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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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durchgefallen und hätten sich für immer unmöglich
gemacht. Ein schöner Vorteil!«
    »Ich weiß nicht, was Sie sich dabei denken!« rief Du Poizat und
erhob sich plötzlich mit wütenden Gebärden. »Ich gestehe, daß
dieser Marsy mich nachgerade aus dem Häuschen bringt. Er wollte Sie
treffen, indem er auf unsern Freund Kahn zielte! … Haben Sie
seine Aufrufe gelesen? Seine Wahlaufrufe sind sauber! Lauter
Redensarten! Lächeln Sie also nicht! Wenn Sie an der Spitze des
Ministeriums des Innern gewesen wären, hätten Sie die Sache anders
durchgeführt!«
    Als Rougon ihn noch immer lächelnd anblickte, fuhr er mit
gesteigerter Heftigkeit fort:
    »Wir sind da draußen gewesen, wir haben
alles mit angesehen … Ein Unglücksvogel, ein alter Freund von
mir, hat es gewagt, als republikanischer Kandidat aufzutreten. Sie
können sich nicht vorstellen, wie man mit ihm umgesprungen ist. Der
Präfekt, der Bürgermeister, die Polizei, die ganze Bande ist über
ihn hergefallen; man hat seine Aufrufe von den Wänden gerissen,
seine Rundschreiben in die Gosse geworfen, ja, man hat die paar
armen Teufel verhaftet, die sie austrugen; selbst seine Tante, eine
würdige Frau, hat ihn gebeten, sie nicht mehr zu besuchen, weil er
sie bloßstelle. Und erst die Blätter! Sie haben ihn als Räuber
behandelt. Die Weiber bekreuzen sich, wenn er jetzt durch ein Dorf
kommt.«
    Er atmete tief auf, warf sich wieder in den Sessel und fuhr
fort:
    »Tut nichts. Mag Marsy auch in allen Kreisen die Mehrheit haben,
Paris hat trotzdem fünf gegnerische Abgeordnete gewählt … Das
ist das Erwachen. Möge der Kaiser die Macht in den Händen dieses
Stutzers von einem Minister und seiner Schlafzimmerpräfekten
lassen, welche die Männer in die Kammer schicken, um ungestört bei
den Frauen schlafen zu können; nach fünf Jahren wird das
Kaiserreich dermaßen erschüttert sein, daß es mit dem Einsturz
droht … Ich für mein Teil bin von den Pariser Wahlen entzückt.
Ich finde, sie werden uns rächen.«
    »Und wenn Sie Präfekt gewesen wären?« fragte Rougon ruhig mit so
feinem Spotte, daß er kaum die Winkel seiner dicken Lippen
kräuselte.
    Du Poizat wies seine weißen, schiefstehenden Zähne. Seine
Fäuste, schwächlich wie die eines kranken Kindes, umklammerten die
Sessellehne, als wollten sie sie zerbrechen, und er murmelte:
    »Wenn ich Präfekt gewesen wäre!« …
    Er lehnte sich in den Sessel zurück und
schloß:
    »Das ist doch zu stark! … Übrigens, ich bin immer
Republikaner gewesen.«
    Die Frauen am Fenster schwiegen und wandten das Gesicht nach dem
Innern des Salons, um zu horchen; Herr d'Escorailles fächelte
ebenfalls stumm und fächerte die hübsche Frau Bouchard, deren
Schläfen die aus dem Garten hereindringende Wärme mit Schweiß
bedeckt hatte, und die schmachtend dasaß. Ihr Mann und der Oberst,
die eben eine neue Partie begonnen hatten, unterbrachen ihr Spiel
zuweilen auf Augenblicke, um über das, was gesprochen ward, durch
Nicken ihren Beifall oder ihre Mißbilligung auszudrücken. Ein
weiter Ring von Sesseln umgab Rougon: Clorinde saß aufmerksam und
regungslos da, das Kinn in die Hand gestützt, Delestang lächelte
ihr zu, mit irgendeiner zarten Erinnerung beschäftigt; Herr Béjuin
hielt die Hände über den Knien gefaltet und blickte die übrigen
nacheinander mit bestürzter Miene an. Der plötzliche Eintritt Du
Poizats und Kahns hatte in der Stille des Gemaches einen wahren
Sturm erregt, sie schienen in ihren Rockfalten einen Geruch der
Opposition mitgebracht zu haben.
    »Schließlich bin ich Ihrem Rate gemäß doch zurückgetreten«, nahm
Herr Kahn wieder das Wort. »Man hatte mir mitgeteilt, daß man mich
noch übler behandeln werde als den Republikaner. Mich, der ich dem
Kaiserreiche mit solcher Ergebenheit gedient habe! Sie müssen
zugeben, daß ein solcher Undank die stärksten Seelen entmutigen
kann!«
    Bitter beklagte er sich über eine Menge Quälereien. Er hatte ein
Blatt gründen wollen, um darin seinen Plan einer Eisenbahn von
Niort nach Angers zu verfechten; mit der Zeit sollte dieses Blatt
eine mächtige finanzielle Waffe in seinen Händen werden; aber man
hatte ihm die Erlaubnis verweigert, da Herr de Marsy sich
einbildete, Rougon stecke dahinter, und es
handle sich um ein Parteiblatt, das 'ihn stürzen sollte.
    »Donnerwetter!« sagte Du Poizat, »sie haben wahrhaftig Angst,
man möge die Wahrheit schreiben! Ah, ich hätte Ihnen niedliche
Artikel geliefert! … Es ist eine Schande mit unserer

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