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Sein

Sein

Titel: Sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
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offene Feindschaft. An den Auslöser erinnerte sich Nadine nicht mehr. Vielleicht war es einfach Antipathie gewesen. Im Gegensatz zu dem Lehrer, der stets eine gewisse Unsicherheit und Verklemmtheit ausstrahlte, war Sophie die Selbstsicherheit in Person. Und das Schlimme war: ihre Antworten waren immer richtig, so dass er ihr nie eine schlechte Note darauf geben konnte.
    »Wenn damals in der Schule noch die Prügelstrafe erlaubt gewesen wäre, wäre Sophie wohl öfter fällig gewesen«, stimmte Nadine zu. »Wobei Schröder die gewisse Dominanz gefehlt hat, um sich Respekt zu verschaffen, ganz im Gegensatz zu Leo.«
    »Hm, sicher. Und wer ist Leo?«
    Du liebe Güte, ich benehme mich heute wie ein altes Tratschweib. Aber jetzt ist es schon egal, wie viel Myriam erfährt, ich hab’s sowieso vergeigt. Ich werde künftig einen weiten Bogen um diesen Laden machen müssen
.
    »Leo ist Sophies Lover, ein wahrer Dom. Der hat sie ganz gut im Griff.«
    »Was genau meinst du damit?«
    »Na ja, wenn sie ungehorsam ist, greift er gerne zum Rohrstock. Versteh das nicht falsch – die Erotik steht dabei immer im Vordergrund. Es ist eine Mischung aus Schmerz und Lust, und Sophie bekommt von beidem reichlich.«
    »Jetzt mal ernsthaft. Du willst mir also erzählen, ihr macht spezielle erotische Spielchen, bei denen Verbote und Strafen und so Zeugs eine Rolle spielen?«
    Der Wecker piepste und Myriam begann vorsichtig, die überschüssige Farbe von Nadines Wimpern zu wischen, ehe sie die Pads wegzog und Nadine die Augen aufschlagen durfte.
    »Hm, ja. Oder so.« Nadine biss sich auf die Unterlippe. Es war an der Zeit, die Notbremse zu ziehen, bevor sie sich um Kopf und Kragen redete. Laurin mochte es nicht, wenn sie mit Leuten außerhalb der Szene über Details redete, und es war nicht das erste Mal, dass sie zu viel preisgab. »Das versteht nur jemand, der es selbst ausprobiert hat. Es ist echt aufregend.«
    Myriam schüttelte irritiert den Kopf. Sie klopfte mit leichten Fingerschlägen in die zarte Haut um Nadines Augen eine spezielle Feuchtigkeitslotion.
    Eine Weile sprach keine von ihnen. Nadine hing ihren Gedanken nach, froh darüber, dass Myriam nicht mehr weiter fragte.
    Als Teenager waren sie und Sophie mit dem Erwachen ihrer Sexualität ganz versessen darauf gewesen, alles anders zu machen als die gleichaltrigen Mädchen. Auf der Suche nach dem besonderen Kick, wagten sie sich eines Tages in einen SM-Club, nicht ahnend, was sie dort erwarten würde. Im Nachhinein betrachtet hatten sie viel Glück gehabt, von den anwesenden Männern, die viel älter als sie selbst waren, nicht vernascht und von einem zum nächsten durchgereicht zu werden. Aber der erste Schritt war gemacht, und sie strudelten immer tiefer in die Szene hinein, lernten nach und nach die Praktiken kennen.
    »Und wie lernt man jemanden kennen, der auf so was steht?«, unterbrach Myriam die Stille, auf Nadines Gesicht ein dezentes Makeup auftragend.
    Wollte Myriam das etwa ausprobieren? Bis eben hatte es sich nicht so angehört, als ob sie interessiert wäre, in die Szene zu schnuppern. Falls sie es aus purer Neugierde wagen sollte, würde sie ihr blaues Wunder erleben. Unter Umständen im wörtlichen Sinne, falls sie einem Dom begegnete, der es für nötig befand, es ihr ordentlich mit dem Rohrstock zu besorgen. Nadine unterdrückte ein hämisches Grinsen. Eigentlich würde es Myriam ganz recht geschehen, wenn sie eine Abreibung für ihre Neugierde bekäme und weil sie keine Ruhe mit ihren Fragen gab.
    »Die meisten treffen sich in SM-Clubs. Oder auf speziellen SM-Partys«.
    »Aha. Und wie erfahre ich, wann und wo so eine Party stattfindet?«
    Irgendwie war es ein gutes Gefühl, ein Gefühl der Überlegenheit, zu den Insidern zu gehören und Bescheid zu wissen. Während ihrer Schulzeit hatte sie sich Myriam nie überlegen gefühlt, eher deren Spott gefürchtet und sie deshalb gemieden. »Wieso willst du das wissen. Willst du etwa hingehen?«
    »Warum nicht? Vielleicht entdecke ich dabei ja, was ich bisher versäumt habe?«

Eine erotische Strafe

    »Du hast was?«
    Nadine zuckte erschrocken zusammen, als Laurin so vehement mit der Faust auf den Tisch schlug, dass die Weingläser ins Schwanken gerieten. Anschließend trommelten seine Finger ein wütendes Stakkato auf die gläserne Tischplatte des Esstisches. Wenn er das machte und dabei die Stirn wie gerade jetzt in Falten legte, wirkte er ziemlich furchteinflößend. So schlimm war ihr Vergehen nun auch wieder

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