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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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gewiss in ruhigem Ton und mit wohlabgewogenen
Worten – eine Untersuchung über die in diesen Schreiben dargelegten
Sachverhalte in die Wege geleitet und eine interne Prüfung veranlasst, die noch
andauert, während dieses Buch in Druck geht: eine Untersuchung der in mehreren
Abschnitten des Briefs an den Heiligen Vater enthaltenen Hinweise auf die
dunklen Bereiche der Verwaltung. In diesem wie in vielen anderen Fällen muss er
sich also um Aufgaben und Probleme kümmern, für die eigentlich andere zuständig
sind. Wird dieses Pontifikat von einem Staatssekretariat geprägt, das nicht
eint, sondern teilt? »Ratzinger ist sich der Probleme bewusst«, erklärt ein
Kurienkardinal, »aber er steckt in einer Zwickmühle. Er kann seinen eigenen
Staatssekretär nicht diskreditieren. Das würde ihn schwächen, denn schließlich
hat er ihn vor ein paar Jahren selbst ernannt. In der Öffentlichkeit muss er
ihn verteidigen, um ein Grundprinzip zu schützen: die Einheit an der Spitze der
Kirche. Gleichzeitig wird er so zum Garanten des Ausgleichs zwischen den
verschiedenen Kräften und Strömungen der katholischen Welt, um zu vermeiden,
dass sich die Risse noch weiter vertiefen.«

Comunione e Liberazione, Legionäre Christi und Piusbrüder: die
Atolle des Imperiums
    Julián Carrón, der Leiter von Comunione e Liberazione, in Mailand:
»Die Kurie unterstützt die Linke«
    Opus Dei, Comunione e Liberazione (CL),
Focolarini, Legionäre Christi und die vielen anderen Kräfte innerhalb der
katholischen Kirche gehen zunehmend strategisch vor, um Gläubige an sich zu
binden. Unter Ratzinger jedoch hat sich das Bild verändert: Das Opus Dei baut
seinen Einfluss weiter aus, kann es doch auf freundschaftlich verbundene Laien
auch an der Spitze vatikanischer Einrichtungen zählen, unter ihnen Ettore Gotti
Tedeschi, der inzwischen zum Rücktritt gezwungene Präsident der Vatikanbank IOR. Die Zukunft anderer, von Skandalen
geschüttelter Organisationen hingegen steht unter einem schlechten Stern. Nach
Pädophilievorwürfen wurde Marcial Maciel, der Gründer der Legionäre Christi,
ins Abseits gestellt, die Organisation selbst kommissarisch verwaltet. Mehrere
hochrangige Vertreter von Comunione e Liberazione sind wegen Korruption und
Veruntreuung von Geldern ins Visier der italienischen Ermittler geraten,
insbesondere im Zusammenhang mit der Pleite der Mailänder San-Raffaele-Klinik.
So hatte der Mittelsmann Pierangelo Daccò (ein Freund des lombardischen
Regionalpräsidenten und CL-Mitglieds Roberto
Formigoni) ein ganzes Netzwerk von Auslandskonten aufgebaut.
    Wie groß der Einfluss von Comunione e Liberazione auf Benedikt XVI. tatsächlich ist, zeigen die Dokumente, die
2011
die Privatgemächer des Papstes erreichten. Zwei bisher unveröffentlichte
Dokumente sind von herausragender Bedeutung, insbesondere die Empfehlung von
Luigi Giussanis Nachfolger an der Spitze der Bewegung, Don Julián Carrón, der
Papst möge Kardinal Angelo Scola, den bisherigen Patriarchen von Venedig, zum
Erzbischof von Mailand ernennen. Ein überraschender und direkter Vorstoß: »Der
einzige Kandidat«, schreibt Carrón im März 2011, »den der Aufmerksamkeit
des Heiligen Vaters zu empfehlen ich mich in der Lage sehe, ist der Patriarch
von Venedig, Kardinal Angelo Scola.« Ein wohlüberlegter und aufschlussreicher
Brief, der wie eine Investitur klingt.
    Wenige Monate später, im Juni, kann Carrón das erhoffte und
überraschende Ergebnis als Erfolg für sich verbuchen: Es ist tatsächlich Scola,
der vom Papst für dieses Amt bestimmt wird. Der CL-Präsident
hatte an Giuseppe Bertello geschrieben, damals Nuntius in Italien und heute
Kardinal im Governatorat, der ihn um Vorschläge und Hinweise für den Heiligen
Vater gebeten hatte. Der Brief von Don Giussanis Nachfolger wird an den Papst
weitergeleitet, der ihn aufmerksam liest. Benedikt XVI.
kennt Carrón gut: Der spanische Priester ist kirchlicher Vertreter bei Memores
Domini. Der Gemeinschaft gehören auch die den Prinzipien von Armut, Keuschheit
und Gehorsam verpflichteten Laienschwestern an, die für die päpstlichen
Privatgemächer im Apostolischen Palast zuständig sind.
    Carrón trägt Argumente vor, für die der Papst ganz besonders
empfänglich ist und die nur eine Schlussfolgerung zulassen: Scola soll nach
Mailand, um die dortige Kirche unter die Kontrolle des Heiligen Stuhls zu
bringen und aus der engen Verflechtung mit dem Mitte-links-Lager zu befreien.
Es sei eine »dringende Notwendigkeit«, so

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