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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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Hausdurchsuchung,
die vom Staatsanwalt von Lagonegro nach freiwilliger Herausgabe der Dokumente
zurückgenommen wurde. Giordano berief sich auf die Konkordatsvereinbarung
zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl von 1984. Auf einer
Pressekonferenz am 23. August
1998
erklärte der Kardinal laut einer Meldung der Nachrichtenagentur ANSA unter der
Überschrift »Kard. Giordano: Bestimmungen des Konkordats vom Kardinal zitiert«:
»Im Übrigen bleibt unbestritten, dass den italienischen Polizei- und
Justizbehörden im Falle von Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Büros und
Archiven der Diözesankurie die Garantiebestimmungen von Art. 2 des
Konkordatstextes entgegengehalten werden können, der besagt: ›Der Kirche wird
die Freiheit der Organisation und der öffentlichen Ausübung der Religion
zugesichert, der Ausübung des Lehramts, der geistlichen Dienste sowie der
Rechtsprechung in Kirchenangelegenheiten. Art. 7 Abs. 1 der
italienischen Verfassung erkennt die Souveränität der Kirche innerhalb ihrer
eigenen Ordnung an.‹ In diesem Fall handelte es sich um Aktivitäten, die in den
Rechtsraum eines Hoheitsträgers eingriffen, der als solcher jeder Einflussnahme
durch den italienischen Staat entzogen ist.«
    2   Valentina Conte, »Ici dalla Chiesa 600 milioni, ecco la stretta sugli immobili«, in: La Repubblica , 17. Februar 2012.
    3   Andrea Tornielli, »Mario e i suoi fratelli cattolici«, in: Vaticaninsider.it . Und weiter heißt es in dem Artikel: »Als
Vertrauter Ruinis und engagierter Kämpfer für das kulturelle Projekt der
italienischen Kirche stand er für ein neues Gleichgewicht im Machtgefüge der
von Pater Gemelli gegründeten Universität und legte ihre Zügel wieder in die
Hände der Bischöfe. Der neue Kulturminister ist ein zurückhaltender,
vorsichtiger Mann, der sich trotz seiner Funktion als Rektor nie sonderlich
exponiert hat. Ein typischer Vertreter des ›in gesunder Weise gemäßigten
Italien‹, wie sich ein langjähriger Freund ausdrückte.«
    4   Ende Oktober kommt die Affäre ans Licht und sorgt weltweit für
Schlagzeilen, doch es dauert bis Januar 2011, bevor Kardinal
Tarcisio Bertone offiziell Stellung bezieht, wenn auch nur indirekt, indem er
von den italienischen Politikern öffentlich mehr »Moral und Legalität« sowie
die Achtung von Werten, besonders der Familie, verlangt.
    5   Im vergangenen Jahrhundert waren im Sinne der Kontinuität dieser
Konditionierung zuallererst die Democrazia Cristiana, dann aber auch Teile der
sozialistischen Partei PSI
und selbst der kommunistischen Partei PCI Zielobjekte. Nach dem Niedergang der
Ersten Republik und dem Scheitern des Wiederaufbaus einer katholischen Partei
verlegte man sich darauf, quer durch alle Parteien Einfluss zu nehmen, gemäß
dem Motto Kardinal Camillo Ruinis, wonach »sich Politik und Religion,
insbesondere der christliche Glaube, zwangsläufig begegnen«. Auf diese
Begegnung setzt das Pontifikat Ratzingers, um die Grundsätze der kirchlichen
Soziallehre zu bekräftigen, wenn auch zuweilen mit offenkundigen Widersprüchen,
wie sie in den wechselhaften Beziehungen zu den Regierungen Berlusconis zutage
treten. Es fällt besonders heute gar nicht so leicht, daran zu erinnern, wie
sehr der ehemalige Regierungschef jahrelang versucht hat, das Image eines
gottesfürchtigen und gehorsam praktizierenden Katholiken zu pflegen. Hätte er
im Umgang mit dem Vatikan nicht über das herausragende diplomatische Geschick
seines Staatssekretärs im Ministerratspräsidium, Gianni Letta, verfügen können,
der in sichtlichem Einklang mit Bertone stand, und über die weniger sichtbaren
und bekannten Verbindungen Giulio Tremontis, der schon als Steuerberater zur
Einführung der Kirchensteuer in Italien beigetragen hatte, dann wäre die
Scheinheiligkeit dieser Bindung sehr schnell entlarvt worden. Stattdessen zog
sich der Erosionsprozess lange hin, mit einem zunehmenden Schwinden des
Konsenses unter den Katholiken, der dann mit der völlig unannehmbaren Affäre um
mehr oder weniger leichte Mädchen in den privaten und offiziellen Residenzen
des Regierungschefs vollends einbrach. Unbestritten bleibt freilich die
Fähigkeit Silvio Berlusconis, in den letzten zehn Jahren die Erwartungen sehr
unterschiedlicher Kreise aufzunehmen, zu bündeln und zusammenzuhalten, auch
solcher, die von seinen unmittelbaren alltäglichen Bedürfnissen sehr weit
entfernt waren. Doch das ist unbedeutend, gemessen an der Weitsicht der
Kirchenfürsten,

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