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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Presse,
die geknebelt und beim ersten Schrei mit dem Erwürgtwerden bedroht
ist. Einer meiner Freunde, der einen Roman veröffentlicht, ist ins
Ministerium gerufen worden, wo ein Bureauvorsteher ihn gebeten hat,
seinem Helden eine andere Weste zu geben, weil die Farbe der
bisherigen dem Minister mißfalle. Ich erfinde nichts!«
    Er führte noch andere Tatsachen an, er sprach von schrecklichen
Gerüchten, die im Volke umliefen, vom Selbstmord einer jungen
Schauspielerin und eines Verwandten des Kaisers, von dem
angeblichen Duell zweier Generäle wegen einer Diebstahlsgeschichte;
der eine solle den andern in einem Gange der Tuilerien getötet
haben. Wie hätten solche Märchen Glauben finden können, wenn die
Presse frei reden könnte! Er zog daraus abermals den Schluß:
    »Ich bin entschieden Republikaner.«
    »Sie sind sehr glücklich!« murmelte Herr Kahn. »Ich weiß selbst
nicht, was ich bin.«
    Rougon, über seine Karten gebeugt, hatte ein sehr verwickeltes
Spiel begonnen. Es handelte sich darum, nachdem er die Karten
dreimal in Haufen von sieben, fünf und drei geteilt und alle Karten
gefallen waren, die acht Eichel zusammenzufinden. Er schien
dermaßen darin vertieft, daß er nichts hörte, doch zuckten seine
Ohren bei gewissen Worten.
    »Die parlamentarische Regierung bot sichere Bürgschaften«, sagte
der Oberst. »Wenn die Prinzen zurückkämen!«
    Oberst Jobelin war Orleanist, wenn er gerade seine
oppositionellen Anwandlungen hatte. Er
erzählte gern von dem Kampfe am Musaia-Paß, wo er neben dem Herzog
von Aumale focht, der damals als Hauptmann im vierten
Linienregiment gedient hatte.
    Da niemand ihm etwas erwiderte, fuhr er fort:
    »Man lebte unter Ludwig Philipp sehr glücklich. Glauben Sie
nicht, wenn wir ein verantwortliches Ministerium hätten, daß unser
Freund vor Ablauf eines halben Jahres an der Spitze des Staates
stehen werde? Wir würden bald einen großen Redner mehr zählen.«
    Da gab Herr Bouchard Zeichen von Ungeduld. Er nannte sich einen
Legitimisten, sein Großvater hatte ernst dem Hofe nahegestanden. So
kam es in jeder Gesellschaft zwischen ihm und seinem Vetter zu
erbitterten politischen Wortgefechten.
    »Laß gut sein!« sagte er, »Euer Julikönigtum hat immer nur von
Aushilfsmittelchen gelebt. Es gibt nur ein Prinzip, das wißt Ihr
wohl.«
    Darauf ereiferten sie sich. Sie machten dem Kaiserreich einfach
den Garaus, und jeder setzte die Regierung ein, die ihm gefiel.
Hätten die Orleans jemals wegen einer Auszeichnung für einen alten
Soldaten geschachert? Hätten die rechtmäßigen Könige je solche
Gesetzesverletzungen begangen, wie man sie täglich bei den Behörden
sah? Als sie schließlich so weit gekommen waren, daß sie sich
gegenseitig Tölpel nannten, rief der Oberst, der wütend seine
Karten aufnahm:
    »Ruhe, verstehen Sie, Bouchard? … Ich habe die Bella und
eine Quart zum Buben.«
    Delestang, durch den Streit aus seiner Träumerei geweckt,
glaubte das Kaiserreich verteidigen zu sollen. Mein Gott! Völlig
befriedige es auch ihn nicht; er wünsche eine humanere, mildere
Regierung. Dann suchte er seine Bestrebungendarzulegen, eine Art sehr verwickelten Sozialismus,
Kampf gegen die Verarmung, Vereinigung aller Arbeiter, etwas wie
seine Musterwirtschaft La Chamade im großen. Du Poizat sagte dann
gewöhnlich, daß er zuviel Umgang mit dem Vieh gehabt habe. Während
ihr Gatte redete, stolz sein Beamtenhaupt wiegend, blickte Clorinde
ihn mit leicht verzogenem Munde an.
    »Ja, ich bin Bonapartist,« sagte er wiederholt, »liberaler
Bonapartist, wenn Sie wollen.«
    »Und Sie, Béjuin?« fragte Herr Kahn plötzlich.
    »Ich ebenfalls«, antwortete dieser, dem der Mund während seines
langen Schweigens zugewachsen schien; »das heißt, es gibt natürlich
Schattierungen … aber schließlich bin ich doch
Bonapartist.«
    Du Poizat lachte bitter und rief:
    »Ja, freilich!«
    Als man ihn drängte, sich näher zu erklären, fuhr er
unbarmherzig fort:
    »Ich finde die Herren sehr komisch! Sie hat man nicht
fortgeschickt. Delestang ist immer noch im Staatsrate. Béjuin ist
eben wiedergewählt.«
    »Das ist ganz natürlich zugegangen«, unterbrach ihn dieser. »Der
Präfekt von Cher … «
    »An Ihnen liegt es nicht, Sie klage ich auch nicht an. »Wir
wissen, wie es gemacht wird … Combelot ist auch wiedergewählt,
La Bouquette ebenfalls … Das Kaiserreich ist
unübertrefflich!«
    Herr d'Escorailles, der noch immer die hübsche Frau Bouchard
fächelte, wollte Einwendungen erheben. Er

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