Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
»Glauben Sie tatsächlich, bislang hatte sie keine Ahnung?«
»Nein, ich glaube, sie hat durchaus etwas geahnt. Bestimmt, was Jinky und Dec betrifft. Das wollte sie mir vermutlich mitteilen. Aber sie stand praktisch ganz allein damit da, und in einem fremden Land wusste sie nicht, wie sie es anstellen sollte.«
»Wir sind doch ziemlich sicher, dass Rogan nichts mit den Morden an all diesen Jungen in den Staaten zu tun hat, ja? Obwohl ich sagen würde, er hat zumindest eine Tote auf dem Gewissen – er hat die Seele von Frances Coia getötet, und zwar schon vor zwanzig Jahren.«
Costello nickte. »Aber er wusste über Jinky und Dec Bescheid; da würde ich jede Wette eingehen. Niemand ist so blind wie die, die nicht sehen wollen. Und ich wette außerdem, die beiden anderen wussten, dass er Frances die Songs gestohlen und das große Geld damit gemacht hat. Und vielleicht auch, dass er sie windelweich geprügelt hat. Drei fiese Arschlöcher, die wirklich gut zusammenpassen. Aber ich werde es denen schon zeigen.« Costello verzog das Gesicht. »Ich werde es ihnen zeigen.«
O’Hare blickte sie an und zweifelte nicht daran.
»Na ja, es scheint ja, als würde die Gerechtigkeit am Ende doch noch siegen«, sagte er. Dann sah er auf seine Uhr. »Costello, warum sitzen wir hier rum? In diesem Foyer ist es ausgesprochen bequem. Ich werde hier gleich einschlafen.«
»Gut, Prof«, sagte Costello und sprang auf. »Gehen wir feiern.«
Sowohl Anderson als auch Mulholland fuhren bei dem Rums zusammen; es hatte so heftig gekracht, als hätte etwas ihren Wagen getroffen.
»Was zum Teufel war das?«, fragte Mulholland.
Anderson unterbrach das Telefongespräch mit Costello, sah sich um und langte nach dem Türgriff. Innerhalb der nächsten Sekunde waren die beiden Männer aus dem Wagen und liefen los. Die beiden rauchenden Krankenschwestern rannten ihnen hinterher.
»Mein Gott!«, sagte Anderson. Den Audi hatte es in der Seite erwischt und auf eine mit Gras bewachsene Kuppe auf dem Parkplatz geschoben. Die Kühlerhaube des Corsa war zusammengedrückt, und eine schlaffe, blutige Gestalt war in dem Wrack eingeklemmt. Anderson sprang auf die Haube des Audi, um dem Verletzten zu helfen. Er erkannte Douglas Munro und beugte sich über die Windschutzscheibe hinein, um ihm den Kopf zu stützen, indem er sein Gesicht in die Hände nahm.
»Alles in Ordnung, Mann, alles in Ordnung«, log er. Munros Kopf fiel zur Seite, als er etwas sagen wollte, und feine Linien schaumigen Blutes rannen ihm aus den Mundwinkeln. Anderson bemühte sich, ihn stillzuhalten, als plötzlich eine Sauerstoffmaske auftauchte. Munro wurde unruhig und wich dem Sauerstoff aus, der ihm vielleicht das Leben retten konnte. Seine Augen waren wild verdreht, und er versuchte wieder zu sprechen.
»Ganz still, ganz still«, redete Anderson wieder und wieder auf ihn ein. »Atmen Sie einfach – genau so … Alles wird gut.«
Mulholland lief zum Corsa. Hinter dem Steuer saß eine blonde Frau mit blutüberströmtem Gesicht. Er hörte, wie Anderson den anderen Verletzten bedrängte, sich mit Sauerstoff versorgen zu lassen, und ihm versicherte, Hilfe sei unterwegs. Plötzlich blitzten Lichter in der Dunkelheit auf und Sirenen gellten, als zwei Krankenwagen über den Parkplatz rasten. Doch selbst inmitten dieses Lärms hörte Vik, wie Munro, der in seinem Audi eingeklemmt war, verzweifelt versuchte, etwas zu sagen, als ihm die Sauerstoffmaske über das Gesicht gezogen wurde.
Instinktiv versuchte Vik, die Fahrertür des Corsa zu öffnen, aber die hatte sich hoffnungslos verklemmt. Er rannte auf die andere Seite und stieg auf den Beifahrersitz. Der Motor war aus den Halterungen gerissen worden. Er bemühte sich, nicht auf den Brei zu achten, der von den Beinen der Frau geblieben war. Sie atmete und war sogar noch bei Bewusstsein, wenn auch nur so gerade eben.
»Alles in Ordnung, alles in Ordnung«, sagte er, griff nach ihrer Hand und tastete nach dem Puls. Die Frau gurgelte, und er zog ihr das blutige Haar aus dem Gesicht. Er hatte sie schon einmal gesehen, erinnerte sich jedoch nicht mehr, wo oder wann. Nun überprüfte er ihre Atemwege. Sie murmelte etwas Unverständliches.
»Das ist richtig – reden Sie mit mir. Reden Sie einfach immer weiter.« Durch die Windschutzscheibe sah er die Bemühungen der anderen Anwesenden, den Fahrer des Audi zu bergen. Eine Krankenschwester lag auf dem Wagendach und versuchte, ihm eine Infusion anzulegen.
Draußen herrschte Lärm,
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