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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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hatte er weder verloren noch gewonnen, erst in der nächsten Partie schlug er den Dealer wieder und strich den Gewinn ein. Aus den zehn Euro waren sechzig geworden. Jetzt hatte er Spielgeld, das ihn nichts kosten würde. Wenn die weg wären, würde er schlafen gehen.
    »Woher kannst du das?« Frank blieb an der Tür zum Roten Saal mit vier hufeisenförmigen Roulettetischen stehen, auf denen das Spiel anders angeordnet war. Das Tableau mit den Zahlen, mit Gerade und Ungerade, mit Schwarz und Rot, Manque und Passe war direkt vor dem Croupier, das Roulette links von ihm. Ein junger Mann setzte und verlor, seine Freundin tröstete ihn mit den Worten: »Du hast ja mich gewonnen«, dann setzte sie, gewannund lachte. »Und jetzt hast du außerdem noch mein Geld.« Dreißig Euro hatte sie gewonnen und war glücklich.
    »Ich kann mich an einen Aufenthalt im Schullandheim erinnern«, sagte Henry. »Es schüttete tagelang, da haben wir dauernd siebzehn und vier gespielt, Mau-Mau, Doppelkopf und Skat, wirklich tage- und nächtelang. Daher kommt es wohl. Seitdem habe ich nie wieder Karten angerührt, doch   – Pokern kann ich ganz gut. Aber Glück im Spiel hatte ich nie.«
    »Da lagen fünfzig Euro, zwischen sechsundzwanzig und neunundzwanzig«, sagte ein untersetzter, blasser Mann von Mitte fünfzig in gebrochenem Deutsch über den Tisch hinweg zum Croupier. »Die Sechsundzwanzig hat gewonnen   – meinen Gewinn   – bitte schön!« Er streckte fordernd die Hand aus.
    Der Croupier bewegte leicht den Kopf. »Mein Herr, zwischen sechsundzwanzig und neunundzwanzig lag nichts«, sagte er höflich.
    »Da lagen meine Jetons, fünfzig Euro, ich bin sicher!« Die Stimme nahm einen drohenden Klang an und fand die Aufmerksamkeit der Mitspieler.
    »Wir werden sehen«, meinte der Croupier zuvorkommend und winkte einen Kollegen herbei, der den Tisch übernahm, während er selbst zu einem Rechner ging. Darüber hingen die Bildschirme. Einige Läufe über die Tastatur brachten das Bild von eben zurück, eine Kamera hatte das Setzen festgehalten.
    Lächelnd kam der Croupier zurück. »Mein Herr, Sie haben sich geirrt. Wenn Sie selbst sehen wollen?« Er verbeugte sich, und der blasse Gast tauchte in der Menge unter.
    »Man muss es halt versuchen«, meinte Frank, »irgendwann klappt’s vielleicht. Ich habe längst bemerkt, dass von überall Kameras auf uns gerichtet sind, ich habe einen Blick dafür.« Er zeigte Henry, wo sie angebracht waren. »Wenn du hier mit einem Geldkoffer ankommst, haben sie dich gleich und ein schönes Foto dazu fürs Finanzamt.«
    »Wie lange wird ein Film aufgehoben? Da müssen irrsinnige Datenmengen entstehen.«
    »Keine Ahnung«, sagte Gatow, der sich umschaute, »ich muss dringend meine Frau finden, sonst müssen wir wieder in meine alte Bude nach Hamburg Altona ziehen.«
    »Ihr habt ja noch den Wagen, oder ist der geleast?« Als Frank schwieg, fragte ihn Henry, ob er eine Kamera bei sich habe.
    »Sie ist für mich das, was du hier stecken hast.« Er zog einen Kugelschreiber aus der Brusttasche von Henrys Jackett. »In deiner Innentasche steckt bestimmt ein kleiner Block. Weshalb fragst du?«
    »Es könnte sein, dass ich dich um ein Bild bitten würde.«
    »Etwa von dem Mädchen, mit dem Antonia sich unterhält?«
    Sie spielte um winzige Beträge, sie war hin und weg, sie gewann und freute sich riesig, wenn sie verlor, verzog sie schmerzvoll das Gesicht   – und gewann wieder. Marion Dörner an ihrer Seite sah Henry erwartungsvoll entgegen.
    »Wie geht es Alan Amber?«, fragte er, nachdem er Frank Gatow vorgestellt hatte.
    »Den Umständen entsprechend.«
    »Und wie sind die Umstände?« Henry wollte mehr erfahren, der Schock für Amber musste groß sein, die öffent liche Blamage kam hinzu, und jetzt würden sich alle Kommentatoren das Maul über die Gründe für den Angriff zerreißen.
    »Ich gehöre nicht zum inneren Zirkel der Macht«, erklärte Marion mit gespieltem Bedauern. »Sie haben Mister Amber abgeschirmt, noch bevor der Arzt kam. Und sie beraten mit einem Anwalt, was sie gegen die Veröffentlichung der Fotos unternehmen können. Klar, dass Herr Heckler diese Art von Presse nicht im Sinn hatte, als er ihn eingeladen hat. Auch Mister Amber ist an den Fotos wenig gelegen, aber er hält sich gut, er kommt, wie ich gehört habe.«
    »Woher weißt du das? Warst du nicht die ganze Zeit über hier?«
    Marion spreizte Daumen und kleinen Finger, das Zeichen fürs Mobiltelefon. »Es soll nicht der erste

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