Sein mit Leib und Seele - Band 04
Beherrschung. Man erkennt einen Mann von Welt, wenn man ihm begegnet. Glaub mir, kein Mann ist angesichts eines solchen Anblicks einfach nur ‚verwundert‘.“
„Wenn du das sagst ...“
Unser Mittagessen geht zu Ende wie immer: Ich schlinge meinen Nachtisch hinunter und laufe in Richtung Bibliothek. Wer weiß, ob Guillaume es bemerken wird? Vielleicht ist es auch ein wenig zu provokativ für unsere Beziehung? Andererseits, vielleicht kann ich damit auch ein bisschen nachhelfen ...
„Na endlich! Haben Sie mal auf die Uhr geschaut?“
Er ist immer so niedlich. Mein Küsschen lässt diesmal etwas auf sich warten, meine Lippen berühren jedoch flüchtig seine. Und dann bleiben wir einen Augenblick lang stehen, sehen uns tief in die Augen. Wer wird wohl den nächsten Schritt machen? Es ist ein sehr intensiver Moment, ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn küssen möchte, das, was wir da gerade haben, ist hundertmal stärker.
„Emma?“
„Ja?“
„Das Telefon. Da müsstest du rangehen.“
Verfluchtes Telefon. Das ist bestimmt wieder der verstaubte Mann. Um mich zu fragen, ob ich schon wer weiß was für Berichte über wer weiß was für ein Kolloquium einsortiert habe ... Guillaume gibt mir ein Zeichen, dass er geht und mich anrufen wird. Später. Ich nicke machtlos mit dem Kopf.
Ich weiß nicht, ob Guillaume etwas bemerkt hat, aber eine Sache ist sicher: die Wirkung, die es auf mich hat. Ich bin wie eine Sexbombe. Ich fühle mich sexy, unglaublich begehrenswert. Und zu allem bereit. Mit Guillaume? Ich bin mir nicht sicher ...
Als ich herauskomme, wartet er vor der Bibliothek auf mich. Wie an dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben.
„Möchtest du dir mit mir zusammen einen Film ansehen?“
Ich sage ja. Selbstverständlich. Es ist so niedlich, wie er mich immer wieder überrascht. Wir verabreden uns vor dem Kino. Ich gehe nach Hause, um „ein bisschen zu pauken“, während ich warte.
„Was zieht man an, wenn man ins Kino geht?“
„Ein Höschen wär schon mal ein Anfang.“
„Das hatte ich völlig vergessen. Ist vielleicht wirklich keine so üble Idee. Aber ernsthaft, was soll ich nur anziehen?“
„Da zieht man nichts Besonderes an, man bleibt so, wie man ist. Geht man da, wo du herkommst, etwa mit einem Abendkleid ins Kino?“
„Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, ich bin noch nie mit einem Amerikaner ausgegangen. Ich glaube, da macht man sich ein bisschen fein, ja.“
„Lass es gut sein. Bleib einfach so, wie du bist.“
„Okay. Danke, Manon. Bis morgen.“
So viel habe ich dann doch nicht zu tun ... Vielleicht sollte ich etwas Ordnung schaffen, falls ich Guillaume nach dem Film mit hierher nehmen möchte? Ja, ich werde etwas aufräumen. Aber zuerst schaffe ich lieber etwas Unordnung. Diese sorgsam einsortierten Bücher, das ist überhaupt nicht sexy. Und wenn man auf meinen Schreibtisch blickt, sieht man sofort, dass es schon ein Weilchen her ist, dass ich daran gearbeitet habe. Na also. Ein paar Mappen, ein zerknabberter Bleistift, zwei offene Bücher. Und noch ein Buch, um es neben dem Bett auf den Boden zu legen. Etwas Poesie. Das wird ihm gefallen. So ist es perfekt. Das Zimmer einer sexy Intellektuellen. Nicht die Art Mädchen, die sich in ihren unglaublich reichen Vermieter verknallt. 19:30 Uhr, ich muss los!
Der Film war wunderschön, aber traurig. Einer, der nachwirkt. Und einem die Lust nimmt, auf lange Sicht überhaupt ein Sexualleben haben zu wollen. Trotzdem riskiere ich es, ihn im Anschluss zu mir auf „eine Tasse Tee“ einzuladen. Er nimmt die Einladung an. Bei mir angekommen vergessen wir langsam den Film. Wir diskutieren, wir lachen. Wir sind uns sehr nah. Manchmal hören wir einfach auf zu reden, um uns in beinahe frommer Stille in die Augen zu sehen. Und dann streift er mit der Hand durch meine Haare, ganz sanft. Seine Augen befehlen mir, still zu sein. Ich fahre ebenfalls mit meiner Hand durch sein Haar und ahme seine Bewegungen nach. Alles ganz sanft. Seine Hand wagt sich nun zu meinem Nacken vor. Ich erbebe förmlich und schließe die Augen.
Als ich sie wieder öffne, steht er bereits und ist dabei, seinen Mantel anzuziehen. Ich muss es wohl irgendwie vermasselt haben.
„Ich würde gerne damit warten“, sagt er mir. Soll mir recht sein. Entgegen allen Erwartungen finde ich das unglaublich sexy. Ich erwidere, dass auch ich damit warten möchte. Ich schlage vor, ihn mit nach unten zu begleiten. Wir gehen schweigend die Treppen hinunter. Im Erdgeschoss
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