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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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anderer wichtiger Themen der Soziallehre sowie, besonders seitens der Kurie,
ein zwar subtiler, aber systematischer »Neokollateralismus« festzustellen – die
Nähe nur zu einer bestimmten politischen Richtung (Mitte-links) und die
Vernachlässigung, wenn nicht Bekämpfung des politischen Engagements von
Katholiken in anderen Lagern, auch jener Katholiken mit sehr
verantwortungsvollen Positionen in der Regionalregierung. Diese faktische
Einseitigkeit – auch wenn sie sich geschickt hinter einer theoretischen (und an
sich angebrachten) »apolitischen Grundhaltung« versteckt – nimmt dem
erzieherischen Beitrag der Kirche zum Gemeinwohl, zur nationalen Einheit und
zum friedlichen Zusammenleben viel von seiner Wirkung – was umso schwerer wiegt
in einer Stadt, einer Region (der Lombardei) und einem Teil Italiens (dem
Norden), in dem isolationistische Tendenzen stark ausgeprägt, ja Konflikte
zwischen den staatlichen Gewalten inzwischen dramatisch und an der Tagesordnung
sind. […] [2] Auch die besondere Stellung der Katholischen
Universität in einer Stadt wie Mailand darf nicht außer Acht gelassen werden.
Trotz der bewundernswerten Aufopferungsbereitschaft des derzeitigen Rektors und
des geistlichen Mitarbeiters erlebt die Katholische Universität eine
Identitätskrise – eine so schwere Krise, dass in absehbarer Zeit eine
substanzielle und irreversible Abkehr von der ursprünglichen Zielsetzung zu
befürchten ist. Hinsichtlich der Prärogativen des Heiligen Stuhls und der
Bischofskonferenz erscheint es nicht unerheblich, was ein neuer Erzbischof
aufgrund seiner Vorbildung und seiner Sensibilität dazu beitragen könnte, eine
klarere Linie der Hochschuleinrichtung aller italienischen Katholiken im
Bereich von Bildung und Kultur vorzugeben. […] Die Situation ist ernst, und
deshalb erscheint es mir nicht möglich, auf jemanden aus der zweiten Reihe oder
auf einen sogenannten Outsider zu setzen, der aufgrund seiner Unerfahrenheit
unweigerlich im Getriebe der lokalen Kurie zerrieben würde. Es bedarf einer
Persönlichkeit, die sich im Glauben, in ihrer menschlichen Erfahrung und in
Verwaltungsaufgaben deutlich profiliert hat und in der Lage ist, tatsächlich
und entschlossen einen neuen Kurs einzuschlagen.
    Der Papst nach 30 Jahren wieder beim Meeting von Comunione e
Liberazione
    Scolas Nähe zur großen Familie von Comunione e Liberazione
ist bekannt, und Carrón möchte seine Investitur nicht als einen strategischen
Vorstoß zugunsten seiner Bewegung verstanden wissen. Deshalb schließt er den
Brief mit einer vielleicht überflüssig erscheinenden Präzisierung:
     
    Mit diesem
Vorschlag verfolge ich nicht die Absicht, das Band der Freundschaft und die
Nähe des Patriarchen [von Venedig] zur Bewegung Comunione e Liberazione in den
Vordergrund zu rücken, sondern auf eine Persönlichkeit von hohem Ansehen und
großer Erfahrung zu verweisen, die in heiklen Führungssituationen Festigkeit
und Klarheit im Glauben, Tatkraft im pastoralen Wirken, eine große Offenheit
gegenüber der Zivilgesellschaft, vor allem aber einen wahrhaft väterlichen
Blick bewiesen hat, der allen Belangen und Erfahrungen der Kirche Rechnung
trägt. Auch das relativ vorgerückte Alter des Patriarchen (er wird 2011 70 Jahre) ist kein »Handicap«, sondern ein Vorteil: Er wird ein paar Jahre mit
großer Freiheit agieren können und neue Wege eröffnen, die andere weitergehen
können.
     
    Tatsächlich wird Scolas Stärke schnell deutlich. Im Juni,
als der Heilige Vater mit seiner Entscheidung für ihn Carróns Mühe belohnt,
distanziert sich Scola von Formigoni. Er habe nichts mit dem zu schaffen, was
der lombardische Regionalpräsident tue. Und: »Ich nehme seit zwanzig Jahren
nicht mehr an den Treffen von Comunione e Liberazione teil und kenne in der
Bewegung niemanden unter 60 Jahren.«
    Ein weiterer bedeutsamer Schritt auf dem Weg zu mehr Macht und
Einfluss von Communione e Liberazione im Vatikan geschieht am 5. Dezember
2011,
als Bertone im Rahmen der traditionellen Audienz, die ihm jeden Montag gewährt
wird, dem Heiligen Vater eine wichtige Einladung vorlegt, die wenige Tage
zuvor, am 23. November,
bei ihm eingegangen ist. Darin lädt Emilia Guarnieri, die Präsidentin des
Rimini-Treffens, der Jahresversammlung der Bewegung, Ratzinger zur Teilnahme im
August 2012
ein. Bertone macht sich also zum Sprachrohr der Wünsche der Bewegung. Und er
legt dem Papst die beiden Jubiläen ans Herz, auf die ihn Guarnieri in einem
Brief

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