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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Ross
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und an seiner Stelle erkannte Desiree jetzt den vertrauten Dialekt der Bayoubewohner wieder.
    Sie starrte zu dem Gesicht auf, das eine Kopie des Mannes war, den sie liebte, und erinnerte sich, dass Roman ihr erzählt hatte, er sei adoptiert worden. „Oh Gott!“, hauchte sie. „Sie sind sein Bruder!“
    „Sein Zwillingsbruder“, stimmte er mit einem boshaften Lächeln zu, das ihr so bedrohlich erschien wie die Klinge in seiner Hand. „Ich schätze, man könnte mich den bösen Zwilling nennen.“ Diesmal klang sein Lachen schrill und überzeugte Desiree endgültig, dass dieser Mann ein Geisteskranker war.
    „Ich verstehe nicht.“ Er musste noch den Seidenschal am Kopfteil des Betts befestigen. Desirees einzige Hoffnung war, ihn lange genug ablenken zu können, um zu fliehen. „Ich weiß, dass Roman adoptiert wurde, aber …“
    „Nicht nur Roman!“, schrie er und verließ das Bett, um wütend durch den Raum zu wandern, die Rose in der Faust. „Wir wurden beide von der
putain
, die uns zur Welt gebracht hat, zur Adoption freigegeben!“
    Durch ihre Jahre in europäischen Internaten verstand Desiree genug Französisch, um zu verstehen, dass er seine Mutter – und wenn man ihm glauben durfte, auch Romans Mutter – als Hure bezeichnet hatte.
    „Das tut mir leid“, murmelte sie.
    „Leid?“ Er wirbelte herum und hieb mit der Faust gegen die Wand über dem Bett. Sein Gesicht war zu der scheußlichsten Grimasse verzerrt, die Desiree je gesehen hatte. In diesem Augenblick sah er Roman überhaupt nicht ähnlich. „Wer bist du schon, um mich zu bemitleiden? Auch du bist nichts als eine Hure, die ihre Beine für jeden Mann spreizt, der vorbeikommt.“
    Wieder holte er aus, und diesmal traf seine Faust ihre Wange, so hart, dass sie Sterne sah.
    Tränen schossen ihr in die Augen, aber Desiree drängte sie zurück. „Ich bin nicht Ihre Mutter“, sagte sie und hoffte, mit ihm reden zu können, bis Roman zurückkehrte. Wie lange brauchte man für den Kauf einer Schokoladentorte?
    „Du bist genau wie sie.“ Er hatte seine unruhige Wanderung wieder aufgenommen. „Ich habe dich beobachtet.“ Als er neben dem Bett stehen blieb und hasserfüllt auf sie herabstarrte, wusste sie nur allzu gut, was Tabhitha Sue Jackson und all die anderen Frauen empfunden hatten, als sie begriffen, welcher Fehler es gewesen war, mit diesem Mann zu gehen. „Ich habe dich mit dem Bullen gesehen dort draußen, und du hattest nichts als diesen Morgenrock an.“
    Er riss ihn auf und entblößte sie seinem funkelnden, wahnsinnigen Blick. „Du hattest dich kaum mit dem einen im Bett gewälzt, da machtest du schon wieder den nächsten an.“ Er warf eine Handvoll zerdrückter, dunkelroter Blütenblätter auf ihren Körper.
    „Es tut mir aufrichtig leid, was Ihnen zugestoßen ist“, begann Desiree, „aber …“
    „Ich will dein verfluchtes Mitleid nicht!“, brüllte er und schlug von Neuem zu, und der Raum verschwamm vor ihren Augen.
    Er begann einen Schwall von Obszönitäten auszustoßen, unterbrochen von einem langen, wirren Monolog darüber, wie böse das Schicksal ihm mitgespielt hatte. Wie Roman zu einer reichen Familie gekommen war, die ihm alles gegeben hatte, während er an einen brutalen, versoffenen Zuckerrohrpflanzer verkauft worden war, der nur eine weitere Arbeitskraft suchte und ihn von morgens bis abends schuften ließ.
    Es sei nicht fair, brüllte er. Aber jetzt werde er die Sache ausgleichen. Ein für alle Mal.
    „Ich werde dich nehmen,
chérie
. So wie du es magst, hart und brutal, bis du dir deine hübsche Kehle wund schreist. Und wenn ich mit dir fertig bin, wirst du einsehen, dass ich besser bin, als Roman Falconer es je sein könnte. Und dann muss ich dich leider umbringen, damit mein reicher, berühmter Bruder für den Mord an dir gehängt wird. Und für den Mord an all den anderen Huren.“
    Seine Stimme, so laut sie war, klang, als käme sie von weit, weit her. Desiree kämpfte, um nicht das Bewusstsein zu verlieren, obwohl sie spürte, wie sie der Finsternis allmählich nachgab. Sie war schon im Begriff zu resignieren, als sie plötzlich der Gedanke an das Kind durchzuckte, das sie vielleicht schon mit Roman gezeugt hatte. Wider, aller Vernunft, begann sie sich zu wehren. Um sich selbst zu retten, aber vor allem, um ihr ungeborenes Kind am Leben zu erhalten.
    Der Vergewaltiger war wieder am Bett, kniete über ihr und fesselte sie an das schmiedeeiserne Kopfteil. Mit einem gellenden Schrei stieß Desiree ihr

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