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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Bei denen aus Achkarren waren es zwei Weißweine, die ihm besonders zusagten, einmal ein Grauburgunder vom Castellberg, den er als sehr gelungen betrachtete, und ein Weißburgunder, allerdings mit dem Manko, dass er sauer wirkte, wenn er zu kalt getrunken wurde.
    Bei den Spätburgundern gab es auch zwei schöne Exemplare, einmal einen Vierzehnprozenter mit intensiven Aromen von Beeren und Kirsche und eine Auslese mit starkemVolumen, jedoch nicht pappig, sehr dicht und intensiv in der Frucht.
    Bei der Winzergenossenschaft Oberbergen, die sie anschließend besuchten, war das Ergebnis auf ähnlichem Niveau, man spielte in derselben Klasse, wobei ihm letztere ein wenig besser gefiel und hier besonders die Grauburgunder. Doch um spanische Weinhändler zu überzeugen und mit französischen Burgundern in Spanien zu konkurrieren, mussten sie einen Zahn zulegen.
    Das Einzige, was Spanier kannten, waren deutsche Rieslinge, und sicher nicht die guten, eher die billigen, oder aber die ganz teuren in Madrids Edelgastro-Szene. Henry hingegen brauchte auch günstige Weine, um den Einstieg zu schaffen, das Probieren durfte nicht zu teuer sein, ein spanischer Weintrinker probierte gern.
    Am Nachmittag besuchten sie Bernhard Huber in Malterdingen, das zum Breisgau gehörte, und obwohl er damit kein Kaiserstühler war, lohnte ein Besuch bei ihm allemal. Er hatte Henry bereits mit seinem Müller-Thurgau überzeugt. Der Winzer war ein Beispiel dafür, dass man zur absoluten Spitze eines Landes gehören konnte und dabei die Bodenhaftung nicht verlor, auf Allüren verzichten konnte, bescheiden blieb, ernsthaft und mit Überzeugung seiner Arbeit nachging. Bernhard Huber stand mit beiden Beinen in seinem Terroir, kannte seine Weinberge, er wusste, wo im Betrieb die Sackkarre zu stehen hatte, und schloss als Letzter die Türen ab.
    Seine Weine waren nicht billig, einige preiswert. Solche Weine zu machen war mit Aufwand verbunden und daher teuer, und glücklicherweise gab es genügend Weinfreunde, die sich das leisten konnten, Billigtrinker gehörten nicht zum Klientel.
    Die Weine von jungen Reben waren anders als die von alten Stöcken, aber in ihrer Art jeweils wunderbar. Der Muschelkalk, der auch im Boden Burgunds vorkam, erinnertesehr an die dortigen Weine. Und es war das Können, die Hingabe und der Ideenreichtum, die derartige Weine entstehen ließen.
    Dem Ausgangsmaterial wurde große Aufmerksamkeit zuteil, dazu gehörten Ertragsreduzierung, Traubenteilung und große Abstände zwischen den Stöcken. Die Rotweine wurden auf der Maische vergoren. Um sie zu klären, wurde nicht eingegriffen, danach blieben sie achtzehn Monate lang im Barrique. Die weißen Burgundersorten waren ebenfalls sehr gelungen.
    Beim Fachsimpeln und Kommentieren der Proben hatte Henry die Zeit vergessen, und als Frank dann noch auf das Angebot des Winzers einging, sich verschiedene Lagen anzusehen, mit immer wieder anderen Ausblicken auf Malterdingen und auf Hecklingen, auf das Schloss und über die Burgruine in der Höhe, war der Abend nah. Die Sonne stand tief und warf lange Schatten in die Ebene zwischen Schwarzwald und Kaiserstuhl. Schatten legten sich auch Henry aufs Gemüt, wenn er daran dachte, ins »Il Calice« zurückkehren zu müssen, und sei es auch nur, um den Koffer zu packen und die nächste Nacht irgendwo anders zu verbringen. Er konnte sein Gelump einfach in den Wagen werfen und wegfahren. Es gab nichts mehr zu kämpfen. Die Polizei war hier gewesen, und die Leichen der echten Winzer waren entdeckt worden. Die Mafiosi würden die Gegend verlassen haben, der Kelch war zu heiß geworden.
    Als sie sich dem »Il Calice« näherten, erinnerte sich Henry an Neureuthers Anweisung, lachte auf und schaute auf sein Telefon. Aber der Kommissar hatte nicht angerufen, es waren lediglich zwei Anrufe aus Spanien eingegangen.
    »Wir haben es beide vergessen, wir hätten zur Polizei kommen sollen. Ich habe das anscheinend verdrängt. Hast du daran gedacht?«
    Das hatte Frank, aber er hatte die Einladung mehr auf Henry denn auf sich selbst bezogen. »Wenn er uns gebrauchthätte, dann hätte Neureuther sich gemeldet. Ich glaube, wenn es sich um organisiertes Verbrechen handelt, sind die Behörden vorsichtig. Sie wissen nie, woran sie mit ihren Vorgesetzten sind, und mit vorschnellen Schritten macht man sich unbeliebt. Das schadet der Karriere, wenn man bei Polizisten von Karriere sprechen kann.«
    Während Henry fuhr, wanderten seine Augen ständig von der Straße vor

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