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Seifenblasen kuesst man nicht

Seifenblasen kuesst man nicht

Titel: Seifenblasen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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hat. Und David stand dabei und glaubte ihm auch noch jedes Wort.«
    Â»Echt?«
    Â»Er hat uns so beleidigt. Thomas Rumer behauptet, mein Vater wäre schuld, dass er im Rollstuhl sitzt. Wahrscheinlich glaubt er das mittlerweile wirklich.«
    Â»Weil alles andere ein Schuldeingeständnis wäre. Wie lange ist das her?«
    Â»Zehn Jahre.«
    Die Tür zur Cafeteria wurde geöffnet. Eine Frau mittleren Alters mit rot geweinten Augen trat ein und kam auf sie zu.
    Laura stand auf. »Frau König? Ist was passiert?«
    Â»Nein, er schläft. Immer noch. Wir hoffen so sehr, dass er irgendwann aufwacht.« Sie reichte Coralie die Hand. »Sie sind Lauras Freundin, nicht wahr? Ich wollte mich für Ihre Hilfe bedanken. Ohne Sie …«
    Â»Schon gut«, murmelte Coralie. Der Anblick und die Verfassung der Frau, die offenbar Jaspers Mutter war, schockierte sie.
    Â»Wenn Sie möchten, Sie können gerne zu ihm. Jederzeit. Sein Zustand ist stabil. Aber …«
    Sie fing an zu weinen. Laura half ihr, sich zu setzen.
    Â»Ich weiß«, sagte Coralie. »Ich weiß und es tut mir so unendlich leid.«
    Frau König holte ein Papiertuch aus ihrer Tasche und wischte sich damit über die Augen. »Dieses Mädchen, von dem er erzählt hat. Diese Jasmin … Sie haben nichts von ihr gehört?«
    Â»Nein«, sagte Coralie. Sie konnte der Frau unmöglich sagen, dass Jasmin wohl gerade die Abendmaschine von London nach Paris bestiegen hatte. »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    Â»Nein, danke. Ich wollte nur einen Kaffee trinken, bevor ich wieder zu ihm gehe.«
    Â»Lassen Sie sich Zeit«, sagte Laura. »Wir sehen mal nach ihm.«
    Â»Danke«, flüsterte die Frau.
    Sie sank auf dem Stuhl zusammen. Das Bild grub sich tief in Coralies Herz und begleitete sie hinauf in den dritten Stock bis zur Intensivstation.
    Jasper war bleich. Sogar im Schlaf sahen seine Züge angestrengt aus. Er trug einen dicken Kopfverband und eine Atemmaske. Das Piepsen und Keuchen der Maschinen um ihn herum verstärkten den unwirklichen Eindruck. Coralies Herz zog sich zusammen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie das war, wenn man nie wieder sehen konnt e. Und noch weniger, dass Jasper vielleicht nie wieder aufwachen würde.
    Schweigend saßen sie nebeneinander. Mit den grünen Kitteln und den Haarnetzen und Überschuhen aus blauem Plastik sahen sie aus wie Komparsen einer Krankenhaus-Soap. Nur dass das hier bitterer Ernst war. Ab und zu huschte eine Krankenschwester herein, kontrollierte die Apparate und nickte ihnen freundlich zu. Später kam Frau König, und obwohl es eigentlich nicht erlaubt war, zu dritt bei dem Patienten zu wachen, durften sie bleiben.
    Â»Er hatte immer nur seine Musik im Kopf«, flüsterte Frau König. Vielleicht hatte sie Angst, Jasper aufzuwecken. Obwohl sie das alles so sehr wünschten. »Er war viel allein. Ich wusste gar nicht, dass er zwei so nette Freundinnen hat.«
    Laura und Coralie wechselten einen schnellen Blick und schwiegen. Sie wollten der Frau das Herz nicht noch schwerer machen. Wie sollten sie in so einer Situation erzählen, dass auch sie den blassen Jungen so gut wie gar nicht kannten? Dass es Zufall war, dass sie ausgerechnet in diesem schrecklichen Moment bei ihm gewesen waren?
    Irgendwann ging Coralie hinaus und rief ihre Eltern an, um ihnen zu sagen, dass sie die Nacht im Krankenhaus bleiben würde. Ihr Vater nahm das Gespräch in der Werkstatt an.
    Â»Ist alles in Ordnung?«, fragte er. »Wo bist du denn? Du klingst so merkwürdig.«
    Â»Ich … ähm, ich bin bei einem Typ im Krankenhaus. Er wurde operiert und es sieht nicht gut aus.«
    Â»Das tut mir sehr leid. Sollte ich den jungen Mann kennen?«
    Â»Nein, ich kenne ihn selbst kaum. Aber er ist quasi vor unseren Augen an der S-Bahn zusammengebrochen. Und da mussten wir uns doch kümmern.«
    Â»Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt, sagt der Talmud.«
    Coralie lächelte. »Ich würde das nicht so hoch hängen. Es ist einfach selbstverständlich.«
    Â»Dafür liebe ich dich, meine Tochter.«
    Â»Und ich dich dafür, dass du mir das beigebracht hast.«
    Sie beendete das Gespräch und dachte, egal, was schiefgelaufen ist, ich habe Eltern, die mich mehr gelehrt haben als Lügen, Betrügen und andere für eigene Zwecke zu benutzen.
    Der Klang hoher Absätze auf hartem Linoleum

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