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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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hinzu:
    »Was ist's mit Ihnen? Ich rede heute mit dem Kaiser – haben Sie
nichts zu erbitten?«
    »Nein, danke«, erwiderte sie trocken.
    Sie wurde unwillig, daß er sich immer anbot, sie klagte ihn an,
daß er ihnen die wenigen Dienste vorhalte, die er ihr und ihrem
Manne habe erweisen können. Sie würden ihm gewiß nicht mehr lästig
fallen. Sie schloß:
    »Jetzt führe ich meine Geschäfte selbst. Ich bin doch wohl schon
mündig!«
    Inzwischen hatten sie das Gehölz verlassen und durchfuhren
Boulogne, umgeben von dem Lärm eines Zuges schwerer Lastwagen, der
die große Straße hinunterrasselte.
    Bis dahin hatte Delestang schweigend dagesessen, die Hände auf
der Mappe gefaltet, wie in tiefe Gedanken versunken.Jetzt neigte er sich zu Rougon und rief ihm durch den
Lärm zu:
    »Glauben Sie, daß Seine Majestät uns zum Frühstück dabehalten
wird?«
    Rougon zuckte die Achseln und sagte dann:
    »Wenn die Sitzung lange dauert, wird im Schlosse
gefrühstückt.«
    Delestang lehnte sich in seine Ecke zurück und schien wieder in
die tiefste Träumerei versunken. Aber er neigte sich nochmals vor
und fragte:
    »Ist heute viel zu erledigen?«
    »Ja, vielleicht«, versetzte Rougon. »Genau weiß man es nie
vorher. Ich glaube, mehrere unserer Kollegen haben über gewisse
Arbeiten Bericht zu erstatten … Ich werde jedenfalls die
Angelegenheit mit dem Buche zur Sprache bringen, wegen dessen ich
mich mit dem Kolportagekomitee überworfen habe.«
    »Welches Buch?« fragte Clorinde lebhaft.
    »Eine Eselei, eines jener Bücher, die für die Bauern hergestellt
werden. Es heißt: ›Die Vorlese-Abende des braven Jakob‹ und enthält
alles mögliche: Sozialismus, Zauberei, Landwirtschaft, selbst einen
Aufsatz, der die Vorteile der Vergesellschaftung rühmt … Kurz,
ein gefährlicher Schmöker!«
    Die junge Frau, deren Neugier noch nicht befriedigt schien,
wandte sich um, als ob sie ihren Gatten fragen wolle, und dieser
erklärte:
    »Sie sind zu streng, Rougon. Ich habe das Buch gelesen und
nützliche Dinge darin gefunden; der Abschnitt über die
Gesellschaften ist gut geschrieben … Ich würde überrascht
sein, wenn der Kaiser die darin ausgesprochenen Gedanken
verurteilen sollte.«
    Rougon war im Begriffe, sich zu ereifern. Er
breitete die Arme aus, wie um zu
protestieren; aber er schwieg, als habe er sich plötzlich eines
andern besonnen, und blickte ruhig rechts und links auf die
Landschaft hinaus. Der Landauer befand sich eben auf der Brücke von
Saint-Cloud; unten breitete der Strom seinen blauen,
sonnenvergoldeten Teppich aus, während die Baumreihen an den Ufern
kräftige Schatten auf das Wasser warfen. Der unermeßliche Himmel
war stromauf und stromab von einer frühlingsklaren Weiße und wies
kaum einen leichten, blauen Schimmer auf.
    Als der Wagen im Schloßhofe hielt, stieg Rougon zuerst aus und
bot Clorinde die Hand. Sie aber nahm die Stütze nicht an, sondern
sprang leichtfüßig auf die Erde. Als er mit ausgestrecktem Arme
stehenblieb, schlug sie ihn leicht mit dem Sonnenschirme auf die
Finger und flüsterte:
    »Ich sagte Ihnen schon, daß ich mündig bin!«
    Sie schien nicht die geringste Hochachtung vor den Händen des
Meisters mehr zu haben, die sie früher als unterwürfige Schülerin
lange in den ihren zu halten pflegte, um ihnen etwas von ihrer
Kraft zu entwenden. Jetzt glaubte sie offenbar diese Fäuste
hinreichend geschwächt zu haben; statt als liebenswürdige Schülerin
zu schmeicheln, spielte sie, ihrerseits zur Macht gelangt, die
Herrin! Als Delestang ausgestiegen war, ließ sie Rougon vorangehen,
um ihrem Gatten zuzuflüstern:
    »Du wirst ihn hoffentlich nicht hindern, über seinen Biedermann
Jakob zu schwatzen. Du hast da eine gute Gelegenheit, einmal
anderer Meinung zu sein als er.«
    Bevor sie ihn im Vorsaale verließ, warf sie ihm einen letzten
Blick zu, nestelte an einem nicht ganz festsitzenden Knopfe seines
Überrockes, und während ein Diener sie bei der Kaiserin meldete,
sah sie mit einem Lächeln, wie die beiden Minister
verschwanden.
    Der Ministerrat wurde in einem Salon neben
dem Arbeitszimmer des Kaisers abgehalten. Inmitten des Salons stand
ein großer, mit einer Decke belegter Tisch, ringsumher ein Dutzend
Sessel. Die Fenster, hoch und hell, gingen auf die Schloßterrasse.
Als Rougon und Delestang eintraten, waren alle ihre Kollegen mit
Ausnahme des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Marine-
und Kolonialministers, die zur Zeit beurlaubt waren, schon
versammelt. Der Kaiser

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