Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
auf.
Am Boden neben dem Fahrzeug fanden sich die vier Patronenhülsen (Kaliber 22),
doch von den Kugeln keine Spur.
In Abstimmung mit Eurer Exzellenz wurde weiteres Personal des Korps
dorthin beordert, gleichzeitig wurden die Carabinieri der Einsatzzentrale für
die entsprechenden Ermittlungen angefordert.
Das Fahrzeug war gegenüber dem Restaurant abgestellt, unmittelbar
vor dem Eisengitter der Umzäunung des Mediaset-Geländes – eine von den Gästen
des Lokals gewöhnlich als Parkplatz benutzte Fläche; Passanten wurden dadurch
jedoch nicht behindert. Wenige Meter vor dem Fahrzeug war ein weiterer Wagen
der Gendarmerie geparkt, der ebenfalls für diesen Anlass benutzt wurde und
völlig unbehelligt blieb.
Es wurden mehrere Personen befragt, doch keiner war in der Lage,
sachdienliche Hinweise zu liefern; nur ein Bediensteter des Restaurants hatte,
ohne die Uhrzeit nennen zu können, Schüsse gehört, aber nicht weiter darauf
geachtet, da er dachte, es handele sich um Böller.
Die Auswertung der Aufzeichnungen der vor dem Eingang zum
Restaurant installierten Überwachungskamera ergab keinerlei Indiz, da sie auf
die Umfassungsmauer des Gebäudes gerichtet ist und nicht auf die Straße.
Sofort nach den notwendigen Spurensicherungsmaßnahmen wurde das Auto zur nahe gelegenen
Carabinieri-Wache »Bravetta« gebracht, und heute um 12.30 Uhr, nach weiteren
ballistischen Untersuchungen, haben Mitarbeiter der Gendarmerie das Fahrzeug
wieder in Empfang genommen, da keine Beschlagnahmung verfügt worden war.
Aus dem Hergang des Falls ergibt sich die Annahme, dieser Akt des
Vandalismus sei von einem Geistesgestörten verübt worden, der zufällig in der
Via Aurelia Antica vorbeikam, ein Fahrzeug mit vatikanischem Kennzeichen
bemerkte und eine demonstrative oder einschüchternde Geste vollziehen wollte,
höchstwahrscheinlich aus persönlichen Ressentiments heraus.
Dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Verrückten
handelte, wird nach Aussage der Ballistikexperten auch durch den Umstand
bestätigt, dass der Täter seine eigene Unversehrtheit aufs Spiel gesetzt hat,
da er trotz der kleinkalibrigen Kugeln aus nächster Nähe auf das Fahrzeug
geschossen hat.
In der Anlage übersende ich die zugehörige fotografische
Dokumentation.
Gern nutze ich den Anlass, um Ihnen erneut meine aufrichtige
Zuneigung zu bekunden, als ergebenster Diener
Eurer Exzellenz
Der Direktor
Giani
vertraulich
Dokument 16 [16]
[Eingang 3. März 2011]
Hochwürdigste Exzellenz,
auf Ihre Bitte hin erlaube ich mir, Ihnen ganz offen und
vertrauensvoll und im Bewusstsein meiner Verantwortung gegenüber Gott und dem
Heiligen Vater einige Überlegungen zum Zustand der ambrosianischen Kirche zu
unterbreiten.
1)
Der erste entscheidende Punkt ist die tiefe Glaubenskrise des Volkes Gottes,
insbesondere die Krise der ambrosianischen Tradition, die stets geprägt war
durch eine tiefe Einheit von Glauben und Leben und durch die Verkündigung
Christi, der »für uns alles ist« (hl. Ambrosius), als lebendige Gegenwart und
vernünftige Antwort auf das Drama der menschlichen Existenz. In den vergangenen
dreißig Jahren haben wir einen Bruch mit dieser Tradition erlebt und die für
die Moderne charakteristische Trennung zwischen Wissen und Glauben de jure
hingenommen und de facto gefördert, und zwar auf Kosten der organischen Einheit
der christlichen Lebenspraxis, die auf Intimismus und Moralismus reduziert
wird.
2)
Die schwere Krise der Berufungen, der man fast ausschließlich organisatorisch
entgegentritt, dauert an. Die Entstehung von Seelsorgezentren hat in weiten
Teilen des Klerus für großes Befremden und Bekümmerung gesorgt und zu einer
tiefen Verunsicherung der Gläubigen geführt, die sich angesichts der Vielzahl
der priesterlichen Bezugspersonen nur noch schwer zurechtfinden.
3)
Verstärkt wird die Verunsicherung der Gläubigen auch durch die Einführung des
neuen Lektionars nach äußerst fragwürdigen und abstrusen Kriterien, wodurch
eine schlüssige, der Glaubenserziehung dienliche Gestaltung der Liturgie sehr
erschwert und die unverzichtbare Einheit von Liturgie und Glauben (»lex orandi,
lex credendi«) weiter auseinanderdividiert wird. Und es wird bereits eine
Reform des Messbuchs erwogen, eines der wertvollsten Schätze der
ambrosianischen Liturgie …
4)
Die theologische Ausbildung der künftigen Geistlichen und der Laien weicht –
von löblichen Ausnahmen abgesehen – in vielen Punkten
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