Sein letzter Burgunder
um Entschuldigung und ging zum Roulette zurück, wo sich alle, die bisher nur zugeschaut hatten, am Spiel beteiligten, wenn auch mit niedrigen Einsätzen. Nur Amber spielte hoch. Er gewann nochimmer, er häufte die Jetons vor sich zu kleinen Säulen und genoss die bewundernden Blicke. Marion bekam von Heckler irgendeinen Auftrag zugeflüstert, sie verschwand und kam mit einem Ober wieder, der ein Glas und eine mit Rotwein gefüllte Dekantierkaraffe auf einem silbernen Tablett neben Amber stellte.
»Es ist der 2008er Hecklinger Schlossberg von Bernhard Huber, ein Großes Gewächs«, erfuhr Henry von Koch, der sich als Kenner darstellte.
»Der GaultMillau hat ihm sechsundneunzig Punkte gegeben, es heißt, es sei der beste Spätburgunder Deutschlands«, wusste ein anderer und hätte wer weiß was dafür gegeben, kosten zu dürfen.
»
Wonderful, a marvellous, outstanding wine
«, bemerkte Amber, als er nach dem Riecher die Nase hob und sich im Bewusstsein sonnte, dass alle sein Urteil erwarteten.
»Blackberries, cassis and black cherries, sweet tannins, medium-bodied, a lively acidity.«
Amber sah sich lächelnd um, sein Kommentar war Gebet, alle pflichteten ihm bei, obwohl kaum jemand den Wein kannte. Eine derartig vage Beschreibung fand man überall, sogar in der EDEK A-Post oder in der Weinbeilage von Real. »Brombeere, Schwarze Johannisbeere und Schwarzkirsche, süße Tannine, ein mittlerer Körper, eine lebendige Säure.« Das sollte alles sein?
»
I would say – ninety-eight points
.« Amber stand auf und umarmte Heckler. Schade, dass kein offizieller Fotograf zugegen war, zumindest war die Scharte vom Abend ausgewetzt.
Aber die nächste kündigte sich an. Von dem Moment an, als Henry seinen ersten Einsatz wagte, verlor Amber. Henry setzte zehn Euro auf Gerade, Amber auf Zahlen, die ihm nichts einbrachten, während Henry das Gesetzte verdoppelte. Beim nächsten Spiel ereignete sich das Gleiche, und so ging es weiter. Henry ließ den Einsatz stehen, spielte nur mit dem, was er hinzugewann. Amber trank, der Burgundergefiel ihm, er war begeistert – oder gab er das nur vor? Nein, das hatte er nicht nötig. Da Henry mit geringem Einsatz spielte, fiel seine Gewinnsträhne zuerst nicht auf, erst als er auf Zero setzen wollte und der aufs Geratewohl hingeschobene Zehn-Euro-Jeton auf der Eins liegen blieb und die Kugel auch, wandte sich die Aufmerksamkeit der Spieler und der Zuschauer ihm zu. Dreihundertsiebzig Euro in Jetons wurden ihm zugeschoben – mit einem Schlag, was für ein Glück!
Das bestätigte ihm auch Marion, die plötzlich wieder neben ihm stand. »Geld und Erfolg machen sexy«, sagte sie. »Erfolg hast du ja anscheinend auch bei den Frauen, wie man hört. Hast dir eine reiche Bodega-Besitzerin geangelt. Und jung soll sie auch sein. Da kann man nur gratulieren. Hier«, sie nahm seine Hand und legte einige Jetons hinein, »setze für mich, ich verlasse mich darauf, dass du gewinnst. Wir teilen.«
»Alles auf einmal?«
»Wie du willst. Ich werde dein Glück testen!«
Henry hatte plötzlich Jetons im Wert von zweihundert Euro in der Hand. Er legte alles auf Pair und wartete, die Kugel rollte, sie sprang zuletzt klimpernd über die Zahlenfächer, hüpfte kurz wieder in die Bahn und fiel zurück.
An der Anzeige über ihren Köpfen erschien die Vierundzwanzig!
Wütend über sein Glück schob ihm Marion seinen Gewinn zu. »Glück im Spiel, Pech in der Liebe, sagt man nicht so? Dabei könntest du auch darin Glück haben. So ein Pech auch.«
Alan Amber war aufmerksam geworden. Was vorher vor ihm gelegen hatte, häufte sich jetzt vor Henry, auch die Karaffe war fast leer. Er wandte sich jemandem hinter sich zu, mit dem Auftrag, weitere Jetons zu holen, was auch geschah. Aber er bekam sie nicht von dem Mann, den er losgeschickt hatte, sondern von einem Fremden. War es dermit dem Bärtchen, mit dem Henry eben fast zusammengestoßen war? Ehe Henry sich Klarheit verschaffen konnte, hatte die Menge ihn wieder verschluckt.
Henry hatte bisher im Stehen gespielt. Jetzt wollte er sitzen, plaudern und etwas trinken. Er schob dem Croupier einen Stapel Jetons zu. »
Pour les employés.«
Das war der Beitrag fürs Personal. Sein letzter Blick galt Amber, ihre Augen trafen sich. Amber war dankbar, dass er ging, er glaubte wohl, seine Glückssträhne jetzt wiederaufnehmen zu können.
»Lasst uns was trinken«, sagte Henry zu Antonia Vanzetti, hakte sie gut gelaunt unter. »Wir versaufen meinen Gewinn und
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