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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Tuilerien habe ihm am Abend vorher mitgeteilt, der Zug allein
werde an zweihunderttausend Franken kosten. Wenn der Kaiser nur
eine Million aus der Zivilliste dazuzugeben brauche, könne er sich
noch glücklich schätzen. Das Kinderzeug allein koste hunderttausend
Franken.
    »Hunderttausend Franken!« rief Frau Charbonnel fassungslos.
»Aber woraus besteht es denn?«
    Gilquin lachte behaglich. Es gab so teure Spitzen! Er selbst war
ehemals in Spitzen gereist. Dann setzte er seine Berechnungen fort:
Fünfzigtausend Franken für die Eltern ehelicher Kinder, die am
selben Tage wie der Prinz geboren waren, und bei denen das
kaiserliche Paar Pate stehen wollte; fünfundachtzigtausend Franken
kosteten die Medaillen für die Verfasser der Lobgesänge, die in den
Theatern vorgetragen werden sollten. Endlich lieferte er
Aufschlüsse über die hundertzwanzigtausend Denkmünzen, die an
Zöglinge aller Schulen, an die Unteroffiziere und Soldaten der
Pariser Besatzung verteilt werden sollten. Er hatte eine solche
Münze bei sich und zeigte sie; sie war von der Größe eines
Zehnsousstückes, auf der einen Seite trug sie die
Bilder des Kaiserpaares, auf der andern
das des Prinzen, mit dem Tauf tage: 14. Juni 1856.
    »Wollen Sie mir sie überlassen?« fragte Herr Charbonnel.
    Gilquin willigte ein. Als aber der gute Mann wegen des Preises
in Verlegenheit ihm ein Zwanzigsousstück gab, wies er es stolz
zurück und erklärte, es könne nur zehn Sous wert sein. Inzwischen
betrachtete Frau Charbonnel die Köpfe des Kaiserpaares und wurde
weichgestimmt.
    »Sie sehen sehr gut aus«, sagte sie. »Sie vertragen sich da
miteinander wie gute Eheleute … Sieh doch nur, Charbonnel, man
möchte sagen, zwei Köpfe auf einem Kopfkissen, wenn man die Münze
von dieser Seite ansieht!«
    Dann kam Gilquin wieder auf die Kaiserin zu sprechen, deren
Barmherzigkeit er pries. Im neunten Monat ihrer Schwangerschaft
hatte sie ganze Nachmittage der Schöpfung einer Erziehungsanstalt
für arme junge Mädchen oben im Faubourg St.-Antoine gewidmet. Sie
hatte eben achtzigtausend Franken ausgeschlagen, die durch Beiträge
von je fünf Sous vom Volke als Taufgeschenk aufgebracht worden
waren, und hatte bestimmt, daß dafür hundert Waisen im Handwerk
ausgebildet werden sollten. Gilquin, schon ziemlich angeheitert,
riß die Augen sperrangelweit auf, um geeignete Ausdrücke zu finden
für seine Untertanenehrerbietung und zugleich für seine
leidenschaftliche Bewunderung, die er als Mann empfand. Er
erklärte, gern sein Leben zu den Füßen dieser edlen Frau opfern zu
wollen. Aber niemand bezweifelte es. Der Lärm der Menge tönte wie
der Widerhall seiner Lobreden hinüber. Und die Glocken der
Liebfrauenkirche sandten ihre brausenden Freudenklänge über die
Häuser dahin.
    »Es wäre vielleicht Zeit, unsere Plätze
einzunehmen«, bemerkte Herr Charbonnel
schüchtern, da ihm das Sitzen langweilig geworden.
    Seine Frau hatte sich sofort erhoben, wickelte ihren gelben
Schal um den Nacken und setzte hinzu:
    »Ganz gewiß. Wir wollten die ersten sein und lassen alle Welt an
uns vorbeilaufen.«
    Gilquin wurde ärgerlich, fluchte und schlug mit der Faust auf
den kleinen Zinktisch. Kannte er etwa sein Paris nicht? Während
Frau Charbonnel eingeschüchtert auf ihren Stuhl zurücksank, rief er
dem Kellner zu:
    »Julius, einen Wermutschnaps und Zigarren!«
    Nachdem er seinen dichten Schnurrbart in das Glas gesteckt
hatte, rief er den Mann wütend wieder zurück:
    »Willst du dich über mich lustig machen? Nimm dieses Gesöff
wieder fort und bringe mir die andere Flasche, die vom Freitag… Ich
bin in Likören gereist, Alter, und lasse mir nichts vormachen.«
    Als der Kellner, der Furcht vor ihm zu haben schien, die Flasche
gebracht hatte, beruhigte er sich, tippte die Charbonnels
freundschaftlich auf die Schulter und nannte sie Papa und Mama.
    »Wie, Mama, die Füßchen werden uns ungeduldig? Wir werden sie
bis Abend noch hinreichend bewegen können… Zum Teufel, dicker Papa,
sitzen wir hier nicht sehr mollig? Wir machen es uns bequem, lassen
die Leute vorüberziehen … Ich sage euch, wir haben Zeit. Laßt
euch noch etwas kommen!«
    »Danke, wir haben genug«, erklärte Herr Charbonnel.
    Gilquin hatte sich eine Zigarre angezündet und schaukelte sich
auf seinem Stuhl, die Daumen unter die Weste gesteckt und seine
Brust herausstreckend; seine Augen schwammen in Seligkeit.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und er rief:
    »Wißt ihr was? Morgen früh um sieben Uhr
hole ich

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