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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Ja, ich
fürchte, daß alle diese Barone nur Stoff zum Lachen bieten
werden … Ich sage nichts über die ernsten Gründe, das
Bewußtsein der Gleichheit, das heute herrscht, die Eitelkeit, die
ein solches System zu einem krankhaften Grade entwickeln
würde …
    Hier aber fiel ihm der Justizminister sehr erbittert und
verletzt ins Wort, um sich gegen einen Angriff auf seine Person zu
verteidigen. Er nannte sich selbst Bürger und Sohn eines Bürgers,
unfähig, die Grundsätze der Gleichheit, welche die moderne
Gesellschaft beherrschten, anzugreifen. Der neue Adel sollte
demokratisch sein, und dieses Wort »demokratischer Adel« drückte
seine Ansicht augenscheinlich so gut aus, daß er es öfter
wiederholte. Rougon antwortete ihm immer lächelnd, ohne sich zu
erhitzen. Der Justizminister, ein kleiner, dürrer, schwärzlicher
Mann, wurde schließlich beleidigend. Der Kaiser schien von dem
Streite nichts zu hören; er blickte wieder, leicht die Schultern
wiegend, in das helle Licht, das durch das Fenster ihm gegenüber
hereinströmte. Als schließlich die Stimmen lauter wurden, als seine
Würde duldete, murmelte er:
    »Meine Herren, meine Herren!« …
    Nach kurzem Schweigen fuhr er fort:
    »Herr Rougon hat vielleicht recht … Die Frage ist noch
nicht spruchreif. Sie muß noch auf anderen Grundlagen studiert
werden. Wir wollen später sehen.«
    Darauf kamen einige kleinere Sachen zur Verhandlung. Besonders
wurde über einen Aufsatz des »Jahrhundert« gesprochen, der großes
Ärgernis am Hofe verursacht hatte. Es verging keine Woche, ohne daß
der Kaiser von seiner Umgebung gebeten wurde, dieses Blatt, das
einzige republikanische, das noch bestand, zu unterdrücken. Aber
Seine Majestät war persönlich der Presse sehr freundlich gesinnt;
der Kaiser ergötzte sich oft damit, in der Verborgenheit seines
Kabinetts seine Regierung in langen Aufsätzen gegen die Angriffe zu
verteidigen. Sein uneingestandener Traum war, ein Blatt für sich zu
haben, wo er Manifeste veröffentlichen und Angriffe führen könne.
Doch beschloß Seine Majestät, daß dem Blatte diesmal eine
Verwarnung zugehen solle.
    Ihre Exzellenzen glaubten die Sitzung geschlossen. Das sah man
an der Art, wie die Herren auf dem Rande ihrer Sessel saßen. Der
Kriegsminister, ein General mit sehr gelangweiltem Gesicht, der
während der ganzen Sitzung kein Wort gesprochen, zog schon seine
Handschuhe aus der Tasche, als Rougon sich schwer auf den Tisch
lehnte:
    »Majestät,« sagte er, »ich möchte hier einen Streit zur Sprache
bringen, der zwischen der Kolportagekommission und mir ausgebrochen
ist in bezug auf ein Werk, das der Zensur vorgelegt ist.«
    Seine Amtsgenossen lehnten sich wieder in ihre Sessel zurück.
Der Kaiser wandte sich mit leichtem Nicken halb um zum Zeichen, daß
er fortfahren möge.
    Darauf begann Rougon eine ausführliche Einleitung.
Er lächelte nicht mehr, sah nicht mehr
gutmütig aus. An den Tischrand gelehnt, mit dem rechten Arme
regelmäßig die Decke fegend, erzählte er, er habe bei einer der
letzten Sitzungen der Kommission selbst den Vorsitz führen wollen,
um ihre Mitglieder zu größerer Tätigkeit anzueifern.
    »Ich habe ihnen die Ansichten der Regierung über die
Verbesserungen, die in ihrem wichtigen Dienste durchzuführen seien,
auseinandergesetzt … Der Hausierbuchhandel wird eine sehr
gefährliche Waffe, wenn er in den Händen der Revolutionäre die
Erörterungen und die Gehässigkeiten wieder belebt. Die Kommission
hat also die Pflicht, alle Werke zurückzuweisen, die Leidenschaften
nähren und aufreizen, die nicht mehr in unsere Zeit gehören. Sie
wird dagegen Bücher annehmen, deren gute Richtung ihr geeignet
scheint, den Glauben an Gott, die Liebe zum Vaterlande und die
Dankbarkeit gegen den Herrscher zu fördern.
    Die Minister, die sehr verdrießlich aussahen, glaubten doch
diese letzten Worte beifällig begrüßen zu sollen.
    »Die Zahl der schlechten Bücher wächst von Tag zu Tag«, fuhr er
fort. »Es ist eine Sündflut, gegen die das Land nicht nachdrücklich
genug geschützt werden kann. Von zwölf Büchern, die gedruckt
werden, sind elf und ein halbes wert, ins Feuer geworfen zu werden.
Das ist die Durchschnittssumme … Niemals haben verbrecherische
Gedanken, Umsturzpläne, gesellschaftsfeindliche Ungeheuerlichkeiten
so viele Lobredner gefunden … Ich muß manchmal gewisse Bücher
lesen. Ich versichere … «
    Der Unterrichtsminister erkühnte sich ihn zu unterbrechen und
begann:
    »Die Romane …

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