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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zu haben erklärte.
    Inzwischen war die Kaiserin in Begleitung der Frau von Llorentz
eingetreten. Sie war sehr einfach gekleidet, trug ein blaues
Seidenkleid mit einem Überwurf aus weißen Spitzen. Mit kurzen
Schritten, lächelnd, anmutig den entblößten Hals neigend, den ein
Diamantenherz an einfachem blauen Samtbande zierte, schritt sie die
Kette der Frauen ab. Ihre Schritte begleiteten Verbeugungen,
Rauschen und Knistern der Kleider, aus denen Moschusduft
emporstieg. Frau von Llorentz stellte ihr eine junge Frau vor, die
sehr bewegt schien. Frau von Combelot benahm sich mit zärtlicher
Vertraulichkeit.
    Als das Herrscherpaar das Ende der Kette erreicht hatte, kehrte
es zurück, diesmal der Kaiser bei den Frauen, die Kaiserin bei den
Herren entlang gehend, wobei neue Vorstellungen zu erledigen waren.
Noch redete niemand, achtungsvolle Verlegenheit schloß den Gästen
den Mund. Dann aber lösten sich die Reihen, halblaute Worte wurden
gewechselt, und helles Lachen ertönte, als der Generaladjutant des
Schlosses meldete, es sei aufgetragen.
    »Du bedarfst meiner jetzt nicht mehr?«
flüsterte Herr von Plouguern vergnügt Clorinden ins Ohr.
    Sie lächelte ihm zu. Sie war vor Herrn von Marsy stehen
geblieben, um ihn zu zwingen, ihr den Arm zu reichen, was er auch
höflicherweise tat. Es entstand eine kleine Verwirrung. Der Kaiser
und die Kaiserin schritten voran, dann folgten die, denen die
Plätze neben den Majestäten angewiesen waren; es waren diesmal zwei
fremde Diplomaten, eine junge Amerikanerin und die Gattin eines
Ministers. Dann folgten die anderen Gäste, jeder am Arm der Dame,
die er erwählt hatte. Langsam ordnete sich der Zug.
    Der Eintritt in den Speisesaal gestaltete sich sehr prunkvoll.
Fünf Kronleuchter gossen ihre Lichtfluten über die lange Tafel aus,
daß das Silber des Tafelaufsatzes blitzte, auf dem Jagdstücke: der
Hirsch, die Hunde und das Hallali dargestellt waren. Die flachen
Teller am Rande des Tisches bildeten eine Reihe von silbernen
Monden, die Seiten der Schüsselwärmer, in denen sich das
Kerzenlicht spiegelte, die Gläser, an denen das Licht
herniederrieselte, die rosa schimmernden Fruchtkörbe und
Blumenschalen verliehen in der Tat der kaiserlichen Tafel einen
Glanz, der den ganzen weiten Saal erfüllte. Durch die weitgeöffnete
Tür trat der Zug herein, nachdem er den Gardensaal langsam
durchschritten hatte. Die Herren neigten sich hernieder, flüsterten
ein Wort und richteten sich dann wieder auf, insgeheim von der
Eitelkeit gekitzelt, diesem Triumphzuge anzugehören; die Frauen mit
nackten, lichtübergossenen Schultern, blickten mit mildem Entzücken
drein; ihre über die Teppiche rauschenden Schleppen, welche die
Paare voneinander trennten, steigerten mit dem Knistern ihrer
kostbaren Stoffe noch den majestätischen Eindruck des Zuges. Es war
ein fast zärtliches Herannahen, eine lüsterne Ankunft in einem
Räume voll Pracht, Licht und Wärme, gleichsam ein sinnkitzelndes Bad, worin der
Moschusduft der Gäste sich mit dem leichten Dunst des Wildbratens
und dem scharfen Gerüche der Zitronenscheiben mischte. Als der Zug
im Angesichte der prächtigen Tafel die Schwelle überschritt,
begrüßte ihn die in einer Nachbargalerie verborgene Militärmusik
mit einer Fanfare, ähnlich dem Eröffnungszeichen eines
Zauberfestes, so daß die Herren, ein wenig durch ihre kurzen
Beinkleider beengt, unwillkürlich lächelnd die Arme ihrer
Begleiterinnen drückten.
    Die Kaiserin wandte sich nach rechts zur Mitte der Tafel, wo sie
stehen blieb, während der Kaiser, links hinuntergehend, ihr
gegenüber Platz nahm. Nachdem die dazu bezeichneten Personen sich
rechts und links von Ihren Majestäten aufgestellt hatten, wandelten
die übrigen Paare einen Augenblick um den Tisch, um sich ihre
Nachbarschaft nach Gefallen zu wählen. Es waren siebenundachtzig
Gedecke, und fast drei Minuten vergingen, bis endlich alle
eingetreten waren und ihren Platz gefunden hatten. Der
Alabasterglanz der Schultern, die lichten Blumen der Toiletten, die
Diamanten in dem hoch aufgekämmten Haar machten im Glanz der
Kronleuchter den Eindruck eines hellen Lachens. Endlich nahmen die
Diener die Hüte ab, welche die Herren bis dahin in der Hand
gehalten hatten, und man setzte sich.
    Herr von Plouguern hatte sich Rougon angeschlossen. Nach der
Suppe stieß er ihn an und fragte:
    »Haben Sie etwa Clorinde beauftragt, eine Verständigung zwischen
Ihnen und Marsy anzubahnen?«
    Dabei blickte er zu der jungen Frau hinüber, die an

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