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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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nichts? Das ist alles   – ein Exempel?«
    »Rebecca hat es so erzählt.«
    Für Henry war die Botschaft logisch. »Klarer geht es nicht: Zahle jetzt, oder du bist morgen tot.«
    »Hast du nie daran gedacht, zur Polizei zu gehen?«, fragte Frank. »Du wusstest, was geplant war.«
    »Zur Polizei gehen? So eine Frage stellst du, wo du in Italien lebst? Ob ich daran gedacht habe? Hundert Mal bestimmt. Aber wem kann man trauen? Man weiß nicht einmal, ob der Fall bearbeitet wird   – und das alles hier aufgeben?« Brunner blickte sich verzweifelt in seiner Küche um und breitete ergeben die Arme aus.
    »Du Schlappschwanz, das hast du längst getan!« Rebecca Brunner richtete eine schwere Pistole auf ihren Mann. Wie ein schwarzer Racheengel stand sie in der Küchentür. Erst beim zweiten Blick sah Henry, dass auf die automatische Pistole ein Zylinder aufgeschraubt war, der Schalldämpfer. Mit ihrer kleinen Hand hielt Rebecca Brunner die Waffe mit dem silbernen Griff vollkommen ruhig und richtete die Mündung nun auf ihn.
    »Machen sich die Herren einen bunten Abend, Bullen und Verräter gemeinsam? Du kennst die Strafe für Verrat,
coglione
!« Die Mündung zeigte jetzt auf ihren Mann.
    Für Henry war der Auftritt grotesk, er wusste nicht, ob er die Frau ernst nehmen sollte oder ob das, was sich vor seinen Augen abspielte, eine italienische Operette oder ein Shakespeare’sches Drama mit tödlichem Ausgang werden sollte. Henry bezweifelte, dass sie ihren Mann oder einen von ihnen vor aller Augen erschießen würde. Vielleicht war das der Grund, weshalb er beim Anblick der Pistole ruhig blieb. Er blickte zu Frank, der machte ein Gesicht, als hätte er sich für die italienische Operette entschieden.
    »Das ist der Dank für all das, was die Familie für dich getan hat,
stronzo
?« Rebeccas Gesicht war eine Mischung aus Enttäuschung und Hass, ihre Augen hassten, der Mund war verzweifelt verzogen.
    »Du
pezzo di merda
, statt dich dankbar zu zeigen, kollaborierst du mit diesen beiden Pfeifen?«
    Henry war sprachlos, zum einen darüber, dass sie sich hatten übertölpeln lassen, zum anderen darüber, dass sie Deutsch ohne jeden Akzent sprach.
    »Willst du den Kronzeugen spielen, um deinen platten Arsch zu retten? Aber du weißt, dass wir jedem den Mund stopfen, der auch nur versucht, ihn zu öffnen. Hättest inzwischen mal die Augen aufmachen sollen. Ein Feigling bist du. Glaubst du, die Deutschen danken es dir, wenn du ihnen Märchen über die ’Ndrangheta erzählst? Hier denkt jeder nur an sich, das solltest du in all den Jahren längst gemerkt haben.« Ihr Blick fiel auf die Flasche.
    »Querciabella? Wie heißt das bei euch? Perlen vor die Säue!«
    Sie bewegte sich zur Seite, behielt dabei die Männer im Auge, die ohne Absprache ganz langsam auseinandergerückt waren, um kein gemeinsames Ziel abzugeben. Henry und Frank lauerten wie auch der Koch auf ihre Chance, der Fraudie Pistole abzunehmen oder an irgendeinen Topf, ein Messer oder eine Kelle als Wurfgeschoss heranzukommen. Das begriff Rebecca Brunner schnell.
    »Ihr bleibt zusammen und geht zurück. Los, stellt die Gläser dahin!« Der Lauf der Pistole machte einen Schwenk und zeigte auf die Spüle. »Ausgießen. Los. Diesen Wein kriegt ihr nicht, auch nicht als letzten. Der ist viel zu schade für euch Nieten.
Misera gentaglia
. Ich habe gesagt aus-gießen. Wird’s bald?« Sie hob die Pistole und zielte diesmal auf Frank.
    Er beeilte sich, dem Befehl nachzukommen, und er litt anscheinend mehr darunter, den Querciabella wegzuschütten als unter der auf ihn gerichteten Pistole. Er war der Ruhigste von ihnen.
    Henrys Gedanken rasten, seine Augen tasteten die Wände ab, er scannte den Raum, prägte sich die Lage der Fenster ein, rechnete sich aus, wie weit er laufen müsste, um rauszuspringen, bevor ihn eine Kugel erwischte. Er war überzeugt, dass Rebecca Brunner schießen würde. Wie gut schoss sie? So gut, wie sie die Pistole handhabte? Man brauchte Erfahrung, um mit einem Schalldämpfer umzugehen, der schwere Lauf zog nach unten. Wie der Rückstoß sich auswirkte, war ihm unbekannt. Er bemerkte, wie die beiden anderen zurückwichen, wie Rebecca sie trieb, Schritt für Schritt der Pendeltür zu, weg von den Fenstern. Aber da durchzuspringen klappte nur im Kino   – mit präpariertem Glas. Brunner lief der Schweiß von der Stirn, Tropfen fielen auf seine weiße, doppelt geknöpfte Kochjacke und hinterließen dunkle Flecken.
    »Sie meint es ernst, und sie macht

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