das Herz, als sie mit Gebrüll darauf reagierten. Es klang gereizt – und nach Ärger.
Großem
Ärger.
    »Verdammt!«, fluchte der Elf, überrumpelt und erschrocken wie all die Touristen, denen am Dozmary Pool das Gleiche passiert war. Kein Mensch rechnete damit, dass von Haus aus träge Rindviecher ihre Weide verließen, um gezielt auf die Jagd zu gehen. Ob die kornischen Bullen wirklich angriffen oder nur ein bisschen Spaß haben wollten, würde allerdings stets ihr Geheimnis bleiben, denn niemand war bereit, es auszutesten.
    Auch Alebin nicht. Anders als die Touristen besaß er kein Auto, in das er flüchten konnte. So blieben ihm nur zwei Möglichkeiten, und er musste sich schnell entscheiden. Jeder Galoppsprung brachte die Bullen näher, und der fliegende Spuckeschaum des Leittiers landete schon in bedenklich geringem Abstand vor den Füßen des Elfen. Ein paar Meter noch.
    »Was mach ich bloß? Was mach ich bloß?« Gehetzt sah sich Alebin um. Der Weidezaun war nicht weit entfernt, ein Durchhechten zwischen den Stacheldrahtreihen wäre der schnellste Weg in sichere Gefilde – wenn es denn gelang. Es gehörte wenig dazu, an der Barriere hängen zu bleiben; insbesondere für Alebin, der vor lauter Schmerzen kaum in der Lage war, sich zu bewegen.
    Vier Meter.
    Der Leitbulle hielt die Hörner gesenkt, nahm sein Ziel aufs Korn. Häme glitzerte in seinen kleinen, listigen Augen, und Alebin schoss durch den Kopf, dass das angriffslustige Rindvieh eigentlich gar kein schlechter Verbündeter wäre. Den Gedanken verwarf er gleich wieder. Es gab eine Zeit für alles – die zum Nachdenken war gerade abgelaufen.
    Drei Meter.
    Alebin musste handeln, nun oder nie mehr. Und weil er mit seinen schweren Verletzungen nicht durch Stacheldraht kriechen wollte, blieb ihm nur eine Wahl: Er warf sich herum und rannte in den See. Schreiend, weil sein gepeinigter Körper auf die neuerlichen Qualen mit explodierendem Schmerz reagierte.
    Das Wasser war eiskalt. Alebin japste nach Luft, so stach ihn die Kälte, als er durch die flachen Uferwellen flitzte. Fort, nur fort von seinen Verfolgern. Wie ein Storch zog er beim Rennen die Füße hoch. Er schrie und fluchte. Hielt inne, um zu sehen, ob die Bullen endlich aufgegeben hatten. Doch das konnte er vergessen.
    Planschend kam das große Leittier in den See gestampft. Fontänen spritzten nach allen Seiten. Der Bulle wurde nicht einen Deut langsamer, verlor nicht das kleinste bisschen Angriffslust. Alebin seufzte, holte noch einmal tief Luft – und sprang. Hart schlug das Wasser über ihm zusammen.
    Anfangs tauchte der Elf freiwillig. Er musste allerdings zu viel Schwung gehabt haben, denn obwohl er es nicht wollte, begann er zu sinken. Und sank.
    Und sank.

2 Hinab in lichtlose Tiefen
    Es war, als hingen Bleigewichte an ihm. Alebin versuchte aufzutauchen, wehrte sich gegen die Schwere, die plötzlich in seinem Körper war und dort nicht hingehörte. Mit aller Macht schwamm er los. Selbst sein gebrochener Arm war gefordert, Schmerzen hin oder her. Aber es nützte nichts. Statt nach oben zu gelangen, sank der Elf immer weiter hinab.
    Seine Lungen brannten; er hatte das Gefühl, sie würden platzen, wenn er nicht endlich Luft bekam. Rote Kreise pulsierten vor seinen Augen, und sein Herz hämmerte wie besessen. Als wollte es

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