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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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verteidigte das
Kaiserreich unter einem anderen Gesichtspunkte; er hatte sich ihm
angeschlossen, weil er glaubte, daß der Kaiser eine Sendung zu
erfüllen habe! Frankreichs Wohl über alles!
    »Sie haben Ihre Beisitzerstelle behalten, nicht
wahr?« nahm Du Poizat mit erhobener Stimme
wieder das Wort; Ihre Ansichten sind bekannt … Zum Teufel,
meine Worte scheinen euch alle zu ärgern. Die Sache ist doch sehr
einfach… Kahn und ich, wir werden nicht mehr bezahlt, um blind zu
sein!«
    Das nahm man ihnen krumm. Es sei eine abscheuliche Art, die
Politik aufzufassen. Handele es sich doch in der Politik noch um
andere Dinge als um persönliche Interessen. Selbst der Oberst und
Herr Bouchard, obgleich keine Bonapartisten, gestanden zu, daß es
solche aus Überzeugung geben könne, und redeten mit verdoppeltem
Eifer von ihren Überzeugungen, als habe man sie ihnen entreißen
wollen. Delestang fühlte sich sehr verletzt, er wiederholte, daß
man ihn nicht recht verstanden habe, er zeigte, in wie wesentlichen
Punkten er sich von den blinden Anhängern des Kaiserreiches
unterscheide. Das führte ihn zu neuen Erörterungen über die
demokratischen Fortschritte, für welche die kaiserliche Regierung
ihm empfänglich schien. Die Herren Béjuin und d'Escorailles wollten
ebensowenig unbedingte Anhänger des Kaiserreiches sein. Sie
stellten eine Menge Unterschiede fest und verschanzten sich hinter
ihren eigenen schwer zu bestimmenden Ansichten, so daß nach zehn
Minuten die ganze Gesellschaft zur Opposition übergegangen war. Die
Stimmen wurden lauter, Einzelgespräche wurden angeknüpft, die
Worte: Legitimisten, Orleanisten, Republikaner schwirrten durch die
Luft, inmitten zwanzigmal wiederholter Glaubensbekenntnisse. Frau
Rougon zeigte sich einen Augenblick mit ängstlicher Miene auf der
Schwelle, doch verschwand sie sofort wieder unhörbar.
    Rougon hatte inzwischen alle Eichelkarten zusammengebracht.
Clorinde beugte sich zu ihm und fragte in dem herrschenden
Lärm:
    »Ist es gelungen?«
    »Versteht sich«, antwortete er mit seinem ruhigen Lächeln.
    Als habe er erst jetzt das Stimmengewirr vernommen, fuhr er
fort, mit der Hand winkend:
    »Ihr macht aber viel Lärm!«
    Augenblicklich trat tiefe Stille ein; man glaubte, er wolle
reden, und wartete, etwas abgespannt. Er breitete mit einem Wurf
dreizehn Karten fächerförmig aus, zählte sie und sagte, das
Schweigen brechend:
    »Drei Damen, bedeutet Streit … Eine Neuigkeit in der
Nacht … Eine braune Frau, der man nicht trauen darf.
    Doch Du Poizat unterbrach ihn ungeduldig:
    »Was ist Ihre Meinung, Rougon?«
    Der große Mann wandte sich in seinem Sessel um, streckte sich
und unterdrückte mit der Hand ein leichtes Gähnen. Dann erhob er
das Kinn, als ob ihn der Hals schmerze, und murmelte, die Augen zur
Decke emporgerichtet:
    »Ich halte es mit der herrschenden Macht, wissen Sie wohl. Das
bringt man bei der Geburt mit, es ist keine Ansicht, sondern ein
Bedürfnis … Ihr seid närrisch, darüber zu streiten. Wenn in
Frankreich fünf Herren in einem Zimmer beisammen sind, so sind fünf
Regierungssysteme vertreten. Das hindert aber niemanden, der
bestehenden Regierung zu dienen. Ist es etwa nicht so? Man plaudert
eben.«
    Er senkte das Kinn wieder und warf einen langsamen Blick in die
Runde.
    »Marsy hat die Wahlen sehr gut geleitet. Sie tun sehr unrecht,
seine Aufrufe zu tadeln. Besonders der letzte war recht
scharfsinnig … Die Presse ist noch zu frei. Wohin würden wir
kommen, wenn der erste beste schreiben dürfte, was ihm gut dünkt?
Ich hätte übrigens an Marsys Stelle Kahn ebenfalls nicht gestattet, ein Blatt zu gründen. Es
ist immer unnütz, seinen Gegnern eine Waffe in die Hand zu
geben … Sehen Sie, die Regierungen, die weichherzig werden,
sind verloren. Frankreich erfordert eine eiserne Faust. Wenn man es
ein wenig würgt, gehen die Dinge nur um so besser.
    Delestang wollte widersprechen und begann:
    »Indessen gibt es doch ein gewisses Maß notwendiger
Freiheiten … «
    Aber Clorinde hieß ihn schweigen. Sie billigte durchaus Rougons
Ansichten und bezeugte es mit einem eifrigen Kopfnicken. Sie beugte
sich vor, damit er sie unterwürfig, überzeugt sehe. Deshalb warf er
ihr einen Blick zu und rief:
    »Ah ja, die notwendigen Freiheiten! Ich wußte, daß man mir damit
kommen werde! … Wissen Sie, wenn der Kaiser mich um Rat
fragte, ich würde nie eine Freiheit bewilligen!«
    Da Delestang sich von neuem regte, brachte ihn seine Frau mit
einem bösen

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