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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Ewigkeit gekocht, wenn er von dem, was unweigerlich auf ihn zukam, verschont bliebe.
    »Antipasti? Eine Platte für zwei? Einen ganz frischen Meeresfrüchtesalat? Tintenfisch in eigener Tinte?« Brunner schaute hilflos von einem zum andern. »Fisch habe ich noch, Seeteufel und Zander, Rheinaal   – eine Lachsforelle?« Er sprach immer schneller. »Wild, ja Wild könnte ich euch machen, Hirschrücken, in einen Nero d’Avola eingelegt, mit Spätzle oder Pasta, habe ich alles selbst gemacht. Kalb habe ich auch noch, vom Biobauern, und Rindsmedaillons,Ravioli, meine eigenen, die sind allerdings von gestern, aber die besten, die ihr je gegessen habt, so gute   …«
    Hilflos starrte er die späten Gäste an, die ihm interessiert zuhörten und ihn keineswegs, wie er zu vermuten schien, hochnehmen wollten. Die Panik in seiner Stimme machte seine Angebote noch überzeugender. Dann wandte er sich ab.
    »Ist alles vorbei?«, fragte er in den aufgeräumten Küchenraum hinein. Geputzt hatte er noch nicht, Eimer und Schrubber stranden neben dem Gefrierschrank. »Kann ich meinen Laden zumachen? Darf man noch aufräumen, bevor man verhaftet wird?«
    »Ich glaube, nicht«, sagte Henry so beiläufig wie möglich und starrte auf die verbundene Hand. Brunners Augen waren Henrys Blick gefolgt.
    »Ja, zum Schluss schneidet man sich immer ins eigene Fleisch. Ich hätte es mir denken können, damals schon, aber da sah ich es als meine einmalige Chance. Ich wusste nicht, worauf ich mich einließ. Wenn man jung und verliebt ist, so wie ich damals, dann checkt man nichts mehr, man ist nur noch blöde im Kopf.«
    »Kommt auch auf die Frau an«, sagte Frank verwundert, denn mit einer Beichte hatte er gar nicht gerechnet.
    »Das stimmt leider.« Brunner sagte es wie ein Rottweiler, der vor dem Zubeißen die Lefzen hochzieht. Er ging zu einem Gläserschrank und kam mit drei gläsernen Kelchen zurück, die er auf die Arbeitsplatte neben dem Gasherd stellte, seine Hände zitterten dabei so sehr, dass es laut klirrte. »Einen Morellino di Scansano aus der Toskana? Ich hab noch einen offen   … oder lieber einen Brunello? Nein, der Rosso aus dem Fuder ist besser als der aus dem Barrique. Oder was aus Sardinien, Monica di Sardenga, oder besser was Heimisches vom Kaiserstuhl? Nun sagt doch was. Bitte! Redet endlich!«
    »Du bist der Wirt, du bist der Koch, du entscheidest, was zu deinem Essen passt. Du kennst deine Weine. Wir verlassenuns auf deine Empfehlung, denn dein Essen ist gut, ein verdienter Stern, nicht wahr, Henry?«
    Brunner lächelte, gequält zwar, aber der Hass verschwand aus seinem Gesicht. Frank konnte besser mit dem italienischen Teil von Brunner umgehen, er traf den Ton. Henry hätte sich ungeschickter benommen, er konnte es kaum erwarten, seine Fragen loszuwerden. Sein Benehmen erinnerte ihn an die nervösen Pferde in Iffezheim in den Startboxen. Er wollte los.
    Brunner war bereit zum Reden, er musste reden, sonst wäre er geplatzt oder erstickt. Die Folgen waren ihm egal, sie waren ihm wie alles andere über den Kopf gewachsen. Aber er brauchte ein Ritual. Er holte zwei Hocker und stellte sie neben die Arbeitsfläche, er wies seine Gäste an, sich zu setzen, stellte einen Topf mit Wasser aufs Feuer und eine Kasserolle auf die Flamme daneben. Dann gab er Olivenöl hinein und holte aus dem Kühlschrank eine Portion bereits geputzter Pilze.
    »Ich habe noch was anderes, und zwar einen Roten von Querciabella aus der Toskana, elf Jahre alt, er ist auf dem absoluten Höhepunkt. Den nehmen wir.« Jetzt freute er sich sogar.
    Während er den Wein aus dem Keller holte, schwieg Henry und sah Frank an, der mit den Achseln zuckte. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie mussten warten, die Dinge nahmen ihren Lauf. Hoffentlich verschwand Brunner nicht.
    Nein, er kam zurück, schnitt die Kapsel der Flasche ab und benutzte den Korkenzieher sehr geschickt. Henry fiel auf, dass ihm die Hände dabei nicht zitterten, es war die erste wirklich harmonische Bewegung dieses Mannes. Mit dem Korkenzieher konnte er noch umgehen, mit seinen Messern nicht mehr.
    »Ihr wollt wissen, wie alles angefangen hat?« Der Korken war draußen, Brunner schenkte ein. »Gut, euch erzähle ich es, aber nicht der Polizei. Wenn die es weiß, dann wissen esdie anderen, und dann bin ich tot. Gäbe es nur die Polizei, wäre es nicht so schlimm, da hätte ich die größte Angst davor, im Knast nicht kochen zu dürfen. Meint ihr, dass ich lange in U-Haft komme?«
    »Nein«, sagte

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