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Sein erster Fall

Sein erster Fall

Titel: Sein erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Morgenrock... Muß ich wohl... Ich erinnere mich zwar nicht dran, aber ich hatte ihn überm Arm, als ich aus dem Zimmer war.«
    »Du bist also ins Nebenzimmer gelaufen.«
    »Ja, und von da auf den Korridor.«
    »Dann ist er womöglich noch dort, wenn es ihm nicht gelungen ist, durchs Fenster zu entkommen. Nicht sehr wahrscheinlich, daß du ihn getroffen hast.«
    »Aber ich habe ihn bestimmt getroffen«, meinte sie, »ich hörte einen fürchterlichen Schlag, als wäre jemand von einer Kugel getroffen worden — und dann fiel auch jemand hin.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil ich’s gehört habe.«
    »Und hast du danach gehört, ob er sich bewegt hat?«
    »Ich glaube, ja. Irgendwas habe ich gehört. Und dann verlor ich den Kopf. Ich stürzte hinaus auf den Korridor und rannte, so schnell ich konnte, zum Aufzug. Die Tür schnappte hinter mir ins Schloß. Ich blieb einen Augenblick im Aufzug, und dann erst wurde mir klar, wie sehr ich in der Klemme saß. Guck, ich habe nicht mal Pantoffeln an.«
    Ich sah auf ihre lackierten Zehennägel hinunter und sagte: »Wir werden doch den Hausmeister holen müssen. Keine Angst, Alma. Wahrscheinlich war’s ein Einbrecher, jemand, der es auf Schriftstücke von Morgan Birks abgesehen hatte oder vielleicht auch dachte, er hätte Geld versteckt. Wo war übrigens Sandra die ganze Zeit?«
    »Ausgegangen.«
    »Und Bleatie?«
    »Keine Ahnung. Im Bett, nehme ich an, im anderen Zimmer.«
    »Hat er den Schuß nicht gehört?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Hör mal, Alma, hältst du es für möglich, daß es vielleicht Bleatie war?«
    »Was hätte der denn in meinem Zimmer zu suchen?« fragte sie.
    Darauf wußte ich keine Antwort, die ich gern ausgesprochen hätte, und so sagte ich: »Wir wollen erst mal den Hausverwalter suchen und...« Hier brach ich ab und schob sie flink in die
    Telefonzelle, weil draußen ein großer Wagen vorfuhr. »Es kommt jemand«, sagte ich. »Vielleicht kann ich ein Geldstück schnorren und die Polizei anrufen. Das wäre mir lieber, als den Hausmeister zu benachrichtigen.«
    »Ich habe noch Geld im Portemonnaie, wenn wir nur die Wohnungstür aufkriegten«, sagte Alma.
    »Wollen erst mal sehen, wer das hier ist.«
    Ich sah undeutlich die Gestalt des Mannes am Steuer eines schweren Wagens. Ein Mädchen befand sich bei ihm, und sie zerdrückte ihn fast, als sie ihm gute Nacht sagte. Er stieg nicht erst aus, um die Wagentür für sie zu öffnen und sie ins Haus zu bringen, sondern sobald sie sich endlich losgerissen hatte und ausgestiegen war, fuhr er wieder weiter und verschwand im Dunkel der Nacht. Ich ging zur Tür und blieb stehen. Die Frau nahm einen Hausschlüssel aus ihrer Handtasche, und als sie auf die Tür zukam, erkannte ich sie: Es war Sandra Birks. Ich ging zur Telefonzelle zurück.
    »Da kommt Sandra«, sagte ich, »dann kannst du mit ihr ’raufgehn. Aber sag, mal, Alma, wie kommt es eigentlich, daß niemand einen Schuß gehört hat?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Sandra kam herein, mit raschen, kurzen und entschlossenen Schritten. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen leuchteten, irgend etwas beflügelte sie. Ich trat hinter dem Pult hervor und sagte: »Einen Augenblick mal.«
    Sie stockte und hielt den Atem an. Dann sah sie Alma und starrte diese an in ihrem Morgenrock, im Pyjama und barfuß.
    »Was ist denn passiert?« fragte sie.
    »Wenn Sie mir eine Münze geben können«, sagte ich, »dann rufen wir die Polizei an. Alma hat in Ihrer Wohnung auf jemanden geschossen.«
    »Auf wen denn?«
    »Einbrecher«, sagte Alma schnell.
    »Derselbe, der...« Sandra brach ab und sah nach Almas Kehle.
    Alma nickte. »Ich glaube.«
    »Woher kam die Waffe?«
    Ich wollte gerade sagen >von mir<, als Alma mir zuvorkam. »Meine, ich habe sie aus Kansas City mitgebracht, sie war in meinem Koffer.«
    »Gehen wir doch lieber nach oben und sehen uns die Geschichte mal an«, schlug Sandra vor.
    »Kommt nicht in Frage«, unterbrach ich sie. »Es ist schon genug Zeit verlorengegangen. Wir rufen die Polizei.«
    »Was? Und Sie haben kein Geld bei sich?« fragte Sandra.
    Ich sah ihr in die Augen. »Nein«, antwortete ich.
    Dann öffnete sie ihre Tasche, nahm eine Münze heraus und gab sie mir. Ich ging wieder zur Telefonzelle, Sandra und Alma blieben beim Lift stehen und sprachen leise miteinander. In dem Augenblick ertönte ganz in der Nähe das langgezogene Sirenengeheul eines Polizeiwagens. Ich hatte gerade den Hörer abgenommen, als der Streifenwagen vor der Tür hielt.

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