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Sein erster Fall

Sein erster Fall

Titel: Sein erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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sehr froh, daß Sie da sind, Mr. Lam«, sagte sie mit nervösem Lachen, »es ist von allergrößter Wichtigkeit, daß wir Morgan sogleich finden. Sie werden sicher verstehen, warum -kommen Sie doch bitte ’rein.«
    Ich trat beiseite und ließ Alma Hunter vorausgehen. Es war ein großer Raum mit dunklen Balken an der Decke, schweren Vorhängen an den Fenstern und dicken Teppichen auf dem Fußboden. Bequeme Sessel standen herum, Zigaretten und Aschenbecher waren überall in erreichbarer Nähe.
    »Archie ist hier«, sagte Sandra Birks. »Zum Glück konnte ich ihn gleich erreichen; ich glaube, du kennst Archie noch gar nicht, wie?«
    »Archie?« wiederholte Alma in fragendem Ton.
    »Archie Holoman. Du weißt doch, Dr. Holoman. Er machte sein Staatsexamen, als ich heiratete. Er absolviert jetzt sein Praktikantenjahr und darf eigentlich keine Privatfälle behandeln, aber bei Bleatie ist das natürlich was anderes, es bleibt ja in der Familie.«
    An der Art, wie Alma lächelte und nickte, sah ich, daß sie nie von Archie gehört hatte; Sandra konnte anscheinend intime Freunde produzieren wie ein Zauberer Kaninchen aus seinem Hut.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz«, sagte Sandra Birks, »ich will mal nachsehen, ob Bleatie überhaupt sprechen kann. Es war einfach grauenhaft! Dieser Wagen kam um die Ecke gefegt und hatte mich schon gerammt, ehe ich überhaupt etwas tun konnte. Bleatie schwört, der Fahrer habe das absichtlich getan. Es war ein schwerer, alter Wagen, und er ist entkommen. Ich hielt krampfhaft das Steuer fest, Bleatie sauste nach vorn direkt durch die Windschutzscheibe. Der Arzt sagt, das Nasenbein ist gebrochen. Das wußte ich noch nicht, als ich dich anrief, Alma... Aber setzen Sie sich doch, bitte, Mr. Lam. Suchen Sie sich einen bequemen Stuhl aus, machen Sie sich’s gemütlich, und nehmen Sie ’ne Zigarette. Ich möchte einen Moment mit Alma reden.«
    Ich ließ mich in einen Sessel fallen, legte meine Füße auf eine Couch, zündete mir eine Zigarette an und blies Ringe gegen die Decke. Bertha Cool kriegte ja zwanzig Dollar pro Tag, und mein Magen war gefüllt.
    Vom Schlafzimmer her hörte ich, wie jemand sich bewegte, dann murmelte eine männliche Stimme, schließlich folgte ein kurzer, scharfer Laut, als würde ein Heftpflaster in Stücke gerissen. Ich hörte, daß Sandra Birks mit leiser, monotoner Stimme hastig etwas flüsterte; hin und wieder unterbrach Alma Hunter sie mit einer Frage. Nach einiger Zeit kamen sie zurück, und Mrs. Birks sagte: »Würden Sie jetzt bitte mit meinem Bruder sprechen?«
    Ich drückte meine Zigarette aus und folgte den beiden ins Schlafzimmer. Ein junger Mann mit einem merkwürdig dreieckigen Gesicht, breiter Stirn und fliehendem Kinn war damit beschäftigt, in fachmännischer Weise einen Verband anzulegen. Das Opfer lag auf dem Bett und fluchte mehrmals leise vor sich hin. Seine Nase war geschient und bandagiert. Das lange schwarze Haar war in der Mitte gescheitelt und fiel nach beiden Seiten über seine niedrige Stirn. Auf dem Kopf hatte er eine kahle Stelle, etwa fünf Zentimeter im Durchmesser. Die Pflasterstreifen verliefen strahlenförmig vom Nasenverband aus nach oben, und es sah aus, als lauerten seine Augen hinter einem großen Spinnennetz hervor.
    Der Leib des Mannes war schwerer, als man seinem Gesicht nach vermutet hätte, ein beträchtlicher Bauch wölbte sich unter der Weste; die Hände waren klein, mit langen, schmal zulaufenden Fingern. Ich hielt ihn für etwa fünf oder sechs Jahre älter als seine Schwester.
    »Das ist der Mann, der Morgan die Papiere zustellen soll, Bleatie«, sagte Sandra.
    Er blickte mich in unangenehm durchbohrender Weise aus katzengrünen Augen von beiden Seiten des schnabelartigen Nasenverbandes an.
    »Verdammte Schweinerei!« ließ er sich vernehmen. Dann fragte er: »Wie ist der Name?«
    »Donald Lam«, stellte ich mich vor.
    »Ich möchte mit Ihnen reden.«
    »Nun tu’s aber auch, bitte«, warf Sandra ein. »Du weißt, jede Minute ist kostbar. Morgan kann jeden Moment über die Grenze gehen.«
    »Ohne mein Wissen wird er das Land nicht verlassen«, antwortete Bleatie. »Was ist nun, Doktor? Sind Sie endlich fertig?«
    Der junge Arzt neigte den Kopf zur Seite wie ein Bildhauer, der sein Meisterwerk noch einmal überprüft.
    »So wird’s gehen«, sagte er, »aber bitte keine Aufregung, nichts, was den Blutdruck erhöhen und womöglich zu einem Blutsturz führen könnte. Die nächsten drei oder vier Tage nehmen Sie ein leichtes

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