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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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saß eine ziemlich aufgekratzte Gesellschaft: vier mit Schnurrbärten versehene, leicht verfettete Männer so um die achtundzwanzig, die immer wieder in wiehernde Lachsalven ausbrachen, auf ihren Stühlen kippelten und mit den Fäusten auf den Tisch schlugen. Aus ihrem harten Akzent zog Verlangen den Schluss, dass sie aus den südlichen Provinzen stammten. Wahrscheinlich aus Groenstadt. Oder aus Balderslacht oder so.
    Auch ansonsten gab es ziemlich viele Gäste im Lokal, deshalb kostete es ein gewisses Maß an Konzentration, das Beobachtungsobjekt im Auge zu behalten. Trotz allem.
    Andererseits sah es ganz so aus, als hätte Hennan die Absicht zu essen, und das in aller Ruhe. Er hatte seine Jacke über die Stuhllehne gehängt. Blätterte in der Speisekarte, während er von einem durchsichtigen Getränk nippte, vermutlich einem Gin Tonic, und alle Zeit der Welt zu haben schien. Vielleicht wartete er auf jemanden – der Platz ihm gegenüber an dem Zweiertisch war frei. Vielleicht auf eine Frau, dachte Verlangen, das war ja nun, wenn man alles in Betracht zog, die wahrscheinlichste Variante. Und die Lösung, die er von Anfang an erwartet hatte.
    Also hieß es nur warten und die Zeit verstreichen lassen.
    Verlangen beschloss, ebenfalls etwas zu essen. Er bekam eine Kellnerin zu fassen, bestellte noch ein Bier und bat um die Speisekarte. Wie es aussah, gab es allen Grund, davon auszugehen, dass er eine Weile hier sitzen würde.
    Zwei Stunden später saß Jaan G. Hennan immer noch allein an seinem Tisch. Verlangen war zwei Mal auf dem Weg zur Toilette dicht an ihm vorbeigekommen und hatte feststellen können, dass sein Beobachtungsobjekt sich eine ordentliche Mahlzeit gönnte. Mindestens drei Gänge und zwei verschiedene Sorten Wein, und im Augenblick saß er da und sog an einer schmalen schwarzen Zigarre, während er aus dem Fenster schaute und etwas gedankenverloren einen Cognacschwenker in der Hand drehte. Soweit Verlangen sehen konnte, hatte er während des ganzen Abends nicht ein einziges Wort mit einem Menschen gewechselt, von der Kellnerin einmal abgesehen. Er war einmal zur Toilette gegangen, und was sich verdammt noch mal in seinem Kopf abspielte – oder warum er hier herumhing, statt zu Hause bei seiner schönen Ehefrau zu sein – ja, diese Fragen entzogen sich seiner Beurteilung.
    Zumindest wirkte es nicht so, als wartete er auf jemanden oder hätte auf jemanden gewartet. Zwar hatte er ab und zu auf die Uhr geschaut, aber ansonsten gab es keinerlei Zeichen, die auf eine ausbleibende Verabredung hätten hindeuten können, kein Telefongespräch draußen im Eingang, kein längeres Zögern bei der Bestellung, keine entschuldigenden Erklärungen an die Kellnerin. Nichts.
    Und keine Zeitung, kein Buch dabei, um sich damit zu beschäftigen. Das hatte Verlangen zwar auch nicht, aber er befand sich zumindest beruflich hier. Ein paar Minuten lang spielte er mit dem Gedanken, hinzugehen und Hennan ein Bier in den Nacken zu kippen. Oder jemand anderen zu bestechen, es zu tun. Es gab genügend leicht berauschte Jünglinge im Lokal, sicher wäre es nicht unmöglich gewesen, einen von ihnen dazu zu bringen.
    Einfach nur, damit etwas passierte. Verlangens Verdruss hatte ihn wieder eingeholt. Er hatte etwas gegessen, was Kalb gewesen sein sollte, aber das musste dann das älteste Kalb der Welt gewesen sein.
    Dazu hatte er vier oder fünf Bier getrunken und war schließlich zu Kreuze gekrochen und Jaan G. Hennans Beispiel gefolgt. Kaffee und Cognac.
    Er zündete sich eine neue Zigarette an, obwohl die alte immer noch im Aschenbecher vor sich hin glimmte.
    Schaute auf die Uhr. Zehn Minuten vor zehn.
    Verdammte Scheiße, dachte er und wies mechanisch einen weiteren Gast ab, der wissen wollte, ob der Platz ihm gegenüber besetzt sei.
    Trink deinen beschissenen Cognac aus und bezahl deine Rechnung! Und sieh zu, dass du endlich wegkommst!
    Kaum hatte er sich diesen frommen Wünschen hingegeben, sah er, dass Hennan auf dem Weg zu seinem Tisch war.
    Oh, verfluchte Sch…, konnte er gerade noch denken.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Bitte.«
    »Hennan. Jaan G. Hennan.«
    »Verlangen.«
    Hennan zog den Stuhl heraus und setzte sich.
    »Verlangen?«
    »Ja.«
    »Doch nicht Maarten Verlangen?«
    »Doch.«
    »Da habe ich also Recht gehabt.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Du. Ich würde vorschlagen, dass wir uns duzen.«
    »Aber gern. Aber ich glaube nicht, dass…?
    »Was?«
    »Na, dass ich weiß, wer Sie… wer du bist.«
    Hennan hatte

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