Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
die Unterlippe. „Ich will wissen, ob es sich immer so anfühlt, wenn man gefesselt wird.“
„Ob es sich wie was anfühlt?“, fragte der Host lauernd.
„So gut“, erwiderte Isabelle leiser als geplant.
„So gut oder so gut wie bei Toshi?“
„Ich will es einfach nur wissen“, erwiderte Isabelle kühl.
Kyo stand auf und holte aus seiner Tasche die Hanfseile, mit denen Isabelle ihn immer fesselte. „Zieh dich aus.“
„Kyo, ich vertraue dir nicht genug, um mich von dir fesseln zu lassen!“
Kyo trat auf sie zu und fasste Isabelles Arm. Er zog sie auf die Füße. „Meister Kamo wird dich nicht zu sich lassen. Man kommt nur auf Einladung in sein Haus. Und außer mir hast du niemanden, den du gut genug kennst, um dich fesseln zu lassen.“
Isabelle ging die Alternativen durch, aber so wie die Dinge standen, hatte Kyo recht. Der wickelte das Seil auf. „Also?“
Isabelle nickte nur. Sie zog sich, den Rücken Kyo zugewandt, aus und stellte sich dann so weit weg vom Fenster wie möglich. „Fang an“, wies sie Kyo an.
Er wählte eine einfache Fesselung. Ein Karada mit auf den Rücken gebundenen Händen. Isabelle spürte das angenehme Gefühl des Seils und der Fesselung. Aber die Erregung, die Ekstase, die sie bei Toshi verspürt hatte, stellte sich nicht ein. Es lag wohl doch nicht an den Zuschauern oder der Fesselung. Allein die Tatsache, dass Toshi es war, der sie hilflos machte, und dem sie sich auslieferte, reichte, um sie zu erregen. Das war es, was sie wollte.
Kyo hielt inne und sah sie an. „Es ist nicht dasselbe, nicht wahr?“
Isabelle nickte nur. Er trat hinter sie und löste die Handfesseln. In diesem Moment schlug eine Tür zu und beide fuhren herum. Dort stand Toshi und sah sie mit versteinerter Miene an.
Kyo trat einen Schritt von Isabelle zurück, als wäre sie gefährliches Sprengmaterial. Zum Glück hatte er die Knoten bereits gelöst, sodass Isabelle sich rasch von dem restlichen Seil befreien konnte. Sie nahm ihre Sachen und zog sich hastig an.
Toshi tat, als wäre nichts. Er ließ sich in einen Sessel sinken und wartete, bis Isabelle sich wieder angezogen und Kyo das Seil aufgerollt hatte. Isabelle fragte sich, warum sie das Gefühl hatte, Verrat begangen zu haben. Sie hatte nichts getan und selbst wenn – Toshi und sie waren nicht auf solche Weise verbunden, bei der er Grund zur Eifersucht gehabt hätte.
Stumm setzte sie sich auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. „Entschuldige, dass du warten musstest“, sagte sie und fragte sich, wo der unterschwellige Spott in ihrer Stimme herkam.
Kyo wirkte noch immer weitaus verlegener als sie und verneigte sich in Toshis Richtung. „Ich gehe besser“, verabschiedete er sich und verschwand, bevor Isabelle ihn aufhalten konnte.
„Ich sehe, du machst Fortschritte“, sagte Toshi neutral und deutete auf die Seile.
„Das habe ich dir bereits gesagt – ich werde jede deiner Anforderungen bestehen.“
„Das ist gut – bis zu unserem vereinbarten Termin dauert es nicht mehr lange. Du solltest in Form sein.“
„Deine Sorge um mich ist rührend.“
Toshi hob die Brauen und musterte Isabelle. Die erwiderte den Blick ruhig. „Ich dachte, einige letzte Tage Ruhe würden dir guttun. Ich fahre zurück nach Nikkō und wollte dich bitten, mich zu begleiten.“
„Ich habe tatsächlich eine Wahl?“
Toshi stand auf. „Die Limousine wartet vor der Tür“, sagte er und wartete gar nicht erst auf eine Erwiderung Isabelles, bevor er ging.
Die Fahrt nach Nikkō verlief schweigend. Isabelle wollte nicht reden und auch Toshi schien nicht in der Stimmung für Plaudereien zu sein. Am Gutshof in Nikkō wurde Isabelle von Hi begrüßt. Toshi verschwand nach einem kurzen Gruß, während Hi Isabelle zu ihrem alten Zimmer führte.
„Was habt ihr beiden gemacht? So frostig habe ich ihn selten erlebt“, fragte die Engländerin und sah Isabelle beim Auspacken zu.
Isabelle öffnete eine Truhe, um ihre wenigen Habseligkeiten zu verstauen. Hi griff in eine andere Truhe und holte einen Yukata mit grünem Bambusmuster heraus. Isabelle nahm ihn lächelnd. Die richtige Kleidung für den heißen Sommer in den Bergen.
„Ich habe mich von Kyo fesseln lassen, und Toshi hat uns dabei überrascht“, sagte sie, als wäre es etwas Alltägliches, während sie sich umzog. Hi lehnte an der offenen Schiebetür zum Garten und wartete darauf, dass Isabelle fertig wurde. „Sonst noch etwas?“
Isabelle drehte ihre langen Haare zusammen und steckte
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