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Sein erster Fall

Sein erster Fall

Titel: Sein erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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die Radiomeldungen darin an. Er machte sich Notizen, als ich aus dem Haus trat, und warf mir einen prüfenden Blick zu. Aber das Radio plärrte gerade den Steckbrief eines Mannes, der aus irgendeinem Grunde gesucht wurde, und so ließ er mich passieren.
    Ich bemühte mich, möglichst unbeteiligt bis zur nächsten Ecke zu schlendern, und trat ein- oder zweimal an den Straßenrand, als hielte ich nach einer Taxe Ausschau. Hinter mir hörte ich das Plärren des Polizeifunks und eine näselnde, monotone Stimme: »... etwa siebenunddreißig oder achtunddreißig, Größe ein Meter fünfundachtzig, hundertachtzig Pfund, trägt grauen Filzhut mit breiter schwarzer Krempe... Hemd... Krawatte rot gepunktet. Zuletzt gesehen, als er vom Tatort fortrannte...«
    Ich bog um die Ecke. Ein Taxi kam in Sicht, ich winkte ihm.
    »Wohin?« fragte der Fahrer.
    »Immer geradeaus«, antwortete ich, »bis ich Ihnen Bescheid sage.«
    Wir waren schon ein ganzes Stück gefahren, als mir plötzlich einfiel, daß ich ja nicht einen Cent bei mir hatte. Bis zu Bertha Cools Wohnung würde es etwa fünfundsechzig Cent kosten, rechnete ich. Ich gab ihm die Adresse und ließ mich in die Polster zurücksinken.
    »Warten Sie hier«, sagte ich, als ich ausstieg. Ich ging zur Haustür und suchte Bertha Cools Namen auf dem Klingelschild. Dann drückte ich auf den Knopf. Ich war auf einige peinliche Augenblicke gefaßt, sollte Bertha Cool etwa nicht zu Hause sein.
    Zu meiner Erleichterung ertönte aber fast augenblicklich der Summer. Ich drückte gegen die Tür und betrat den dunklen Hausflur. Ich tastete mich vor, fand einen Lichtschalter und entdeckte den Lift. Bertha Cool wohnte im fünften Stock, ich fand ihre Wohnungstür ohne Schwierigkeit. Das Licht brannte, ich klopfte, und sie öffnete selbst. Ihr Haar, vom Schlafen noch zerwühlt, hing ihr in Strähnen um das Gesicht. Ihr Gesicht wirkte aufgedunsen, aber über den prallen Fettpolstern blitzten mir ihre Augen wie harte, kalte Brillanten entgegen. Sie hatte einen seidenen Morgenrock um, dessen Ausschnitt die Wölbung ihres massigen Halses und einen Teil ihres gewaltigen Busens erkennen ließ.
    »Fein sehen Sie aus«, begrüßte sie mich. »Wer hat Sie denn so zugerichtet? Kommen Sie ’rein.«
    Sie schloß hinter mir die Tür. Es war eine Zweizimmerwohnung mit einer kleinen Küche hinter dem Wohnzimmer. Die Schlafzimmertür stand halb offen, man konnte das Bett sehen, die Bettdecke war zurückgeworfen, am Kopfende stand ein Tischchen mit einem Telefon darauf. Von einer Stuhllehne baumelten ein Paar Strümpfe, und ein undefinierbarer Haufen von Kleidungsstücken war auf ihr hängengeblieben, der wohl auf einem anderen Stuhl hatte landen sollen. Die Luft im Wohnzimmer war dick, es stank nach kaltem Tabakrauch. Bertha ging zum Fenster und riß es auf, dann blickte sie mich scharf an und sagte: »Was ist los? Vom Lastwagen überfahren worden?«
    »Ein paar Schweinehunde haben mich verprügelt, und außerdem hat mich die Polizei ’rumgestoßen«, antwortete ich.
    »Was-Sie nicht sagen!«
    »Jawohl!«
    »Schön. Warten Sie, bis ich meine Zigaretten gefunden habe. Wo sind denn die verdammten Biester? Als ich ins Bett ging, hatte ich doch noch ein ganzes Päckchen voll.«
    »Da nebenan liegen sie, auf dem Sessel am Bett«, sagte ich.
    Sie sah mich scharf an und meinte: »Sie wissen hier ja schon ganz gut Bescheid, mein Herr.«
    Dann ließ sie sich in einen schweren Polstersessel fallen und fuhr gelassen fort: »Gehn Sie mal eben ’rein, und holen Sie sie mir, Donald, aber quasseln Sie nicht eher los, als bis ich ein paar anständige Züge intus habe.«
    Ich holte die Zigaretten, gab ihr Feuer, und als sie dann auf einen Fußschemel deutete, schob ich ihn heran. Sie nahm die Füße hoch, schlenkerte ihre Pantoffeln weg, räkelte sich so lange hin und her, bis sie endlich bequem saß, lehnte sich behaglich zurück und sagte: »Also, nun los.«
    Ich erzählte ihr alles, was ich wußte.
    »Warum haben Sie mich nicht angerufen, ehe Sie zu Bett gingen? Sie hätten mir gleich Bescheid geben müssen.«
    »Aber da lebte er ja noch«, erwiderte ich, »ich habe den Anruf doch erst...«
    »Ach was, der Mord«, unterbrach sie mich, »der interessiert mich überhaupt nicht, damit soll sich die Polizei amüsieren. Nein, diese andere Sache mit den Kerls, die Sie entführt haben und die gern mit Morgan Birks Verbindung haben wollten, die scheint mir äußerst lukrativ auszusehen. Da haben Sie sich was entgehen lassen.

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