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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Rebhuhn mit
Kohl und Austerpastetchen gegeben.
    »Ich wette, daß wir noch Artischocken im Saft und Gurken in
Sahne bekommen«, sagte der junge Abgeordnete.
    »Ich habe Krebse gesehen«, erklärte Delestang höflich.
    Als aber die Artischocken und die Gurken erschienen,
triumphierte Herr La Rouquette und fügte hinzu, er kenne den
Geschmack der Kaiserin. Inzwischen blickte der Romanschriftsteller
den Maler an, schnalzte leicht mit der Zunge und flüsterte:
    »Na, mittelmäßige Küche!«
    Jener verzog das Gesicht und nickte. Nachdem er getrunken,
bemerkte er seinerseits:
    »Die Weine sind vorzüglich!«
    In diesem Augenblicke lachte die Kaiserin so laut, daß alles
schwieg und die Hälse reckte, um zu erfahren, was es gebe. Die
Kaiserin sprach mit dem deutschen Gesandten, der zu ihrer Rechten
saß, in abgebrochenen Worten, die niemand verstand, und lachte
dabei beständig. In dem neugierigen Schweigen hörte man ein
einzelnes Horn, von gedämpften Bässen
begleitet, eine klangvolle Stelle aus einem rührsamen Liede
vortragen. Allmählich nahm der Lärm wieder zu. Stühle wurden
herumgerückt, Ellbogen auf die Tischkante gestemmt, und
vertrauliche Unterhaltungen entspannen sich in der Freiheit, welche
die Tafel des fürstlichen Wirtes gestattete.
    »Wünschen Sie etwas Gebäck?« fragte Herr von Plouguern.
    Rougon lehnte kopfschüttelnd ab. Seit einem Weilchen aß er nicht
mehr. Das Silbergeschirr war durch Sèvres-Porzellan ersetzt, das
zart in Blau und Rosa bemalt war. Der ganze Nachtisch ging an ihm
vorüber, ohne daß er etwas mehr als einen Bissen Camembertkäse
genossen hätte. Er tat sich keinen Zwang mehr an, faßte Clorinde
und Herrn von Marsy scharf ins Auge, ohne Zweifel in der Hoffnung,
die junge Frau einschüchtern zu können. Diese aber war so
vertraulich mit dem Grafen, daß sie ganz zu vergessen schien, wo
sie sich befand, und als ob sie beide in einem traulichen Zimmer
allein bei einem gemütlichen Mahle säßen. Ihre große Schönheit
wurde durch eine ungewöhnliche Zärtlichkeit verklärt, und sie
knabberte an dem Zuckerwerk, das ihr der Graf reichte; sie eroberte
ihn mit ihrem beständigen, unverschämt ruhigen Lächeln. Man begann
um sie her zu flüstern.
    Die Unterhaltung drehte sich eben um die Mode. Herr von
Plouguern fragte Clorinde aus Bosheit nach der neuesten Hutform.
Als sie die Frage überhörte, neigte er sich zu Frau von Llorentz,
um ihr dieselbe Frage vorzulegen. Aber er wagte es nicht, so
furchtbar sah sie aus, wie sie die Zähne in wütender Eifersucht
zusammengepreßt hatte. Clorinde hatte eben Herrn von Marsy ihre
linke Hand überlassen unter dem Vorwande, ihm einen Stein zu
zeigen, den sie am Finger trug. Er zog den Ring ab und steckte ihn
wieder an, es war fast unanständig. Frau
von Llorentz, die nervös mit einem Löffel spielte, zerbrach ihr
Bordeauxglas, dessen Splitter ein Diener eiligst entfernte.
    »Sie werden einander noch in die Haare geraten, soviel ist
sicher«, flüsterte der Senator Rougon ins Ohr. »Haben Sie die
beiden beobachtet? … Der Teufel soll mich holen, wenn ich
Clorindens Spiel verstehe! Was will sie denn eigentlich?«
    Als er die Augen zu seinem Nachbar erhob, bemerkte er eine
überraschende Veränderung in dessen Zügen und fragte:
    »Was haben Sie? Fehlt Ihnen etwas?«
    »Nichts,« versetzte Rougon; »es ist mir nur zu warm. Diese
Mahlzeiten dauern mir zu lange. Außerdem herrscht hier ein solcher
Moschusgeruch! … «
    Doch die Tafel ging zu Ende. Nur einzelne Damen kauten, halb in
ihre Sessel zurückgelehnt, noch ein Biskuit. Sonst rührte sich
niemand. Der Kaiser, bis dahin stumm, sprach jetzt mit erhobener
Stimme, und die Gäste an den beiden Enden der Tafel, welche die
Anwesenheit Seiner Majestät ganz vergessen zu haben schienen,
lauschten mit beifälligen Mienen. Der Herrscher antwortete auf
einen Vortrag, den Herr Beulin d'Orchère gegen die Ehescheidung
gehalten. Dann unterbrach er sich, warf einen Blick auf den sehr
weit entblößten Busen der jungen Amerikanerin zu seiner Linken und
schloß mit seiner matten Stimme:
    »In Amerika habe ich nur häßliche Frauen sich scheiden lassen
sehen.«
    Die Gäste lachten. Das Wort schien so geistreich, daß Herr La
Rouquette sich abmühte, einen geheimen Sinn dahinter zu suchen. Die
junge Amerikanerin erblickte ohne Zweifel eine Schmeichelei darin,
denn sie dankte, verwirrt den Kopf neigend. Da erhob sich das
kaiserliche Ehepaar. Lautes Rauschen von Kleidern, ein Trippeln um
die Tafel her wurde

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