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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Du eben gesagt?“, fragte er nun, bemüht, bedrohlich zu klingen. 
    „Nichts, ich nehme alles zurück! Sie konnte die unumstößlichen Tatsachen nicht leugnen: „Das waren die Küsse desselben jungen Mannes von damals - ganz eindeutig!“
    „Damals fandest Du mich auch schon alt, wenn ich Dich daran erinnern darf…“ Er hielt einen Moment inne: „Weißt Du eigentlich, wann ich mein Herz hoffnungslos und unwiderruflich an Dich verloren habe?“ Elli überlegte nicht lange:
    „Bei unserem ersten Kuss?“ Er schüttelte den Kopf:
    „Nicht doch, das war schon viel früher. Verhext hattest Du mich vorher schon, aber als ich Dich nach unserem ersten Tanz ganz ungezwungen mit Martha in der Küche plaudern sah, ist es um mich geschehen. Da ahnte ich, es gibt kein Zurück mehr…“
    „Irgendwann erwischt es eben auch den standhaftesten Junggesellen… am Ende sogar noch unseren felsenfest vom Gegenteil überzeugten Gerlach“, stellte Elli vergnügt fest.
    „Er hat es mir ja nicht glauben wollen - bis der Blitz dann auch bei ihm einschlug… War eine schöne Hochzeit…“ Er schmunzelte bei dem Gedanken an seinen Freund, der immer überzeugt gewesen war, niemals für eine Frau seine Freiheit aufzugeben.
    „Du hast Dir einen Spaß daraus gemacht, ihn immer wieder mit seiner Verliebtheit aufzuziehen - das war nicht nett von Dir.“
    „Ich bin nicht nett - wir behandeln uns schonungslos offen. Das kann man wohl von einem guten Freund erwarten, oder?“ Elli zuckte mit den Schultern. Was wahre Männerfreundschaft anging, konnte sie nicht mitreden. 
    „Ich war damals gerade schwanger mit Leni…“ Benthin legte seine Hand auf ihren Bauch und streichelte ihn:
    „Ja, und schon ziemlich rund, wenn ich mich richtig entsinne… was unserer Kreativität bei der Liebe einiges abverlangte“, erinnerte er sich amüsiert. „Und wie unfassbar war das erst, als wir sie gezeugt haben - wir haben es beide gewusst, als es passiert ist… ein wahrhaftiges Kind der Liebe.“ Elli streichelte seine Wange und küsste ihn. Schließlich unterbrach sie ihre Liebkosungen:
    „Erinnerst Du Dich noch an unser Rennen im Wald?“
    „Wie könnte ich das vergessen?“
    „Und später auf dem Steg am See?“
    „Wie könnte ich das jemals vergessen?“ Seine Hand glitt langsam, aber zielstrebig von ihrem Bauch hinunter zum Schenkel. 
    „Was tust Du da?“
    „Wonach fühlt es sich denn an?“
    „Du versuchst, Deine Frau zu verführen…“
    „Ganz recht.“ Er seufzte und schob das Laken von ihrem Körper: „Ich kann einfach nicht anders. Ich bin machtlos dagegen.“
    „Alte Männer tun so etwas aber nicht“, rügte Elli ihn scherzhaft.
    „Oh doch! Das tun sie! Tut mir leid, Madame, aber der alte Mann kann einfach nicht genug von Ihnen bekommen…“
    „Aber es gibt doch gleich Frühstück…“ Nach all den Jahren war seine Überzeugungskraft noch immer unerschütterlich:
    „Das kann warten. Du bist die einzige Versuchung, der ich nicht widerstehen kann.“
     
    ENDE

Nachwort - Über die Entstehung dieses Buches:
    Trivial ist nicht immer banal - oder: Gedanken über Freiheit und Leidenschaft
    Ich bin eine große Verehrerin historischer Liebesromane des 19. Jahrhunderts. Dies können die klassischen Werke der großen britischen Autorinnen wie Jane Austen oder Charlotte Brontë sein, aber ebenso bewegen mich Sittengemälde deutscher Autoren wie Theodor Fontane oder Thomas Mann. Die Faszination dieser Werke liegt für mich in der Abbildung der damaligen Zeit mit ihren prüden Moralvorstellungen und dem Kampf der Protagonisten um ihre persönlichen Freiräume. Figuren wie Effi Briest oder Jane Eyre sind für mich der personifizierte Freiheitsdrang. Ich liebe die literarische Darstellung ihres Hin- und Her-Gerissenseins zwischen Emotionen und dem Wunsch, diese auszuleben einerseits und der Unterdrückung von Gefühlen durch gesellschaftliche Normen andererseits.
    Bei aller Faszination stoße ich in den klassischen Werken immer wieder an freiwillige, möglicherweise aber auch unfreiwillige moralische Grenzen des Aussprechlichen, denen die Autoren zu ihrer Zeit ausgesetzt waren, wenn sie ihren Charakteren mit äußerst diskreten Worten die Möglichkeit gaben, ihren Wunsch nach Erfüllung auszuleben. Da ist beispielsweise Major Crampas, der eine sexuelle Affäre mit Effi Briest hat. Zwischen den Zeilen erschließt sich dem Leser höchst nebulös, welcher Gestalt die Annäherung zwischen Effi und Crampas war. Ganz eindeutig sind die

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