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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Rougon streckte lächelnd den Kopf vor; er war
ein beklagenswerter Gottloser und lief schon zweimal Gefahr, wegen
übel angebrachter Scherze sich mit Clorinde zu entzweien.
    »Alle Wetter!« sagte Herr von Plouguern halblaut. »Der liebe
Gott ist hart, ich fürchte ihn zu zerbrechen… Du wirst einen andern
Herrgott dafür bekommen, Kleine.«
    Er strengte sich nochmals an – und das Kreuz
brach mitten entzwei.
    »Um so schlimmer! Diesmal ist es weg!« rief er.
    Rougon brach in ein Gelächter aus.
    Clorinde aber trat mit ganz schwarzen Augen und verzerrtem
Gesicht zurück, sah ihnen starr ins Antlitz und ballte wütend die
Fäuste gegen sie, als ob sie die beiden zur Tür hinauswerfen wolle.
Dabei schimpfte sie italienisch aus Leibeskräften.
    »Sie wird uns prügeln, sie wird uns prügeln!« frohlockte Herr
von Plouguern; Rougon brummte:
    »Das sind die Früchte des Aberglaubens!«
    Da hörte der Greis auf zu scherzen, sein Gesicht wurde plötzlich
ernst; und da der große Mann fortfuhr, über den verabscheuenswerten
Einfluß der Geistlichkeit, die klägliche Erziehung der katholischen
Frauen, über die Erniedrigung des den Priestern ausgelieferten
Italiens zu jammern, erklärte er rundheraus:
    »Die Religion macht die Staaten groß!«
    »Wenn sie sie nicht zerfrißt wie ein Geschwür«, entgegnete
Rougon. »Die Geschichte gibt mir recht. Wenn der Kaiser die
Bischöfe nicht in Unterwürfigkeit erhält, hat er sie bald alle auf
dem Halse.«
    Jetzt wurde auch Herr von Plouguern erregt. Er verteidigte Rom,
sprach von den Überzeugungen seines ganzen Lebens. Ohne die
Religion würden die Menschen wieder zu Tieren herabsinken. Dann
verteidigte er die heilige Sache der Familie. Die Zeit sei
abscheulich; niemals habe das Laster sich so schamlos breit
gemacht, noch niemals habe der Unglaube die Gewissen so verstört.
Er schloß:
    »Reden Sie mir nicht von Ihrem Kaiserreiche! Es ist nichts als
ein Bastard der Revolution … Wir wissen sehr gut, daß Ihr
Kaiserreich die Kirche zu demütigen sucht. Aber wir sind noch da, wir lassen uns nicht
abschlachten wie Hammel! … Versuchen Sie nur, Ihre Ansichten
im Senat vorzutragen, lieber Herr Rougon!«
    »Ach was! Antworten Sie ihm doch nicht mehr!« ermahnte ihn
Clorinde. »Wenn Sie ihn weiter drängen, wird er schließlich noch
Christus anspeien. Er ist ein Verdammter!«
    Rougon ließ überwältigt das Haupt sinken und schwieg. Das junge
Mädchen suchte das vom Kreuze abgebrochene Stück; als sie es
gefunden hatte, schlug sie es sorgfältig mit dem Rosenkranze in
eine Zeitung, worauf sie beruhigt schien.
    »Übrigens, mein Schätzchen,« rief Herr von Plouguern lebhaft,
»habe ich dir noch nicht gesagt, weshalb ich heraufgekommen bin.
Ich habe für heute abend eine Loge im Königspalast und nehme euch
mit.«
    »Der gute Pate!« rief Clorinde, ganz rot vor Freude. »Ich will
Mama wecken.«
    Sie umarmte ihn »für diese Mühe«, wie sie sagte. Dann wandte sie
sich lächelnd zu Rougon und sagte, ihm mit einem allerliebsten
Mäulchen die Hand reichend:
    »Sie sind mir doch nicht böse, nicht wahr? Bringen Sie mich mit
Ihren heidnischen Reden nicht mehr in Zorn … Ich bin ganz aus
dem Häuschen, wenn man mir die Religion stichelt. Ich könnte meine
wertvollsten Freundschaften dadurch aufs Spiel setzen.«
    Luigi hatte inzwischen eingesehen, daß er an diesem Tage das Ohr
nicht mehr werde vollenden können, und stellte demgemäß seine
Staffelei in die Ecke. Dann nahm er seinen Hut und tippte das junge
Mädchen auf die Schulter zum Zeichen, daß er gehe. Sie begleitete
ihn auf den Flur und schloß die Tür hinter sich; aber ihr Abschied
war so ungestüm, daß man einen leichten Schrei
Clorindes vernahm, der sich in einem
erstickten Lachen verlor. Als sie wieder eintrat, sagte sie:
    »Ich kleide mich um; es wäre denn, daß der Pate mich so ins
Theater mitnehmen will.«
    Dieser Einfall erheiterte sie alle drei gar sehr.
    Die Dämmerung war hereingebrochen. Als Rougon sich
verabschiedete, stieg Clorinde mit ihm die Treppe hinab und ließ
Herrn von Plouguern einen Augenblick allein, bis sie ein Kleid
übergeworfen habe. Sie ging schweigend und so langsam voran, daß er
das Anstreifen ihrer Gazehülle an seinen Knien spürte. Sie trat
durch die Kammertür und zwei Schritte in das Gemach: dann wandte
sie sich um. Er war ihr gefolgt. Durch die beiden Fenster fiel ein
bleiches Licht auf das geöffnete, noch ungeordnete Bett, das
vergessene Waschbecken und die noch immer auf dem

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