Seifenblasen kuesst man nicht
Schreibtischschublade auf und begann, darin herumzuwühlen. Währenddessen griff sich Laura ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber und probierte, Caspers Schrift zu imitieren.
»Jetzt sag schon. Wo warst du die ganze Zeit, nachdem dich dieser braun gebrannte Ami abgeschleppt hat?«, fragte sie. Die Fahrt über hatte sie versucht, mehr aus Coralie herauszubekommen, aber die hatte nur sehr wortkarge Antworten gegeben.
»Bei Davids Sponsoren. Chesnut Productions. Die sind in die Formel 1 eingestiegen und wollen sich beim Experience Day auf dem Lausitzring den besten Nachwuchs sichern.«
»Und dazu gehört David?« Kiss kiss kiss , schrieb Laura, aber sie bekam den rechten Schwung nicht hin.
»Dazu hätte er gehört, wenn er letztes Jahr nicht so viel Mist gebaut hätte. â Hier.« Sie reichte ihrer Freundin einen dicken schwarzen Filzstift, den diese stirnrunzelnd musterte.
»Ich weià nicht, ob der die richtige GröÃe hat.«
»Dann schreib drüber.«
»Und das Ding verhunzen? Ich hab nur die eine. Habt ihr keinen Kopierer? Dann könnten wir besser üben.«
»In der Werkstatt. Aber â¦Â«
Laura lieà den Stift sinken. »Okay. Ich weiÃ, es ist spät. Und morgen â na ja, genauer gesagt heute, ist Freitag. Du musst arbeiten und wir beide müssen in die Schule. Wenigstens, um unsere Zeugnisse abzuholen. Das ist die letzte Chance. Für diese Kröte und für mich. Wenn sie heute ihr Autogramm nicht kriegt, verpfeift sie mich bei Jimi. Dann kann ich nur noch auswandern oder die Schule wechseln.«
»Sag mal ⦠Nur mal angenommen ⦠Einfach mal rumgesponnen: Was wäre, wenn sie es Jimi erzählt und er ist tatsächlich in dich verschossen?«
Laura riss die Augen auf. »Nie. Niemals! Das wäre ⦠Uuuuuh!«
»Pst!«, zischte Coralie. Sie öffnete so leise wie möglich die Tür und lauschte hinaus. Alles war ruhig. »Komm. Wir gehen runter.«
»Danke!«, flüsterte Laura. Sie raffte ihre Sachen zusammen und folgte Coralie in den Flur. Mit dem Schlüssel für die Werkstatt schlichen sie hinunter und über den Hof. Vor dem Tor betete Coralie, dass ihr Vater die Zargen geölt hatte. Hatte er nicht. Das rostige verzogene Eisen quietschte und machte einen Höllenlärm. Sie wagte nicht, Licht zu machen. Was, wenn Marion und René aufwachten und glaubten, Einbrecher wären in Mansurs Werkstatt eingedrungen, um ⦠Ratlos kniff sie die Augen zusammen und versuchte, etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Um wertlose Schrottkarren zu stehlen?
Hinter ihr fiel ein Wagenheber scheppernd zu Boden.
»Entschuldigung!« Laura versuchte, das Teil aufzuheben, und lieà es gleich noch mal hinfallen.
»Machst du das mit Absicht?«, fragte Coralie ebenso leise wie wütend.
»Natürlich nicht! Aber hier ist alles so vollgestellt ⦠Mach doch Licht. Das fällt weniger auf, als wenn wir hier sämtliche Blechkanister umwerfen.«
Mit einem Seufzen tastete Coralie nach dem Schalter. Das Neonlicht flackerte auf und tauchte die Werkstatt in gleiÃende Helligkeit. Keine gute Idee, aber jetzt war es sowieso zu spät. »Komm.« Sie schlängelte sich an zwei rostigen Karossen vorbei, an denen René gerade schraubte.
Am Ende des Raums lag das Büro. Neben der Tür war ein Fenster eingelassen, durch das man in die Werkstatt sehen konnte. Drinnen befanden sich ein Schreibtisch, dahinter die Regale mit den Auftrags- und Rechnungsordnern, ein Stahlschrank, der immer offen stand, das Telefon, ein altersschwacher Computer mit einem museumsreifen Monitor, der merkwürdige Geräusche machte, sobald er warmgelaufen war, und â der Kopierer. Es war ein einfaches Modell, mit dem man auch Scannen, Drucken und Faxen konnte.
Coralie schaltete das Gerät ein und wartete darauf, dass es betriebsbereit wurde. Dann kümmerte sie sich um die alte Filterkaffeemaschine. Ins Bett würde sie in dieser Nacht sowieso nicht mehr kommen. Mit der Glaskanne ging sie zum Waschbecken neben der Tür.
»Mensch. All die alten Siegerkränze.«
Laura deutete auf die Trophäen. Sie hingen ziemlich nachlässig an der Wand über dem Fenster. Völlig verstaubt und vertrocknet. Coralie hatte sie nie richtig wahrgenommen â vielleicht weil ihr Vater sie so unwichtig nahm.
»Grand Prix Monte Carlo.« Laura legte den Kopf schief, um die Schrift auf der
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